Ina: Der Konflikt (German Edition)
leugneten die Tatsache, dass sich jetzt an diesem Platz, in diesem Moment alles veränderte. Alle hielten eine Fassade aufrecht, die durch ein einziges Wort zusammengebrochen wäre. Saira war die erste die sich verabschiedete. Sie umarmte Ina, Kilven, Ilean. Davut erhielt eine sehr lange und innige Umarmung. Dann warf sie sich ihr Gepäck über den Rücken und marschierte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Davut sah ihr lange hinterher. Dann drehte er sich zu Kilven, umarmte ihn kollegial, dann Ilean und noch Ina. Nicht einmal Davut konnte jetzt noch einen Scherz machen. Kein einziges Wort kam über seine Lippen. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und ging. Auch er drehte sich nicht um. Ilean verabschiedete sich von Kilven und entfernte sich einige Schritte. Ina und Kilven standen sich einige Sekunden gegenüber. Jetzt war es soweit. Ina hörte ihren eigenen Herzschlag, ihre Lippen zitterten, ihr ganzer Körper fing an zu zittern. Kilven sah traurig und verzweifelt in ihr Gesicht. Dann machte er einen Schritt auf sie zu und schloss sie in seine Arme. Sie bohrte ihre Hände in seine Jacke. Drückte sich fest an seinen Körper. Jetzt konnten sie einander nicht nah genug sein. Sein Herz raste, er atmete schwer. Er drückte sie fest an sich: „Ina – Ich – Wir hatten zuwenig Zeit.“ Sie brachte keinen Ton hinaus, umklammerte ihn fester mit ihren Armen. „Wartest du auf mich?“ Sie versuchte etwas zu sagen. Kilven löste seine Umarmung, legte seine Hände an ihren Kopf und zog ihn hoch, sodass er in ihre Augen sehen konnte: „Wartest du auf mich?“ Tränen standen in ihren Augen. „Und ich warte auf Dich. Du hast mein Wort“, er küsste ihre Lippenn, liess ihren Kopf los, packte seine Tasche, drehte sich um und lief los. Ihre Tränen flossen jetzt unkontrolliert. Ilean ging zu ihr und nahm sie in seine Arme. Er legte seine Hand auf ihren Kopf und stützte sein Kinn darauf ab. Seine andere Hand liess er auf ihrem Rücken ruhen. Er hätte jetzt nichts sagen können, das ihr auch nur ein Körnchen an Trost gespendet hätte. Also liess er sie weinen und hielt ihren zitternden Körper fest. Minuten vergingen, Ilean blieb geduldig stehen und ertrug die Tatsache, dass Ina mit ihren Tränen sein Hemd durchnässte. Langsam beruhigte sie sich. Hörte auf zu weinen und hielt sich einfach noch an ihm fest. „Besser?“ Fragte er nach langem ganz leise. Er hielt sie noch kurz in seinen Armen und legte danach seine Hände auf ihre Schultern, sah sie an und lächelte. „Sind also nur noch wir beide übrig Kleines. – Zeit sich zu betrinken.“
In einem nahegelegenen Park setzten sie sich mit einer Flasche Wein unter einen Baum. Ina blickte zu den leeren Kampfplätzen. Obwohl die Sonne schien und kein Wind blies, zitterte sie. „Ihr habt es also nicht geschafft Kleines?“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage. „Bei den heiligen Wäldern! Sogar Davut und Saira haben es fertig gebracht. Dann ist es also Kadir.“ Ina nahm einen Schluck Wein und beobachtete das Pärchen, das einige Schritte von ihnen entfernt im Rasen lag. Sie schien perplex zu sein. Irgendwie abwesend. Ilean fragte sich, ob er gegen eine Wand sprach. „Wie lange wird er weg sein?“ Ihre Stimme hatte keinen Klang, war einfach leer. „Das weißt du Kleines.“ Monate, vielleicht sogar mehr als ein Jahr. Ina war es bewusst und wollte sie es nicht glauben. Sie drehte sich, legte sich auf den Rücken und liess ihren Kopf auf Ilean’s Schoss sinken. Er lehnte sich an den Baum und fing an mit einer ihrer Haarsträhnen zu spielen. „Saira und Davut. Was habe ich verpasst?” Ilean lächelte: „Ich glaube im Kamina haben sie bemerkt was sie füreinander empfinden. Und seit dem Kamina haben sie ihr Bett wohl nicht mehr verlassen. – Sind ein hübsches Paar.“ Die beiden passten gut zusammen. Ein sehr hübsches Paar, das bereits wieder auseinander gerissen wurde. „Was haben wir falsch gemacht?“ Ilean’s Antwort auf die Frage kam schnell. Er war auf diese Frage vorbereitet: „Wieso meinst du etwas falsch gemacht zu haben? – Vielleicht ist Kilven einfach ein besserer Freund als Partner für dich“, er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Einen Geliebten findet man schnell. Zumindest schneller als einen Freund. Und eine Freundschaft die so tief geht wie eure, kann man durch fast nichts erschüttern. – Aber ein Garant für die Vernichtung dieser Freundschaft, ist eine fehlgeschlagene Affäre.“ Ina schloss ihre Augen und
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