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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Frau hat ihn tatsächlich mit der Bratpfanne niedergestreckt. Bis zu unserem Eintreffen haben sie ihn an die Heizung gefesselt. Mit seinem eigenen Gürtel.«
    * * *
    Als er das Besprechungszimmer betrat, war Gina bereits da. Sie schloss das Fenster und musterte ihn besorgt, lächelte dann aber. »Willkommen unter den Lebenden. Ich hätte dich warnen sollen. Mein Vater mag dieses Zeug und legt einen missionarischen Eifer an den Tag, andere dazu zu bekehren. Tut mir leid.«
    »Ich hätte mich ja nicht bekehren lassen müssen … es war ein netter Abend.« Dühnfort schenkte sich Wasser aus einer der Flaschen auf dem Tisch ein. Alois und Meo betraten den Raum, grüßten und gingen in die Kaffee- Ecke, wo Alois seinen obligatorischen grünen Tee braute, während Meo sich Kaffee einschenkte. Einen Augenblick später schlurfte Buchholz hinter Ursula Weidenbach zur Tür herein, knallte seine Unterlagen auf den Tisch undließ sich auf den Stuhl fallen. Seine Glatze war blank. Frisch rasiert. Er sah mit finsterer Miene zu Dühnfort, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Sind das irgendwelche
vibrations,
die du spürst, oder woher weißt du das immer?« Mit diesem Satz hatte er sich die Aufmerksamkeit aller gesichert.
    »Bertram hat sich also nicht selbst erschossen.« Dühnfort legte seinen Stapel Mappen auf dem Tisch ab.
    Buchholz blickte zu Ursula Weidenbach. »Schaut so aus.«
    Stühle wurden gerückt, alle setzten sich. »Jetzt haben Sie mir aber die Show gestohlen.« Die Rechtsmedizinerin nahm neben Buchholz Platz. »Die letzten Ergebnisse habe ich vor zehn Minuten bekommen.« Sie holte einen Hefter aus der Aktentasche. »Bertram Heckeroth war bewusstlos, als
er sich erschoss.
Jemand hat ihm die Waffe in die Hand gelegt, sie geführt und abgedrückt. Der Blutalkoholwert liegt bei 0,7 Promille. Er hat also etwas getrunken, bevor er starb. Und dieses Getränk war mit Hydroxybuttersäure versetzt.«
    »Hydroxy was?« Meo kratzte an einem Pickel.
    »GHB, auch Liquid Ecstasy genannt«, antwortete Gina. »Eine Partydroge.«
    Ursula Weidenbach nickte. »Wir haben GHB im Blut nachgewiesen, und zwar in einer Konzentration, die mit Sicherheit zur Bewusstlosigkeit geführt hat. Ein Wunder, dass es bei dieser Menge nicht zu einem Atemstillstand gekommen ist.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Dühnfort.
    »Ursprünglich war GHB ein Narkosemittel. In Kombination mit Alkohol kann sich die atemdepressive Wirkung potenzieren, bis hin zum Atemstillstand.«
    »Wie kommt man daran? Rezeptfrei wird es das sichernicht geben und vermutlich nur in Klinikapotheken vorrätig sein.«
    »Im Pharmagroßhandel sicher auch«, meinte Alois.
    »Und beim Hersteller«, warf Gina ein.
    Ursula Weidenbach nahm die silbergefasste Brille von der Nase und legte sie vor sich auf den Tisch. »Ich finde die Wahl des Mittels ausgefallen. Einen dadurch verursachten Todesfall hatte ich noch nicht auf dem Tisch. Für gewöhnlich verwenden es Prostituierte, um Freier zu betäuben und auszurauben. In den Staaten gab es Vergewaltigungsfälle, bei denen die Opfer damit sediert wurden. Aber für einen Mord … In der Szene ist GHB ziemlich out, es ist zu unberechenbar. Die Junkies nehmen heute Fluis, also Flunitrazepam, einen lang wirkenden Tranquilizer.«
    »Aber in unserem Fall war es GHB. Wie kommt man da ran?«, fragte Dühnfort.
    Ursula Weidenbach setzte die Brille wieder auf. »Es gibt drei Möglichkeiten. GHB findet schon seit den sechziger Jahren wegen massiver Nebenwirkungen keine Anwendung mehr in der Anästhesie. Heute wird es zur Behandlung von Narkolepsie eingesetzt. Die Handelsformen heißen Xyrem und Somsanit. Beide sind rezeptpflichtig. Und Xyrem ist ziemlich teuer. Da kosten zweihundert Milliliter über vierhundert Euro. Möglichkeit zwei: Man geht in den Kunstpark Ost und sucht sich einen Dealer, der Liquid Ecstasy im Sortiment hat. Und am allereinfachsten ist es, wenn man sich ein Lösungsmittel besorgt. Das bekommt man im Handel für chemischen Bedarf. Damit kann man nicht nur Graffiti und Kleberückstände von Etiketten entfernen. Ein paar Tropfen im Drink reichen für eine Betäubung aus. Es gibt Lösungsmittel, die zu beinahe hundert Prozent GBLenthalten, und das wird im Körper zu GHB verwandelt. Der Geschmack wird als salzig bis seifig beschrieben und lässt sich nur durch Getränke mit starkem Eigengeschmack überdecken.«
    »Es war also in einem Drink. Vermutlich Whiskey. Als die Wirkung einsetzte, hatte Bertram da keine

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