In Tödlicher Mission
als dass ich diesen Mann auslöschen werde, wenn er versucht, mich zu auszulöschen.«
Colombo schaltete das Gerät ab. Bond kippte seinen Whisky herunter. Nun konnte er Colombo ansehen. »Das macht mich nicht zu einem Mörder«, argumentierte er.
Colombo sah ihn traurig an. »Für mich schon. Und das von einem Engländer. Ich habe während des Krieges für die Engländer gearbeitet. Im Widerstand. Ich habe eine King’s Medal bekommen.« Er steckte eine Hand in seine Tasche und warf den silbernen Freiheitsorden mit dem rot, weiß und blau gestreiften Band auf den Tisch. »Sehen Sie?«
Bond starrte Colombo einfach weiter an. »Und der Rest auf dem Band? Sie haben vor langer Zeit aufgehört, für die Engländer zu arbeiten. Jetzt arbeiten Sie für Geld gegen sie.«
Colombo schnaubte. Er tippte mit seinem Zeigefinger gegen das Gerät. »Ich habe mir alles angehört«, sagte er teilnahmslos. »Das sind nur Lügen.« Wieder schlug er mit seiner Faust auf den Tisch, so fest, dass die Gläser klirrten. »Lügen, nichts als Lügen. Jedes einzelne Wort.« Er sprang auf. Sein Stuhl kippte hinter ihm um. Langsam beugte er sich vor und hob ihn wieder auf. Er griff nach der Whiskyflasche, ging um den Tisch herum und goss vier Finger breit in Bonds Glas. Dann kehrte er zu seinem Stuhl zurück, setzte sich und stellte die Champagnerflasche vor sich auf den Tisch. Nun wirkte sein Gesicht gefasst und ernst. »Es sind nicht alles Lügen«, gestand er leise. »In dem, was der Mistkerl Ihnen erzählt hat, liegt ein Körnchen Wahrheit. Darum habe ich mich entschieden, Sie nicht auf herkömmlichem Wege zu kontaktieren. Sie hätten mir wahrscheinlich nicht geglaubt, sondern die Polizei hinzugezogen. Das hätte mir und meinen Kameraden eine Menge Schwierigkeiten beschert. Selbst wenn Sie oder jemand anders keinen Grund gefunden hätten, mich umzubringen, hätte der Skandal mich ruiniert. Stattdessen entschied ich mich, Ihnen die Wahrheit zu zeigen – die Wahrheit, wegen der man Sie nach Italien geschickt hat. Innerhalb weniger Stunden, morgen früh in der Dämmerung, wird Ihre Mission abgeschlossen sein.« Er schnippte mit den Fingern. »
Presto
– einfach so.«
»Welcher Teil von Kristatos’ Geschichte ist denn wahr?«, fragte Bond.
Colombos Blick ruhte abwägend auf Bond. »Mein Freund«, erwiderte er schließlich. »Ich bin ein Schmuggler. Dieser Teil stimmt. Ich bin wahrscheinlich der erfolgreichste Schmuggler des Mittelmeers. Die Hälfte der amerikanischen Zigaretten in Italien wurde von mir aus Tanger hergebracht. Gold? In Beirut bin ich der einzige Lieferant mit direkten Verbindungen nach Sierra Leone und Südafrika. Früher habe ich auch mit Aureomycin und Penizillin gehandelt, als diese Medikamente noch rar waren. Bestechung in den Krankenhäusern der amerikanischen Stützpunkte. Und noch vieles mehr – unter anderem schöne Mädchen aus Syrien und Persien für die Bordelle in Neapel. Außerdem habe ich entflohene Sträflinge rausgeschmuggelt. Aber Drogen, Heroin, Opium, Hasch – nein!« Colombos Faust krachte erneut auf die Tischplatte. »Niemals! Damit habe ich nichts zu tun. Diese Dinge sind böse. In den anderen liegt keine Sünde.« Colombo hob seine rechte Hand. »Mein Freund, das schwöre ich Ihnen beim Leben meiner Mutter.«
Bond begriff langsam, worum es hier ging. Er war bereit, Colombo zu glauben. Irgendwie war ihm dieser gierige, ungestüme Pirat, den Kristatos hatte beseitigen lassen wollen, sympathisch. »Aber warum hat Ihnen Kristatos das anhängen wollen? Was hat er davon?«
Colombo zeigte mit seinem ausgestreckten Zeigefinger auf seine Nase. »Mein Freund, Kristatos ist Kristatos. Er spielt das größtmögliche doppelte Spiel, das man sich vorstellen kann. Um es weiterspielen zu können – um weiterhin den Schutz der CIA und ihrer Drogenleute zu bekommen –, muss er ihnen ab und an jemanden opfern – eine kleine Nummer am Rande des großen Spiels. Aber bei diesem Englandproblem ist es etwas anderes. Das ist ein riesiges Geschäft. Um es zu schützen, ist ein großes Opfer erforderlich. So kam man auf mich – entweder Kristatos selbst oder einer seiner Leute. Und es ist wahr, dass Sie wohl auch von selbst auf die Geschichte meiner Geschäfte gekommen wären, wenn Sie eifrig weitergeforscht und genügend harte Währung unter die Leute gebracht hätten, um Informationen zu bekommen. Aber jede Spur zu
mir
hätte Sie weiter von der Wahrheit weggeführt. Am Ende wäre ich, denn ich unterschätze Ihren
Weitere Kostenlose Bücher