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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hieß), ob sie bei ihrer Beute auch Geld hätten.
    »Leider nein, Moussu, nicht einen Sol! Die anderen, die die Gefangenen ins Rathaus bringen, nehmen ihnen alles ab, auch die Ringe und den Schmuck; uns bleibt nur die Kleidung.«
    Was er da über sein Weib und die Kinder gesagt, ging mir zuHerzen. Ich begriff, daß sie auch aus drückender Not gehandelt hatten, und schenkte jedem einen Dukaten. Stumm, aber vor Freude errötend, nahm ihn der eine entgegen, und der andere unter nicht endenden Dankesworten. Denn letzterer, also Guillaume, hatte ein ziemliches Mundwerk, und im Überschwang seiner Zuneigung wurde er anhänglich wie ein Schäferhund und hätte sich am liebsten ganz meinen Geschicken anvertraut. Anicet, merkte ich, war mir fast gram, daß ich mich unseren ehemaligen Feinden so gewogen zeigte. Da gab ich auch ihm einen Dukaten, den er erst auf mein Drängen hin annahm, freilich ein wenig stolz versichernd, daß er Arbeit habe und von seinem Beruf lebe, wenn auch kärglich.
    Unterdessen war es Tag geworden. Die Sonne stand schon über den Häusern, als wir an die Kreuzung mit dem
Brunnen von der großen Tafel
gelangten. Hier stieß unsere kleine Gruppe auf einen bewaffneten Trupp, der in seiner Mitte drei oder vier Papisten zum Bischofssitz führte. Die Soldaten schienen sehr erregt und schrien »Tod den Papisten! Neue Welt!«, den unheilvollen Schlachtruf der vergangenen Nacht.
    »Aber das ist doch der Bischof, Bernard d’Elbène«, sagte Anicet. »Und der kleine Dickwanst neben ihm ist sein Majordomus.«
    In ebendiesem Augenblick trat der Anführer des Trupps, ein dunkler Hüne, vor den Majordomus, den Spieß in der Hand, und sagte wütend:
    »Ha, Schuft! Hast dich genügend gemästet an unserem Geld! Dies wird dich abspecken!«
    Und mit wuchtigem Stich rammte er ihm den Spieß in den Wanst, zog ihn wieder heraus und stach ein zweites Mal zu. Da warfen sich noch andere Soldaten auf den Mann und durchbohrten ihn mit ihren Degen und Dolchen. Er tat noch einen Seufzer und sackte sterbend auf das Pflaster, indes die Wüteriche weiter auf ihn einstachen.
    Man müsse auch den Bischof sofort niedermachen, schrien einige, die sich am Blut noch nicht gesättigt hatten. Andere widersprachen, dies sei ihnen nicht befohlen. Im übrigen wurde der Bischof allseits umdrängt von Soldaten, die ihm die Ringe von den Fingern reißen wollten.
    »Guillaume«, fragte ich leise, »wer ist dieser Hüne, der den Majordomus abgestochen hat?«
    »Robert Aymée.«
    »Was! der Pierre Journet so übel zugerichtet hat?«
    »Derselbe.«
    Ich trat auf den Mann zu, faßte ihn am Ellenbogen und flüsterte ihm ins Ohr:
    »Monsieur, ein Wort in Euerm Interesse. Hauptmann Bouillargues ist sehr im Zorn auf Euch, weil Ihr seinen Milchbruder Pierre Journet so schlimm verwundet habt. In seiner Wut sucht er Euch überall und will Euch kaltmachen.«
    »Was! das Priesterchen, das ich mit dem Bischof geschnappt hatte …«
    »… war sein Milchbruder.«
    »Aber das hab ich nicht gewußt!« rief Aymée erschrocken und sehr kleinlaut.
    »Ha, Monsieur!« sagte ich und bemühte mich, der Wahrheit bedrohlichen Anstrich zu geben, »der Hauptmann meint, Ihr hättet es gewußt und aus Tücke so gehandelt! Ich kann Euch nur raten, geht schleunigst zum Hauptmann und räumt den Irrtum aus. Er spuckt Feuer und Flamme gegen Euch.«
    »Ich eile, sofort«, sagte Robert Aymée. Und laut zu den anderen: »Mich braucht ihr nicht, um den Bischof in seinen Palast zu schaffen und im eigenen Brunnen zu ertränken!«
    Nach diesem gemeinen Witz, der seine Angst verhehlen sollte, eilte er mit großen Schritten fort, ohne mich nach meinem Namen zu fragen und obendrein in die falsche Richtung. Ich wette, daß dieser Aymée, so feige wie grausam, nach Hause rannte und sich unter sein Bett verkriechen wollte, bis Pierre Journet genesen würde. Was der junge Mann mit Gottes Hilfe tat, aber er war zwei Monate lang dem Tode nahe.
    Der Trupp marschierte ohne Aymée zum Bischofssitz, und wir folgten ihm, Anicet mir zur Rechten, Guillaume und Louis mir zur Linken. Alle drei versicherten mir, es wäre ein Jammer, wenn der Bischof zu Tode käme, er sei kein schlechter Mensch, im Gegenteil, er habe sein Geld häufig für Liebesdienste aufgewendet, lebe selbst karg in seinem Palast, esse wenig und trinke wenig; auch habe er den Unseren in seinen Predigten nie mit dem Scheiterhaufen gedroht, anders als Quatrebar und Sausset und gewisse papistische Bürger, die sich fanatischer gäben als

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