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In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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erstickten, sie erstreckten sich über den Boden und türmten sich zu blutgesprenkelten Gebirgen auf. Ein schwerer, nahezu widerlicher Geruch hing in der Luft. »Ich hätte die Rosen hier zurückschneiden sollen«, sagte die Frau, als sie sich unter einem verschlungenen Bogen kleiner rosa Blüten hindurchduckten. »Aber wer macht sich schon die Mühe, jetzt, wo die Flut vor der Tür steht?«
    »Sind die von hier?« fragte der Bürokrat, erstaunt über die Blütenfülle. Wo er auch hinsah, überall waren Blüten.
    »Ach nein, das sind wilde Rosen von der Erde. Die ursprüngliche Besitzerin, eine Industrielle, hat sie am Straßenrand gepflanzt; sie gefielen ihr. Aber ohne natürliche Feinde sind sie ungehemmt gewuchert. Dieses Vorkommen erstreckt sich kilometerweit. Auf dem Piedmont wären sie ein Problem; hier werden sie einfach von der Flut weggespült.«
    Eine Zeitlang gingen sie schweigend weiter. »Sie sind eine Hexe«, stellte der Bürokrat fest.
    »Ach, hast du das auch schon gemerkt?« An seiner Seite glühte in der Nachtluft ihr spöttisches Lächeln. Ihre Zungenspitze berührte den Rand seines Ohrs, folgte sanft der Spirale bis ins Zentrum, zog sich wieder zurück. »Als ich hörte, daß du nach Gregorian suchst, beschloß ich, dich mir mal anzusehen. Als Kind habe ich mit Gregorian zusammen gelernt. Frag mich, was du wissen möchtest.« Sie gelangten zu einer Lichtung inmitten der Rosenbüsche und zu einer kleinen Hütte aus naturbelassenem Holz. »Da wären wir.«
    »Möchten Sie mir sagen, wo Gregorian sich aufhält?«
    »Das willst du doch gar nicht wissen.« Wieder dieses Lächeln, der unerschrockene Blick ihrer grünen Augen. »Nicht jetzt.«

    »Hier gibt es bestimmt Hunderte von Gucklöchern«, sagte er, während er unbeholfen den Rückenverschluß des Kostüms aufhakte. Knapp unterhalb von Undines flaumigem Nacken kam ein Streifen nacktes Fleisch zum Vorschein, der sich nach unten hin verbreiterte. Als er mit den Fingerspitzen über ihre blasse Haut streifte, erschauerte sie leicht. Auf dem Nachttisch unmittelbar unter dem sentimentalen Holo eines tanzenden Krishna brannte eine einzelne Wachsblume. Die Flamme schwankte und warf warme Schatten. »So. Das war der letzte.«
    Die Hexe drehte sich um, hob die Hände an ihre Schultern und streifte das Kleid ab, wobei sie große, eine Spur zu üppige Brüste mit aprikosenfarbenen Warzen enthüllte. Sie ließ das Gewand langsam sinken, über einen runden, weichen Bauch hinab, dessen Nabel in tiefem Dunkel schwamm. Ein Büschel Schamhaar kam zum Vorschein, und lachend hielt sie das Kleid so weit oben fest, daß man gerade nur den Ansatz ihrer Scham sah.
    »Oh, das Herz ist ein kleiner Vogel«, sang sie leise und schwankte im Takt der Musik, »ein Vogel in deiner Hand.«
    Diese Frau war eine Falle. Das fühlte der Bürokrat ganz deutlich. Gregorian hatte ihr die Haken unmittelbar unter der Haut eingepflanzt. Wenn er sie küßte, würden sich die Widerhaken in sein Fleisch bohren, zu tief und zu schmerzhaft, als daß er sie herausreißen könnte, und der Magier würde mit ihm spielen wie mit einem Fisch, würde ihn so lange ermüden, bis sein Kampfeswille gebrochen war und er auf den Grund seines Lebens sank und starb.
    »Und wenn du ihn nicht festhältst ...« Sie wartete.
    Eigentlich sollte er jetzt gehen. Er sollte auf der Stelle kehrtmachen und weglaufen.
    Statt dessen berührte er ganz sanft und staunend ihr Gesicht. Ihre Lippen näherten sich den seinen, und sie küßten sich innig. Das Kostüm fiel raschelnd zu Boden. Ihre Hände schlüpften unter sein Jackett, um ihm das Hemd auszuziehen. »Sei nicht so behutsam«, sagte sie.
    Sie taumelten zum Bett, und sie führte ihn in sich ein. Sie war bereits feucht und weit offen, schlüpfrig, warm und köstlich. Er berührte ihren weichen, empfänglichen Bauch, dann ihre Brüste. Sie hatte die Blüte ihrer Jugend überschritten und verharrte noch einen Moment vor dem langen Weg ins Alter, und gerade dies erregte ihn. Sie wird nie wieder so schön sein, dachte er, so reif, so voller Saft. Sie schlang die Beine um seine Hüften und schaukelte ihn wie ein Schiff in den Wellen, anfangs ganz sachte, dann immer stürmischer.
    Undine, ging es ihm durch den Sinn. Ysolt, Esme, Theodora - die Namen der Frauen hier erinnerten an getrocknete Blumen oder Herbstblätter.
    Eine Böe drückte die Flamme nach unten, dann richtete sie sich wieder auf. Undine küßte ihn leidenschaftlich aufs Gesicht, auf den Hals, auf die Augen.

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