In weißer Stille
gelegen und waren bis Sonntagmittag nicht wieder herausgekommen, bis Babs sich wirklich an den dritten Entwurf hatte setzen müssen. Den hatte sie aber erst jetzt am Montagmorgen, eine Stunde vor der Präsentation, fertiggestellt.
Babs war mit sich zufrieden. Sie schob die Entwürfe inHüllen der Präsentationsmappe, zog sich dann um und vergaß nicht, die neue Platinkette umzulegen.
Albert war am Morgen in die Praxis gegangen und würde heute sicher spät kommen. Eine ganze Woche war dort alles liegengeblieben. Nur eine Woche? Es erschien ihr, als sei viel mehr Zeit vergangen. So viel war geschehen.
Dass Bertram sich umgebracht hatte, konnte sie noch immer nicht fassen, und sie war dankbar dafür, dass ihre letzte Erinnerung an ihn positiv war. Er war freundlich gewesen und sogar höflich. Er hatte vom Grillnachmittag erzählt und dabei froh und erleichtert gewirkt. Sowohl über das angenehme Gespräch mit seinem Vater als auch über die Zustimmung, die er endlich einmal von ihm erhalten hatte.
Da hast du verdammt recht, Sohnemann.
Wenn dieser Satz tatsächlich gefallen war, dann hatte Bertram sich bestimmt Hoffnungen gemacht, von Wolfram doch noch das Geld zu erhalten, das er so dringend brauchte. Hatte er darauf gebaut, dass diese Woche Einsamkeit am See in seinem Vater einen Denkprozess in Gang setzen würde, an dessen Ende die erhoffte Hilfe stand? Und dann hatte er das Testament gefunden …
Wie sehr sie auch Gedanken wälzte, am Ende stand die Tatsache, dass Bertram sich erschossen hatte, weil niemand aus der Familie seine Verzweiflung erkannt hatte und niemand geglaubt hatte, dass er Ernst machen würde.
Babs seufzte, fuhr sich durch die Haare und griff nach der Mappe. Sie musste los.
Als sie zehn Minuten später im Verlagsgebäude aus dem Lift trat, waren ihre Gedanken auf die bevorstehende Präsentation gerichtet. Veronika Jäger ging mit ihr inden Konferenzraum. Dort warteten bereits die Graphikerin, die den Artikel layouten sollte, und Carsten Morgenroth. »Hallo, Barbara.« Er stand auf und reichte ihr die Hand. »Ich bin schon gespannt.«
Einen Moment lang hatte sie ein flaues Gefühl in der Magengegend. Doch es gab keinen Grund dafür. Ihre Entwürfe konnten sich sehen lassen. Sie legte die Mappe auf den Tisch, zog den Mantel aus und legte ihn über einen der Stühle. Dann straffte sie die Schultern und schlug die Mappe auf. »Aller guten Dinge sind drei«, begann sie und erläuterte der Reihe nach die Entwürfe.
Es war ihr sogar gelungen, eine Lösung mit einer freistehenden Badewanne zu finden. Aber am originellsten fand sie die preiswerteste Variante, in der sie auf ungewöhnliche Weise Stauraum geschaffen hatte. Das kleine Bad war über drei Meter hoch, und statt die Decke abzuhängen, hatte Babs Körbe aus Schilfgeflecht daruntergehängt, die man über eine Umlenkrolle mit Seilen herablassen konnte. »Für eine junge Frau mit wenig Geld ist das eine praktikable Lösung.«
»Das ist ja total witzig«, sagte Carsten Morgenroth. »So etwas kommt bei unseren Lesern gut an. Echt klasse, Barbara.«
Die Graphikerin nickte bestätigend und skizzierte mit schnellen Strichen die Heftseite auf einen Layoutblock. Veronika Jäger beugte sich über die Zeichnungen. »Die sind hübsch. Wir können sie gleich so verwenden. Was Sie machen und wie Sie es machen, gefällt mir saugut. Ich denke, das ist der Beginn einer langen Zusammenarbeit.«
Babs gelang es nicht, einen gelassenen Gesichtsausdruck zu bewahren. Sie strahlte, als hätte sie einen Design-Award gewonnen. Carsten Morgenroth zwinkerteihr zu. »Schade, dass du das Studium nicht fertig gemacht hast. Du warst eine der Besten. Andererseits könnten wir uns deine Arbeit sonst sicherlich nicht leisten.«
»Wer weiß? Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht.«
Carsten Morgenroth sah auf die Uhr. »Ich schlage vor, ihr besprecht noch den Aufbau der restlichen Seiten und dann gehen wir zum Italiener Mittag essen.«
* * *
Mit zwei Anrufen brachte Dühnfort in Erfahrung, dass Sabine Groß im Bezirkskrankenhaus Haar untergebracht war. Er wählte die Nummer des Krankenhauses und ließ sich mit der behandelnden Ärztin verbinden. Es meldete sich Dr. Emese Nagy. Er stellte sich vor und fragte, wann er Sabine Groß befragen könne.
»Heute nicht und sicher auch nicht morgen. Es wird Wochen dauern, bis wir sie stabilisiert haben. Und wenn sie so weit ist, dann halten Sie sich bitte im Hintergrund.« Emese Nagy rollte das
R
tief hinten in der Kehle. »Frau
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