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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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von seinem schleichenden Fieber heilen! Wünschet Ihr noch ein Küßchen, mein junger Moussu?«
    Begeistert und innig küßte ich sie abermals auf die Wangen.
    »Beim heiligen Honorius! da weine ich nun doch!« sagte die Patota gerührt. »Ich Törin, daß ich mich so an meine Kundschaft hänge! Edler Moussu, studieret fleißig in Montpellier! Meidet Streit und Spiel, und bei der heiligen Jungfrau! haltet Euch von den Mädchen fern: sie verderben den Körper und schaden der Seele, wie Ihr wohl wißt.«
    »Aber hieße das nicht, Euer lieblich Geschlecht zu schmähen?« wandte ich ein. »Trotzdem sei’s versprochen, ich werde mich mäßig bedienen. So mäßig wie Eures leckeren Backwerks«, fügte ich lachend hinzu.
    Auch die Patota lachte herzhaft.
    »Noch ein Küßchen, gute Wirtin?« fragte ich und küßte sie wieder.
    »Holla, mein edler Herr!« rief der Ehemann der Patota, an seinem langen Schnurrbart zupfend, »Ihr werdet meinem Weib noch die Wangen ruinieren!«
    Der Wirt war ein kerniger Bursche mit wachem Blick, zupackend und von gewandter Zunge. Er schätzte sich glücklich, ein so rühriges Weib zu besitzen, so tugendsam und eine so vortreffliche Kuchenbäckerin. Ein wenig eifersüchtig war er trotzdem, verbarg es aber, aus Stolz, hinter kleinen Spötteleien.
    Ich saß schon im Sattel und wollte meine Accla in Trab setzen, als ein hübsches Kammermädchen uns hinterdrein gelaufen kam.
    »Ho, Accla, ho!« Ich hielt meine Stute an. »Was möchtest du, mein Kind?«
    »Die Herrin schickt Euch diesen kleinen Proviant an Kuchen, um Euch den Ritt angenehmer zu machen.«
    Und sie überreichte mir das liebreizende Geschenk, in einem sehr sauberen, an den vier Zipfeln verknoteten Tuch. Ich steckte das Bündelchen in meinen Mantelsack, ließ der Patota ergebensten Dank ausrichten und gab dem Pferd die Sporen. Schamvoll gestehe ich, daß ich den Tränen nahe war, so sehr erinnerte mich die Aufmerksamkeit der Patota an meine Barberine und ihre kleinen Leckerbissen, die sie mir zusteckte, sooft ich Mespech verließ.
    Ich holte unsere Schwadron wieder ein, doch da es bergauf ging, ließ ich mein Pferd, wie alle es taten, im Schritt gehen. Und nun war ich in Gedanken ganz bei Mespech mit seinem großen Weiher, seinen grünen Auen, seinen lachenden Hügeln: es schnürte mir die Kehle zu, so sehr vermißte ich mit einemmal die Wärme meines heimatlichen Nestes.
    Seltsam, ich vermißte nicht nur meinen Vater (der in allem mein Vorbild und Held), meinen Onkel Sauveterre, mein Schwesterchen Catherine, meine beiden Vettern, sondern auch die Mauern, Türme und Pechnasen von Mespech, das Torhaus und die Wälle und dazu unser Gesinde, das immer so emsig bei der Arbeit war, in Sprüchen und Spötteleien nie knausrig. Doch ganz gewiß! sie würden mich ebenso vermissen. Denn fast alle dort hatten meine Geburt erlebt, und weit eher als mein Nichtsnutz von älterem Bruder, den sie für eingebildet und unnahbar hielten, war ich für sie der Prinz des Hauses, weil ich die Redegabe, das franke Lachen und die freundlichen Umgangsformen meines Vaters hatte.
    Man verzeihe mir, daß ich sie hier in derselben Reihenfolge nenne, wie ich es damals in meinem Herzen tat: Steinbrecher Jonas, Petremol und Escorgol, die später Gekommenen; mein Fechtmeister Cabusse, Faujanet, Coulondre Eisenarm, alle drei ehemals Soldaten unserer Legionen, sowie der arme Marsal Schielauge, der zu Lendrevie den Tod fand. Lauter brave, verläßliche Leute, inbegriffen ihre liebreizenden Frauen: die Cathau des Cabusse, die Sarrazine des Jonas, die Jacotte des Coulondre; und auf der Burg meine schöne Barberine, die geschwätzige Maligou und ihre hübsche Tochter Gavachette, unsere gestrenge Alazaïs (kräftig wie zwei Mannsbilder, ganz abgesehen von ihrer moralischen Stärke) und Franchou, die der Himmel dazu ausersehen hatte, meinen Vater in seinem vorgerückten Alter rüstig zu halten.
    Ach! wie fühlte ich mich jetzt nackt und bloß ohne sie, allein und wehrlos, ich, dem die Führung unserer jungen Truppe auf diesem gefahrvollen Ritt anvertraut war.
    Aus diesem melancholischen Sinnen riß mich der Page Rouen. Er ritt mir dicht zur Seite und bat leise, mit mir sprechen zu dürfen. Ich nickte und hielt Accla an, damit das Gros der Truppe vorausritte.
    »Herr, gegen Euch wird ein schändliches Komplott geschmiedet«,sagte Rouen. »Bruder Antoine redet wider Euch vor dem Baron.«
    »Was sagt er?«
    »Daß er Eurem Bruder, der doch zu Pferde reitet und von frischer

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