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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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matador!«
rief Meister Sanche. Was in seinem Idiom heißen sollte: Wie schmuck er doch aussieht! Wie schmuck! »Mein Neffe«, fuhr er fort, »wollet bitte meine Ehegemahlin begrüßen, die ich ein kleines Festmahl anrichten ließ, Eure Rückkehr zu feiern.«
    Das tat ich mit der größten Anmut dieser Erde, fast bis zum Boden mich verneigend, doch ohne das mindeste Lächeln. Auch wußte ich nicht, wie sie es aufnahm, denn ich hütete mich, ihr in die Augen zu blicken. Dann setzte ich mich, Ziel aller Blicke, zu dem von Meister Sanche angekündigten Festmahl, das diesen Namen freilich nicht verdiente, auch wenn an diesem Tage ein jeder einigermaßen hinreichend speiste, ein Auge auf den Teller und eines auf mich gerichtet. Fogacer grinste in sich hinein, und Meister Sanche brummelte immer wieder:
»Qué matador! Qué matador!«
     
    Der Winter verstrich, ohne daß ich mit Dame Rachel ins reine gekommen wäre. Nie richteten sich ihre Achataugen auf mich, und ich meinerseits unterließ jeglichen Versuch einer Aussöhnung; mich packte höchster Grimm, sooft ich daran dachte, wie gemein sie mir den Zufluchtsort meiner armen Fontanette vorenthaltenhatte. Und am meisten erboste mich, daß sie ihre Grausamkeit in den Mantel des Glaubens kleidete.
    Mein Samson lebte so versponnen und außerhalb der Welt, daß weder Thomassine noch Azaïs ihm irgend etwas verraten wollten, was den Unschuldsengel hätte betrüben können. So erfuhr er nie von dem langen Gespräch, das Cossolat mit seiner Dame im Nadelhaus gehabt, und ebensowenig den Grund für den jähen Aufbruch der Römlinge. Und mochte ihm diese Abreise auch große Pein bereiten, mich tröstete die Überlegung, daß sein Kummer viel größer gewesen wäre, wenn er die Wahrheit erfahren hätte. Die Normannin hatte die Stirn, ihm einen zärtlichen Brief zu schreiben, den er mich bat zu beantworten. Ich lehnte glatt ab, hielt dagegen, er sei alt genug, seine Episteln selbst aufzusetzen, was er denn auch tat, so kurz und unbeholfen, daß es ein Jammer war. Sie antwortete ihm trotzdem, und ein schmaler Briefwechsel zog sich über vier Jahre hin, obschon sie sich nicht wiedersahen.
    Madame de Joyeuse besuchte ich den ganzen Winter über und kam in ihrer Gunst so gut voran, daß ich am Ende der Erste unter ihren Büßern war; während die anderen unter ihrem Harnisch etwas verbraucht waren, fand die Dame in mir sehr viel Frische, Keckheit und frohen Sinn, sonderlich aber Phantasie im Erfinden neuer Komplimente, nachdem sich die alten Kavaliere darin erschöpft hatten. Am meisten freilich gefiel ihr an mir, daß ich ihr unendlich Dank wußte für ihre Güte und sie deshalb wirklich liebte. Und so erlaubte sie mir Vertraulichkeiten, die keinem Kavalier hätten gestattet sein dürfen: ich durfte ihr den Rücken und die Brüste mit Salben einreiben, wir tauschten unzählige Küsse in ihrem Alkoven und ergingen uns in nicht endenden Zärtlichkeiten, die wir indes nie so weit trieben, daß Madame de Joyeuse je gemeint hätte, ihrem Ehegemahl untreu geworden zu sein.
    Diese Grenze allerdings verlagerte sich vom Herbst in den Winter nach jener Seite hin, die der Leser erraten wird. Wenn ich mit Madame de Joyeuse allein war hinter den blauen Vorhängen ihres Baldachins, wenn meine Küsse und Umarmungen sie sacht in Erregung gebracht hatten, dann führte sie meine Hand und sagte: »Mein hübscher lieber kleiner Vetter, tut mir, was ich so mag.« Und willig tat ich, wie geheißen, sie stieß dabei so lebhafte, so drängende und endlich so heftigeSeufzer aus, daß man hätte glauben können, sie gäbe ihre Seele auf. Und freilich war ich kein Grünling; ich wußte, was dies besagte. Aber ich bewunderte Madame de Joyeuse, daß sie, die mit mir diese Wonnen ertastete, trotzdem behaupten konnte, sie sei ihrem Ehegemahl treu. Oft ist mir der Gedanke gekommen, daß der kleine Abbé, der ihr Beichtvater war, ein beispielhaft gütiger Hirte sein mochte. Denn ihren Gatten sah die arme Dame nur selten; er war immer unterwegs, ritt hierhin und dorthin durch unsere Provinzen, wohin der Dienst am König ihn rief, und ritt auch andere Stuten, die man ihm zum Etappenort brachte und deren er nie satt genug haben konnte.
    Meine Vertraulichkeiten mit Madame de Joyeuse ließen Aglaé nicht kalt.
    »Scheusal, was habt Ihr Madame schon wieder angetan, daß sie so stöhnte?« hielt sie mir vor.
    »Nichts, was ich nicht auch Euch gern antäte, wenn Ihr mich darum bätet«, erwiderte ich.
    »Monsieur!« tadelte sie

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