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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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die Priester; er sei ein schlichter, gutmütiger, den kleinen Leuten zugetaner Mensch; die Hugenotten hätten sichmit ihm einigen können ohne die Meute um ihn her, die uns verfolge wie ein Rudel gefräßiger Wölfe.
    Die Wutnickel unter den Soldaten hatten den Bischof bis aufs Wams ausgezogen und ihm zum Spott eine Faltenmütze übergestülpt. Andere sparten nicht mit grausamen Witzen über das Schicksal, das ihn erwartete. Bernard d’Elbène ertrug dies alles ohne Murren und ohne das streitlustige Aufbegehren eines Quatrebar. Er betete leise, vielleicht um seine Henker nicht mit dem Ave-Maria zu beleidigen, doch mit erhobenem Blick, dabei er die Soldaten, die ihn zum Richtplatz führten, ohne Haß und Zorn anschaute, als hätte er ihnen schon verziehen. Durch seine Festigkeit und Milde beeindruckte er zuletzt auch die Hitzköpfe, sie hörten auf, ihn zu verspotten und zu bedrohen, ausgenommen ein gewisser Simon, von dem noch die Rede sein wird. Von Gestalt war der Bischof nicht sehr groß, schwächlich, recht bleich im Gesicht und hatte schneeweißes Haar. Die Hände zitterten ihm, doch erkennbar aus Hinfälligkeit und nicht vor Angst.
    Als wir im Hof des Bischofssitzes ankamen und Bernard d’Elbène die Blutlachen auf dem Pflaster sah, fiel er auf die Knie und betete mit Tränen in den Augen für das Seelenheil der Getöteten. Die anwesenden Soldaten, vielleicht zwanzig an der Zahl, spürten sehr wohl, daß des Bischofs Schmerz nicht dem eigenen Los, sondern dem seiner Glaubensbrüder galt, und empfanden Beschämung. Sie ließen den Bischof länger beten, als sie es anderen erlaubt hätten. Bis schließlich einer, ungeduldig geworden, mit dem Degen an Bernard d’Elbène herantrat, aber noch nicht wagte, sich an ihm zu vergreifen.
    »Genug gebetet!« sagte er barsch. »Zieh dein Wams aus, Bischof, damit ich es nicht beschädige, wenn ich dich töte!«
    Der Bischof streifte das Wams ab, schwankte einen Augenblick, ob er es auf das Pflaster legen sollte, mochte es aber nicht mit dem Blut beflecken und überreichte es deshalb seinem Henker.
    »Da hast du es, mein Sohn«, sprach er sanft. »Möge es dir gute Dienste tun, auch wenn es ein bißchen geflickt ist.«
    Der Soldat errötete beschämt, daß ihm da einer gutwillig die Beute gab und er sie sich nicht nehmen mußte. Verwirrt stand er da, den Degen in der einen Hand, das Wams in der anderen, und wagte nicht zuzustechen, was wiederum einen der Heißsporneerregte, der eine Art riesenmäuliger Gnom war und den Bischof unterwegs mit Spott und Gemeinheiten überhäuft hatte.
    »Martin, du Schlappschwanz!« rief er wild. »Du willst ein Mann sein? Eine verdammte Memme bist du. Aber wenn du nicht willst, ich hab noch Appetit auf einen Bischof!«
    Er hob sein Kurzschwert und hätte Bernard d’Elbène niedergestochen, hätte ihm nicht ein junger Bursche Pistole und Degen auf die Brust gesetzt.
    »Nie und nimmer!« rief der junge Mann entschieden. »Du wirst ihn nicht töten! Ich, Coussinal, schenke ihm das Leben! Und keiner soll es ihm nehmen, sonst ist er des Todes!«
    »Bist du übergeschnappt, Coussinal?« rief Simon. »Einen Papistenbischof verteidigen gegen deine hugenottischen Brüder?«
    »Daß er Papist ist, schert mich nicht. Er hat meine Mutter einen ganzen Winter lang vor dem Verhungern und Erfrieren bewahrt. Und weil er ihr das Leben gerettet hat, schenke ich ihm das seine!«
    »Eine rührende Geschichte!« rief Simon giftig. »Mir kommen die Tränen! Freunde, habt ihr dieses Lämmchen blöken hören? Seine Mutter! Verdammt, was schert uns die Mutter dieses Bastards! Freunde, wer hat in Nîmes die Papisten angeführt? Der Bischof! Sollen wir also das Fußvolk töten und dem General Gnade erweisen? Freunde, was will hier dieser Coussinal? Verrat! Ich sage: Verrat! Coussinal ist ein gekaufter Hugenotte, gekauft mit dem Gold des Bischofs! Freunde, drauf auf ihn! Machen wir den Bischof nieder und den Verräter Coussinal gleich mit!«
    »Das werden wir ja sehen«, sagte Coussinal, der nicht so ein Mundwerk hatte wie Simon, aber wild blitzende Augen. Er hatte sich vor den Bischof gestellt, in der einen Hand die Pistole, in der anderen den Degen.
    Soviel ich sah, hielt nur ein Dutzend Soldaten zu Simon, die anderen zeigten wenig Lust, den Bischof zu töten. Aber unter den ersteren war einer mit Arkebuse, der seine Lunte zündete, und ich ahnte Schlimmes für Coussinal. Ich bat meine Gefährten, mir beizustehen, falls erforderlich, und trat vor, in jeder Hand eine

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