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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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American-Express- Karte und eine Kontokarte gefunden, die Wolfram Eberhard Heckeroth gehören. Seine Leiche wurde am 13 . Oktober entdeckt. Es befinden sich also Gegenstände in Ihrem Besitz, die zwei ermordeten Menschen gehörten, und Sie haben keine plausible Erklärung dafür, wie Sie an die Sachen gelangt sind.«
    »Das ist doch Mist.« Schneider setzte sich aufrecht hin. »Damit habe ich nichts zu tun. Ich lass mir doch von euch keine Morde anhängen.« Er beugte sich über den Tisch. »Aber die Wahrheit werden Sie eh nicht glauben.«
    »Das wäre doch einen Versuch wert.«
    Schneider ließ sich wieder auf dem Stuhl zurückfallen und verschränkte die Arme. »Also gut. Das Rad stand am Bahnhof. Nicht abgesperrt. Geradezu eine Einladung, sozusagen. Irgendwann konnte ich nicht länger widerstehen und habe es mitgenommen.«
    »An welchem Bahnhof?«
    »Na, in Starnberg, quasi vor meiner Haustür.«
    »Wann haben Sie es entdeckt?«
    »Am Dienstag vorletzter Woche. Gegen Mittag.«
    »Das war der 14 .«
    »Wenn Sie es sagen.«
    »Wann haben Sie es mitgenommen?«
    Schneider rutschte auf dem Stuhl herum. »Also gut. Ich habe nicht lange gefackelt und gleich zugegriffen. War ja wie ein Geschenk.«
    »Lassen wir das mal so stehen.« Dühnfort reckte die verspannten Schultern. »Und wie sind Sie an die Karten gelangt?«
    Schneider breitete die Hände in einer unschuldigen Geste aus. »Die waren in der Satteltasche. Ich habe sie erst entdeckt, als ich das Rad bei eBay einstellen wollte und nachgeguckt habe, ob Flickzeug mit dabei ist. Aber das war mir dann doch zu heiß, mit denen Geld zu ziehen.«
    * * *
    Nachdem Schneider erkennungsdienstlich behandelt worden war, rief Dühnfort Alois in Starnberg an. Aber weder Heckeroths Armbanduhr noch die Schlüssel fürdas Wochenendhaus und das Auto befanden sich in Schneiders Wohnung.
    Dühnfort holte sich einen Becher Kaffee und setzte sich hinter den Schreibtisch. Er neigte dazu, Schneider zu glauben. Ein reines Bauchgefühl. Der Mann war ein kleiner Ganove und Schwarzarbeiter. Er hatte keine Vorstrafen und schien auch nicht zu Gewalttätigkeiten zu neigen. Er hatte nicht einmal den Mumm gehabt, die Karten zu Geld zu machen oder sie betrügerisch einzusetzen. Er war ein Trickser, Hehler, Gelegenheitsdieb, aber vermutlich kein brutaler Mörder.
    Wenn Schneiders Version, wie er an Bertrams Rad gekommen war, stimmte, dann gab es eine Reihe von Fragen. Wer hatte es an den Bahnhof gestellt? Und warum? Welche Rolle spielte es in den Mordfällen Heckeroth? Und stimmte der Zeitpunkt? Dienstag, der 14 . Oktober. Einen Tag nach Auffinden der Leiche im Wochenendhaus. Was hatte das zu bedeuten? Und wie war Bertram an das Rad seines Vaters gelangt? Eine Verwechslung am Grillsonntag eine Woche zuvor? Das war immerhin möglich, die Räder sahen sich sehr ähnlich. Trotzdem hätte Bertram das merken müssen.
    Dühnfort lehnte sich zurück. Irgendetwas wollte an die Oberfläche. Der Grillsonntag. Bertram war an den See geradelt.
Das Wetter war schön, eine Tour naheliegend. Radfahren ist mein Hobby, wann immer es geht, radle ich.
Die ganze Woche über war es schön gewesen. Erst am Montag, den 13 . hatte sich der Himmel grau bezogen, und gegen Abend hatte Regen eingesetzt.
    Frau Kiendel. Dühnfort setzte sich aufrecht hin. Das war es. Am Montag, den 13 . hatte Bertram am Nachmittag bei Frau Kiendel angerufen, weil er den Vater nicht erreichen konnte und sich Sorgen machte. Wenn Bertramtatsächlich beunruhigt gewesen war, was hatte er dann nach dem Anruf getan? War er an den See gefahren? Mit dem Rad? Aber wer sich Sorgen machte, wollte schnell Gewissheit.
    Falls jedoch Bertram seinen Vater ermordet hatte, war es höchste Zeit, die Leiche wegzuschaffen oder wenigstens Spuren zu beseitigen. Hatte er deshalb Frau Kiendel angerufen, um in Erfahrung zu bringen, ob man seinen Vater schon vermisste und ob bereits jemand unterwegs nach Münsing war? Aber warum hatte er damit so lange gewartet?
    Unruhe breitete sich in Dühnfort aus. Er stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Sah er den Wald vor lauter Bäumen nicht? Irgendetwas schien er zu übersehen, nicht richtig zuzuordnen. Aber was?
    Motiv, Möglichkeit und Mittel. Bertram hatte ein Motiv, und er hatte die Möglichkeit gehabt. Sein Alibi war falsch. Und die Mittel? Was hatte es für diesen Mord gebraucht? Die Angst vor dem endgültigen Untergang, die Wut auf den Vater, der nicht half, und die Kaltblütigkeit, eine Woche mit dem Wissen zu leben,

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