In Tödlicher Mission
Piccadilly Circus, Herzöge und so einen Quatsch reden. Okay? Hopp, hopp, Fido.« Jungenhaft sprang er die Stufen hinauf. »Dann wollen wir mal los.«
Als die Luke geschlossen wurde, atmete Bond hörbar aus. Mrs Krest sah ihn entschuldigend an. »Bitte verzeihen Sie seine Witze. Das ist eben sein Sinn für Humor. Und er ist ein wenig dickköpfig. Er testet gerne aus, wie weit er bei anderen gehen kann. Das ist natürlich sehr unhöflich von ihm. Aber er meint es wirklich nicht böse.«
Bond lächelte beschwichtigend. Wie oft hatte sie diese Rede schon halten müssen, um die Gemüter zu beruhigen, die Mr Krests »Sinn für Humor« aufgebracht hatte? »Wahrscheinlich muss man ihn nur zu nehmen wissen. Benimmt er sich in Amerika genauso?«
»Nur mir gegenüber«, sagte sie ohne Verbitterung. »Er liebt die Amerikaner. Probleme gibt es erst, wenn er im Ausland ist. Wissen Sie, sein Vater war Deutscher, ein richtiger Preuße. Von ihm hat er diese lächerliche deutsche Sichtweise übernommen, dass Europäer dekadent seien und nichts mehr taugen. Es hat keinen Sinn, mit ihm darüber zu diskutieren. Das ist einfach eine seiner Eigenarten.«
Das war es also! Der alte Hunne mal wieder. Liegt entweder im Staub oder geht dir an die Gurgel. Von wegen Sinn für Humor! Und was musste diese arme Frau ertragen, dieses wunderschöne Mädchen, das er sich als Sklavin hielt – als seine englische Sklavin? »Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
»Seit zwei Jahren. Ich habe als Empfangsdame in einem seiner Hotels gearbeitet. Ihm gehören die Krest-Hotels, müssen Sie wissen. Es war wunderbar. Wie im Märchen. Ich muss mich immer noch manchmal kneifen, damit ich weiß, dass ich nicht träume. Das hier zum Beispiel.« Sie deutete auf den luxuriösen Raum. »Und er ist furchtbar gut zu mir. Schenkt mir dauernd was. In Amerika ist er ein sehr wichtiger Mann. Es macht Spaß, überall, wo man hingeht, wie eine Königin behandelt zu werden.«
»Das kann ich mir vorstellen. Ich nehme an, das gefällt ihm. Wie ein König behandelt zu werden?«
»Oh ja.« In ihrem Lachen lag eine Spur Resignation. »Er hat viel von einem Sultan. Er wird ziemlich schnell ungeduldig, wenn er nicht angemessen behandelt wird. Er sagt, wenn man sehr hart gearbeitet hat, um ganz nach oben auf den Baum zu kommen, hat man auch die besten Früchte verdient, die dort wachsen.« Mrs Krest wurde klar, dass sie zu offen sprach. »Also wirklich«, unterbrach sie sich schnell. »Was rede ich denn hier? Man könnte meinen, wir wären alte Bekannte.« Sie lächelte schüchtern. »Wahrscheinlich liegt es daran, dass Sie ein Landsmann sind. Aber jetzt muss ich mir wirklich mal mehr anziehen. Ich habe auf Deck ein Sonnenbad genommen.« Aus der Mitte des Schiffs drang ein tiefes Dröhnen. »Da. Wir fahren los. Warum gehen Sie nicht aufs Hinterdeck und sehen zu, wie wir den Hafen verlassen. Ich werde mich Ihnen gleich anschließen. Ich will so viel über London hören. Hier entlang.« Sie ging an ihm vorbei und schob eine Tür auf. »Wenn Sie schlau sind, melden Sie Anspruch auf diesen Raum an. Es gibt jede Menge Sitzgelegenheiten, und die Kabinen neigen dazu, trotz Klimaanlage ein wenig stickig zu werden.«
Bond dankte ihr, betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. Es handelte sich um ein großes, mit Hanfteppichen ausgelegtes Welldeck. Weiter hinten befand sich ein halbrundes Schaumstoffsofa. Überall standen Rattansessel, und in einer Ecke befand sich sogar eine Bartheke. Bond kam der Gedanke, dass Mr Krest ein starker Trinker sein könnte. Bildete er sich das nur ein oder hatte Mrs Krest wirklich Angst vor ihm? In ihrem Verhalten ihm gegenüber lag etwas schmerzhaft Sklavisches. Zweifellos musste sie für ihr »Märchen« teuer bezahlen. Bond sah zu, wie die grünen Flanken von Mahé langsam an achtern verschwanden. Er schätzte, dass ihre Geschwindigkeit momentan zehn Knoten betrug. Schon bald würden sie an der Nordspitze sein und in Richtung offenes Meer weitersegeln. Bond lauschte dem zähen Blubbern des Auspuffs und dachte über die wunderschöne Mrs Elizabeth Krest nach.
Sie hätte ein Model sein können – wahrscheinlich war sie das auch gewesen, bevor sie als Empfangsdame angefangen hatte –, dieser respektable weibliche Beruf, dem immer noch ein Hauch Halbwelt anhing – und sie bewegte ihren wunderschönen Körper immer noch mit der Unbefangenheit von jemandem, der daran gewöhnt war, nichts oder fast nichts anzuhaben. Aber die für Models typische
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