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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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es nicht.«
    »Aber Sie haben eine Vermutung.«
    Sie hob den Blick. »Wolfram war ein starker Mann, einer, der sich nicht unterwarf, der nie zu Kreuze kroch, der Niederlagen nicht hinnehmen konnte. Eine solche Demütigung … Ich denke, angezeigt hätte er ihn nicht. Vermutlich hätte er Bertram enterbt. Aber er war es nicht. Er war bei Katja. Und die hat weiß Gott keinen Grund, für ihn zu lügen.«
    »Weshalb sind Sie so sicher?«
    Sie lachte kurz. »Ach je, jetzt habe ich eh schon gegen das Heckeroth’sche Gesetz verstoßen, über die Familie nie schlecht zu reden … aber Sie werden das sowieso herausfinden. Katja hat Bertram geliebt und bewundert und seinen aufwendigen Lebensstil finanziert. Aber statt sie auf Händen zu tragen, hat er sich über sie lustig gemacht, und wenn sie allein waren, hat er sie geschlagen. Also das ist nur eine Vermutung.« Barbara hob die Hände. »Aber seit sie sich von ihm getrennt hat … es ist einfach auffallend, dass sie sich seither weder anSchränken gestoßen hat noch eine Treppe hinuntergefallen ist.«
    Barbara legte die Hände auf den Tisch. »Ich mag Bertram nicht. Dennoch glaube ich nicht, dass er seinen Vater umgebracht hat. Caro sagt, dass …« Barbara blickte auf das Kuvert.
    Im Flur waren Stimmen zu hören. Albert verabschiedete den Mitarbeiter des Bestattungsinstituts und kam in die Küche. Er begrüßte Dühnfort. Der erklärte den Grund seines Besuchs und wies auf den dicken Umschlag. Albert starrte ihn an. »Sie wollen doch damit nicht sagen … Also, mein Vater hat sich doch nicht strafbar gemacht?«
    Dühnfort holte die Kopien hervor. »Wir wissen es nicht. Ihr Bruder denkt, dass Ihr Vater die Frauen überredet hat, dabei mitzumachen. Er bezeichnet ihn als
großen Manipulator.«
    Alberts Blick schnellte hoch. »Einen Manipulator? So nennt er ihn?« Er ging zum Kühlschrank, nahm eine Packung Orangensaft heraus, goss ein Glas voll und trank es in einem Zug leer. Dann kam er zurück an den Tisch. »Sie vermuten, dass eine dieser Frauen es Vater heimgezahlt hat?« Albert griff nach den Kopien.
    »Es ist eine Spur, der wir nachgehen. Können Sie uns Namen zu den Bildern nennen?«
    Albert setzte sich und betrachtete jedes eingehend. Er verzog dabei keine Miene. Ab und an legte er eines beiseite. Als er fertig war, sortierte er die Auswahl in zwei kleine Stapel und nahm sich dann ein Bild nach dem anderen vor. »Rebecca Engelhardt. Sie hat den gleichen Italienischkurs besucht wie Vater. Ich habe ihn mit ihr kurz nach Mutters Beerdigung im Treppenhaus getroffen.« Das nächste Bild landete auf dem Tisch. »Hannelore Graf. Vaters letzte Sprechstundenhilfe. Sie hat gekündigt,kurz bevor ich die Praxis übernommen habe.« Er zeigte die nächste Aufnahme. »Elisabeth Weiß.« Die Sehnen an Alberts Hals traten hervor. »Sie ist die Tochter der besten Freundin meiner Mutter. Sie kann damals höchstens achtzehn gewesen sein, und mein Vater war zu der Zeit über fünfzig!« Er knallte die Fotografie auf den Stapel. »Irene Schönhofer. Das muss Anfang der Achtziger gewesen sein. Ihrem Mann gehörte die Bäckerei gegenüber.« Albert nahm den anderen Stoß. »Diese Gesichter kommen mir bekannt vor. Einige waren vielleicht Sprechstundenhilfen. Ich müsste in den alten Unterlagen nachsehen, dann kann ich Ihnen vermutlich Namen und die damaligen Anschriften geben. Eilt das?«
    »Es wäre schön, wenn Sie das kurzfristig erledigen könnten.« Dühnfort verabschiedete sich. An der Tür bat er Albert um den Schlüssel zur Wohnung seines Vaters. Er hatte das Gefühl, sich dort noch einmal umsehen zu müssen. Das Auto ließ er in der Kaiserstraße stehen und ging den kurzen Weg zum Kurfürstenplatz zu Fuß.
    Die Luft in der Wohnung war abgestanden. Unten an der Haltestelle hielt quietschend eine Straßenbahn. Dühnfort ging in Heckeroths Arbeitszimmer und startete den PC. Der Computer war mit einem Passwort geschützt. In einer Schublade lag ein Adressbuch, das er herausnahm und durchblätterte. Grob geschätzt enthielt es über hundert Namen und Anschriften, sehr viele von Frauen. Er klappte das Büchlein zu und steckte es ein.
    In einer weiteren Schublade fand er eine mit venezianischem Papier bezogene Schachtel. Ein schwacher Duft von Parfum entströmte ihr, als er den Deckel abnahm. Der Karton war voller Kuverts. Weiße, hellblaue, flieder- und elfenbeinfarbene. Dühnfort zog eines heraus. Es enthielt zwei Briefe: den einer Frau, die mit
Auf immer

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