In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Schlüssels, in sein Zimmer ein.
Ich entbot den Römlingen, die stumm vor ihren Tellern saßen, meinen Gruß und begab mich an meinen Tisch zurück.
»Monsieur de Siorac, was treibt Ihr da für ein Spiel!« raunte mir die Wirtin zu. »Ihr ruiniert mich! Lauter schöne normannische Taler, die mir entgehen!«
»Liebe Freundin«, tat ich bekümmert, »ich bitte tausendfach um Vergebung, mir ist die Zunge entglitten, ich habe irres Zeug geschwätzt!«
»Oh, das glaube ich Euch nicht«, sagte die Wirtin, »Ihr handelt nicht unüberlegt, Euch kenne ich. Und ich werde schon noch erfahren, warum Ihr meiner Kundschaft Beine gemacht habt.«
Sie erfuhr es von Cossolat, der herzhaft in mein Lachen einstimmte, als er vom jähen Aufbruch der Römlinge Kenntnis bekam.
»Aber Pierre, dieser kleine Trug hat zwei Seiten«, sagte er. »Und was wolltet Ihr nun: mich daran hindern, Euern Bruder zu hörnen, oder Euch selbst?«
Ich wußte keine Antwort, war ich doch selber im Zweifel.
Nachdem diese Geschichte, die mich sehr gequält hatte, vorbei war, begab ich mich zu Meister Sanche und entschuldigte mich in aller Form für die Verwirrung, die ich in seinem Haus gestiftet. Ich bat ihn, mir zu sagen, in welches Dorf sich Fontanette zurückgezogen hatte.
»Mein Pierre, ich weiß es leider nicht«, sagte Meister Sanche mit einem Seufzer. »Und Dame Rachel behauptet, der Name sei ihr entfallen. Was bleibt mir übrig als ihr zu glauben? Ach, mein Pierre, Weiberwille! Ein Geschwür, das noch kein Bader je aufzustechen vermochte!«
Und er bat mich mit bewegter Stimme, die Mahlzeiten wieder an seiner Tafel einzunehmen, meine Abwesenheit stimme alle traurig.
»Ausgenommen Dame Rachel, die Euch gebeten hat, mich aus dem Haus zu werfen«, sagte ich.
»In meinem Haus bin ich der Herr«, sprach Meister Sanche. »Wen ich empfange, das bestimme ich. Gewiß, unsere Sitten sind strenger als beim Adel, wo sich ein Zweitgeborener erlauben darf, Schwäche für ein Kammermädchen zu zeigen. Aber da Ihr nun mal in dieser Duldsamkeit erzogen wurdet, sehe ich keinen Grund, unsere harsche Strenge auf Euch anzuwenden.«
»Leider muß die arme Fontanette für uns beide büßen.«
»Ja, leider, mein Pierre.« Meister Sanche schaute plötzlich sehr traurig drein. »Ich hab sie sehr gemocht, mit ihrem liebreizenden Wesen brachte sie Helle ins Haus. Schade, sehr schade, daß sie nicht mehr da ist.«
Seine Worte rührten mich, ich warf mich in seine Arme, küßte ihn auf die Wangen und versprach, am Mittwoch wieder bei Tisch zu erscheinen.
Am Mittwoch war der Tag, an dem Martínez mir mein Wams von blaßblauem Satin liefern wollte, dazu ein Beinkleid von der gleichen Farbe, mit rot unterfütterten Schlitzen, und ein mit blauer Feder geschmücktes Barett. (Blau, hatte der Schneider mir verraten, war die Lieblingsfarbe von Madame de Joyeuse.) Als ich in des Schneiders großen Spiegel blickte, war ich von meinem schmucken Aussehen so begeistert, daß ich dem Schöpfer auf der Stelle die vereinbarte Summe zahlte und vier Dukaten obendrein.
»Ha, Monsieur de Siorac, ein Edelmann, der bar auf die Hand zahlt und gar noch was dazulegt, das ist eine Seltenheit!« sprach der Schneider. »Wäre ich nicht niederen Standes, ich würde Euch glatt umarmen! Doch weiß ich, wer an meiner Statt es tun wird.«
Er klatschte in die Hände, jäh erschienen seine vier Töchter, und jede bekam einen meiner vier Dukaten.
»Meine Töchter, für Eure Schatullen. Bedankt Euch bei Herrn von Siorac und küßt ihn auf beide Wangen.«
Was sie auf zärtlichste Weise taten.
»Ah, Martínez«, rief ich, noch ganz verzaubert von ihren Gazellenaugen, »Ihr habt mich auf ewig zu Eurem Kunden!«
Und ich trat, geckenhaft stolzierend, in die Rue de la Barrelerie hinaus. Ha! das war keine reumütige Rückkehr ins Haus von Meister Sanche, ich kam nicht geschmäht und schuldvoll in Sackleinen gehüllt, nicht mit aschebestreutem Haupt. Als ich den Saal betrat, blieb Meister Sanche der Mund offen, Dame Rachel saß wie versteinert da, und der Rest der Tafelgemeinschaft war vor Verwunderung stumm.
»Mein Neffe, wie seid Ihr prächtig gekleidet!« rief Meister Sanche. »Welch ein Anblick! Welch prunkvolles Wams! Wohin strebt Ihr in dieser galanten Aufmachung?«
»Hochrühmlicher Meister, es ist weder Eitelkeit noch Prahlerei, sondern bares Erfordernis«, gab ich zur Antwort. »Ich bin heute nachmittag zu Madame de Joyeuse eingeladen, deren kleiner Vetter ich bin.«
»Ha, qué matador! Qué
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