In Tödlicher Mission
Schreibtischs.
»Was hab ich dir gesagt, James?«
Bond schüttelte bewundernd den Kopf. »Das ist die beste Art, die See zu behandeln – als ob sie verdammt noch mal gar nicht da wäre.« Er atmete tief ein. »Was für eine Erleichterung, endlich mal wieder frische Luft zu atmen. Ich hatte schon fast vergessen, wie das ist.«
»Draußen ist das frische Zeug, Kumpel. Das hier drin ist aus der Konserve.« Mr Milton Krest hatte leise den Raum betreten und stand nun da und musterte sie. Er war ein zäh aussehender Mann Anfang fünfzig mit ledriger Gesichtshaut. Er wirkte muskulös und fit, und die ausgebleichte Bluejeans, das Hemd im Armeestil und der breite Ledergürtel deuteten darauf hin, dass es ihm sehr wichtig war, genau diesen Eindruck zu erwecken – zäh. Die hellbraunen Augen im wettergegerbten Gesicht hatten leichte Hängelider, und ihr Blick wirkte schläfrig und verächtlich. Seine Mundwinkel waren leicht nach unten gezogen, was ihm ein amüsiertes oder herablassendes Aussehen verlieh – wahrscheinlich Letzteres. Und die bis auf das gönnerhafte »Kumpel« harmlosen Worte, die er in den Raum geworfen hatte, erinnerten an Kleingeld, das man ein paar Tagelöhnern zuwarf. Für Bond war das Seltsamste an Mr Krest seine Stimme. Sie hatte ein weiches, höchst charmantes Lispeln. Sie klang genau wie die Stimme des verstorbenen Humphrey Bogart. Bond ließ seinen Blick über den Mann streifen, vom spärlichen, kurz geschorenen schwarz-grauen Haar über die Tätowierung – ein Adler über einem kaum zu erkennenden Anker – bis zu den nackten, ledrigen Füßen, mit denen er breitbeinig auf dem Teppichboden stand. Dieser Mann wäre wohl gern eine Figur aus einem Hemingway-Roman, dachte er. Ich kann ihn jetzt schon nicht leiden.
Mr Krest schritt über den Teppichboden auf sie zu und streckte seine Hand aus. »Sie müssen Bond sein. Gut, Sie an Bord zu haben.«
Bond erwartete den erdrückenden Griff und spannte seine Hand an.
»Freitauchen oder mit Tauchergerät?«
»Frei, und ich gehe nicht tief. Es ist nur ein Hobby.«
»Und was tun Sie die übrige Zeit so?«
»Ich bin im öffentlichen Dienst.«
Mr Krest lachte auf. »Höflichkeit und Dienstbarkeit. Ihr Engländer gebt die verdammt noch mal besten Butler und Kammerdiener ab. Im öffentlichen Dienst, sagen Sie? Dann werden wir prima miteinander auskommen. Ich mag Leute, die zu dienen verstehen.«
Das Klicken der Deckluke, die geöffnet wurde, bewahrte Bond davor, seine Geduld zu verlieren. Mr Krest wurde abgelenkt, als eine nackte gebräunte Frau die Stufen in den Aufenthaltsraum herunterstieg. Nein, sie war gar nicht komplett nackt, doch der winzige hellbraune Satinbikini war so entworfen, dass er den Eindruck erweckte.
»Hallo, mein Schatz. Wo hast du dich denn versteckt? Hab dich lange nicht mehr gesehen. Das sind Mr Barbey und Mr Bond, die beiden Burschen, die uns begleiten werden.« Mr Krest deutete auf die Frau. »Leute, das ist Mrs Krest. Die fünfte Mrs Krest. Und bevor jemand auf falsche Ideen kommt, sie liebt Mr Krest. Tust du doch, Schatz?«
»Ach, sei nicht albern, Milt, du weißt doch, dass ich das tue.« Mrs Krest lächelte reizend. »Sehr erfreut, Mr Barbey. Und Mr Bond. Es ist schön, dass Sie bei uns sind. Möchten Sie einen Drink?«
»Einen Moment mal, Schatz. Du willst mich die Dinge an Bord meines eigenen Schiffes doch bestimmt selbst regeln lassen, oder?« Mr Krests Tonfall war sanft und freundlich.
Die Frau errötete. »Oh ja, Milt, natürlich.«
»Nur damit wir wissen, wer hier an Bord der guten
Wavekrest
der Skipper ist.« Das amüsierte Lächeln schloss sie alle mit ein. »Na dann, Mr Barbey. Was ist das übrigens für ein Vorname? Fidele, richtig? Ganz schön seltsam. Der alte Getreue.« Mr Krest kicherte. »Also, Fido, dann wollen wir beide mal hochgehen und dieses kleine alte Skiff in Bewegung bringen, was? Vielleicht bringen Sie sie besser ins offene Meer, dann können Sie den Kurs setzen und an Fritz übergeben. Ich bin der Captain. Er ist der Maat, und dann sind noch zwei im Maschinenraum und in der Pantry. Alle drei sind Deutsche. Die einzigen in ganz Europa, die auf See noch was taugen. Und Mr Bond. Vorname? James, richtig? Also, Jim, zeigen Sie doch Mrs Krest mal ein bisschen was von Ihrer Höflichkeit und Dienstbarkeit. Übrigens können Sie Liz zu ihr sagen. Helfen Sie ihr, die Kanapees für den Aperitif vor dem Mittagessen vorzubereiten. Sie stammt auch von Ihrem Inselchen. Sie können mit ihr ja über den
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