In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Pistole.
»Lösch deine Lunte, Freund!« schrie ich den Arkebusier an. »Oder ich mache aus deinem Helm ein Sieb!«
Der Mann, der sich auf seine Schießkünste einiges zugutehalten mochte, zuckte spöttisch die Achsel, als er aber die Wange an die Arkebuse legte, drückte ich ab und schoß ihm ein Loch in den Helm. Der Ärmste glaubte sich auf den Tod getroffen, ließ Waffe und Lunte fahren und faßte sich mit beiden Händen an den Kopf.
»Komm, Freund, mach kein Theater! Bist heil davongekommen!« rief ich. »Tritt deine Lunte aus! Dein Schädel ist weniger widerstandsfähig als dein Helm!«
»Wer ist das?« schrie Simon, vor Wut schäumend. »Wo kommt der her?«
»Ich war bei Hauptmann Bouillargues, mein lieber Simon«, sagte ich, »und weiß, daß er die Hinrichtung des Bischofs nicht befohlen hat und auch nicht im Bilde ist, was die Herren hierüber beschließen werden.«
»Was! sollen wir noch länger warten, ehe wir ins Bett kommen?« rief Simon. »Ein Bischof ist ein Bischof! Den Befehl haben wir von Robert Aymée. Das langt! Freunde, sie sind nur ihrer zwei! Zwei von den Papisten gekaufte Verräter! Drüber her! Tötet sie! Tod den Verrätern!«
Ich wandte mich jäh um und rief: »Her zu mir, meine Brüder!«
Da sprangen nicht nur Samson, Miroul und Anicet, sondern auch Guillaume und Louis mit gezücktem Degen herbei und umringten den Bischof.
»Herr Bischof«, sprach ich zu Bernard d’Elbène, der die ganze Zeit friedlich im Gebet gekniet hatte, »erhebt Euch, wir werden versuchen, Euch in Sicherheit zu bringen.«
Simon aber stachelte mit gellendem Geschrei die Meute auf und brachte etwa zehn Mann hinter sich, die freilich wenig geneigt waren, sich in den Kampf zu werfen, aus Furcht vor unseren Feuerwaffen. Während Simon mörderisch gegen uns hetzte, berieten Anicet und Coussinal, wo man dem Bischof sicheren Schutz geben könnte. Der Bischof hörte sie und flüsterte, am sichersten sei das Haus von Jacques de Rochemaure, dem hiesigen Landeshauptmann.
»Begeben wir uns unverzüglich hin!« sagte ich. »Anicet geht mit Guillaume und Louis an der Spitze. Und der Rest, mit Pistolen bewaffnet, bildet die Nachhut.«
»Moussu, darf ich vorher mein Beutegut holen?« hauchte mir Guillaume ins Ohr.
»Mach schnell, Guillaume!«
Im Nu war er zurück, unter dem Arm seine Beute und die von Louis, ein großes Paket blutbefleckter Kleidung. Gnom Simon zeterte noch immer, der Haß blitzte ihm aus den Augen, das Gift schoß ihm von den Lippen. Da beschloß ich, dem Berserker das Maul zu stopfen.
»Simon«, rief ich, ihn übertönend, »ich verbiete dir, uns zu folgen! Wenn du es dennoch tust, durchlöchert meine erste Kugel deinen Helm und die zweite deinen Schädel!«
Da eiferte er zwar noch, wagte aber keinen Schritt mehr vor den anderen zu setzen. Auch seine Gefolgsleute rührten sich nicht mehr, sie waren erschöpft nach so blutiger Nacht, und es drängte sie heim, das Beutegut einzufahren, einen Kanten zu essen und endlich zu schlafen. Weshalb denn auch die Straßen merkwürdig leer waren, trotz der schon hochstehenden Sonne; die Papisten hockten noch immer hinter ihren Mauern, und die heimgekehrten hugenottischen Streiter stärkten und erholten sich von ihren beklagenswerten Taten.
Die Pforte des Jacques de Rochemaure war gewaltig verstärkt durch Eisenbänder, hatte aber oben ein vergittertes Guckfenster, das sich, nachdem wir geklopft hatten, einen Spalt breit auftat. Monsieur de Rochemaure sah uns in Waffen und zauderte. Der Bischof trat vor und erklärte, wir hätten ihn aus den Händen der Mordbuben gerettet, er bitte ihn, uns aufzunehmen. Aber Monsieur de Rochemaure argwöhnte eine List. Er verlangte, wir sollten uns bis ans Ende der Straße zurückziehen und den Bischof allein zurücklassen, nur dann würde er öffnen. Da nahm Bernard d’Elbène auf rührendste Weise Abschied von uns, fragte einen jeden nach seinem Namen, dankte jedem und sagte, er werde uns jeden Morgen und jeden Abend in sein Gebet einschließen. Am Ende der Straße dann warteten wir, bis sich die Tür auftat und hinter Bernard d’Elbène wieder schloß, der uns mit seiner zitternden Hand ein letztes Mal grüßte.
Das Massaker der Michelade endete mit diesem vereitelten Mord. Die Herren (die ihn freilich nicht befohlen hatten, aber vielleicht auch nicht verärgert gewesen wären, wenn er stattgefunden hätte) entließen gegen eine hohe Kaution die Gefangenen aus dem Rathaus, noch vierzig an der Zahl, dagegen sechzig oder
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