Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
normannischen Pilgern erst amDonnerstagmorgen wieder abreisten. Die vier Tage Wartens hatten auf Samson wie Blei gelastet, auf mir aber wie Kork, obwohl mein »Dolmetschen« mich sehr in Anspruch nahm.
    Die Wirtin wahrte mir allzeit gute Freundschaft, doch ohne in der Rechnung Rabatt zu gewähren, außer im Falle der Zusatzsumme, die sie aus Ärger gefordert hatte. Als ich sie aber bat, Franchou den Rock zu bezahlen, den der Baron ihr verdorben hatte, wehrte sie rundweg ab. Und ich spürte, daß ich, wenn ich zu sehr darauf beharrte, Franchou damit nicht dienen und daß die Wirtin sie vielleicht fortjagen würde, was mich dann wahrlich bekümmert hätte, da ich die Ärmste ein klein bißchen ins Herz geschlossen, denn sie war ein gar nettes, braves Mädchen. Im Jahr darauf ließ sie sich leider von einem Quidam schwängern und starb im Kindbett, wie so viele Frauen, denen die Natur eine rechte Stiefmutter ist, da sie ihnen nur um den Preis des eigenen Lebens Leben zu geben gestattet.
    Um auf Franchous Rock zurückzukommen: ich wollte zu meinem Versprechen stehen und handelte mir von Samson zwanzig Sols (und eine harsche Strafpredigt) ein, indem ich behauptete, diese Summe beim Würfelspiel an Caudebec verloren zu haben. Samson glaubte mir die Geschichte, dagegen Miroul das kastanienfarbene Auge blitzen ließ.
    Als meine Franchou sich so reich sah, hüpfte sie vor Freude, legte mir den Halfter ihrer Arme um den Kopf und preßte sich an mich, als wollte sie tief in mich eindringen. Doch ihr fiel ein, daß ich am folgenden Tag aufbräche; jäh wich da die Freude der Trauer, indes sie mir unter Tränen tausend kleine Küsse auf den Hals drückte.
    Auch der Wirtin wollte ich zu Diensten sein, eingedenk daß ich ihr mehr denn nur einmal auf meinem Wege begegnen würde. Ich warnte sie, der Pilger Zeche ließe sich nicht ohne Mühe eintreiben, da der Baron viel eher gewillt sei, seinen Hosenlatz aufzutun als seine Börse. Sie verstand mich sehr gut, zumal im Laufe dieser vier Tage ihre Rechnung vielleicht größere Aufrundung erfahren hatte als statthaft.
    Die Gevatterin, von mir sorglich gewarnt und die Gunst des Kriminalleutnants von Toulouse genießend, bat letzteren, sich zur Zahlstunde mit einigen Arkebusieren bei ihr einzufinden. Sein Erscheinen wirkte Wunder und besänftigte die Donnerwetter des Barons, der schon gedroht hatte, der Wirtin die Tittenzu zersäbeln und das ganze Gesinde vom Sudelkoch bis zum Küchenjungen abzuschlachten.
    Als er wieder bei Vernunft war, argumentierte er noch, redete so lange und so geschickt – der Kriminalleutnant wagte nicht sonderlich, auf den Zahlen der Wirtin zu beharren –, daß er die genannte Summe um etliches herunterhandelte. Und so trennte man sich zu aller Zufriedenheit.
    Doch hatte dies viel länger gedauert als beabsichtigt, die Truppe ritt erst nach Sonnenaufgang los und konnte bis zum Einbruch der Dunkelheit nur eben sechs Meilen bewältigen.
    Wir übernachteten in einem sehr schlecht befestigten kleinen Marktflecken, bei kleinem Mahl zu kleinem Preise. Die Zimmermädchen der Herberge waren unsäglich verlebt und alt, der Wirt voll Mißtrauen gegen diese Franzosen aus dem Norden.
    »Himmel!« sagte Caudebec, während er mit spitzem Mund einen Sud von Saubohnensuppe mit wenigen Stückchen Salzfleisch drin aß, »dies ist, nach dem Paradies, nun wahrlich die Hölle! Der Wein beißt wie Pisse! Herr Dolmetsch, sagt diesem Fastengesicht, er soll mir wenigstens ein knuspriges junges Ding beibringen, das meinen Schlaf bewacht.«
    Ich übersetzte, und der Wirt machte ein sehr mürrisches Gesicht.
    »Herr«, wehrte er rundweg ab, »dies ist kein Kramladen, und ich biete keine Schürzen feil.«
    »Was sagt das Langgesicht?« rief Caudebec.
    »Man hat hier keine Mädchen.«
    »Was! Keine Mädchen? Im ganzen Kaff nicht? Potz Daus! Macht sich hier einer lustig über Caudebec?«
    »Mitnichten«, versuchte ich ihn zu besänftigen, »sie werden alle fort sein, dem Bauersmann bei der Ernte zu helfen.«
    Doch Caudebec konnte sich nicht beruhigen, er fluchte, wollte alle massakrieren, zog seinen Langdolch aus der Scheide. Den Wirt ließ das kalt.
    »Herr Baron, steckt das Ding wieder ein«, sagte ich, »dieser Ort ist uns nicht gewogen. Suchen wir nicht Streit. Eine Nacht ohne Mädchen ist rasch überwunden.«
    »Keineswegs!« sagte Caudebec, plötzlich ganz traurig. »Ohne Weib in meinem Bette denke ich nur an den Tod, ans Fegefeuer und an meine großen Sünden.«
    »Herr Baron,

Weitere Kostenlose Bücher