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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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werde schon niemandem etwas verraten.«
    Kanhiro ergriff ihn bei den Schultern. »Das hier ist kein Spiel, Ken«, mahnte er ihn eindringlich. »Wenn die Gohari Wind von der Sache kriegen, ist unser Leben keinen Brim mehr wert. Du darfst dich auf keinen Fall verplaudern, egal mit wem du redest. Auch Seiichi gegenüber nicht. Und vor allem darfst du dir vor den Gohari nichts anmerken lassen. Du musst dich genauso verhalten wie sonst.«
    Kenjin riss sich los und presste die Lippen zusammen. »Das brauchst du mir nicht dreimal zu sagen«, zischte er. »Ich hab’s schon verstanden. Und ob du es glaubst oder nicht: Ich weiß, wann ich meinen Mund halten muss.« Er ließ sich neben seine Schwester auf die Bank fallen und starrte böse vor sich hin.
    Hilfesuchend tauschte Kanhiro einen Blick mit Ishira, die zwischenzeitlich ihr Knie verarztet hatte. Seine Freundin hob eine Hand und legte sie ihrem Bruder begütigend um die Schultern. »Hiro will uns doch alle nur schützen. Auch dich, Ken«, sagte sie ruhig. »Das hat nichts mit mangelndem Vertrauen zu tun oder damit, dass er dich nicht für erwachsen genug hält, sondern nur mit Vorsicht.«
    Er schob ihre Hand unwirsch von seinem Arm und hob abweisend das Kinn. »Ach ja?«
    Ishira seufzte ungehalten. Schweigend faltete sie den Stoff auseinander, den sie mitgebracht hatte, und breitete ihn auf ihren Knien aus. Es war eine Stickerei – mit Abstand das seltsamste Muster, das Kanhiro jemals gesehen hatte. »Wenn wir dir nicht zutrauen würden, dass du deinen Mund halten kannst, Ken, hätte Hiro dir auch jetzt nichts von seinen Plänen erzählt«, argumentierte sie vernünftig. »Und ich würde dir das hier nicht zeigen.«
    Widerstrebend beäugte Kenjin die Stickerei. »Was soll das denn sein?«
    Sie strich den Stoff glatt. »Das hier«, sagte sie feierlich, »ist eine Landkarte von Inagi. Die Gohari benutzen sie, um von einem Ort zum anderen zu reisen.«
    Ihr Bruder starrte das Stück Stoff ungläubig an. »Eine Abbildung Inagis? Dieser Wirrwarr aus Linien und Punkten?«
    Ishira lächelte entschuldigend. »Meine Stickkünste sind leider nicht die besten, aber ich habe mich bemüht, wenigstens die wichtigsten Teile so genau wie möglich zu kopieren, vor allem die größeren Minensiedlungen und die Hauptstraßen. Die Pläne der Gohari sind mit einem Pinsel gezeichnet und natürlich wesentlich detailreicher. Vielleicht findet ihr in einem der Forts einen richtigen Plan, aber bis dahin wird dieser hier hoffentlich seinen Zweck erfüllen.«
    Sie begann ihnen die Stickerei zu erläutern. Kenjin hörte endgültig auf zu schmollen und rückte dicht an sie heran, um besser zu sehen. Kanhiros Herz schlug vor Aufregung schneller. Er setzte sich auf Ishiras andere Seite und hörte ihr aufmerksam zu, während er den ‚Wirrwarr aus Linien und Punkten‘ studierte, dessen Bedeutung sich ihm Stück um Stück erschloss. Es war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Mit einem solchen Plan waren sie nicht nur in der Lage, die anderen Siedlungen zu finden, sie mussten sich Himmelsrichtungen und Entfernungen auch nicht mühsam einprägen. Und sie konnten ihr Vorgehen viel besser planen, wenn sie zu mehreren sehen konnten, wo genau sie sich befanden und wie ihre Umgebung beschaffen war. Er lächelte seine Freundin bewundernd an. »Diese Karte wird ihren Zweck ganz sicher erfüllen, Shira. Du bist einfach großartig.«
    Ihre Wangen röteten sich leicht. »Danke.«
    Kenjin stieß den Finger auf eine rote Markierung. »Wofür steht dieser Punkt?«
    »Das ist Soshime«, beantwortete Ishira seine Frage. Sie wies auf eine Stelle weiter rechts. »Hier im Osten liegt Inuyara, der Sitz des Statthalters, und das hier sind drei der größten Minensiedlungen:« – ihre Hand wanderte nach links – »Ebosagi, Noroko und Hakkon.«
    Kanhiro strich behutsam über die Stickerei. »Du sagtest, du hättest das hier kopiert. Wie bist du an die Originalkarte gekommen?«
    Das Lächeln seiner Freundin geriet etwas aus der Form. »Besser, du weißt es nicht«, wehrte sie ab.
    Umgehend wurde er ernst. Er ahnte, dass sie dafür ähnlich viel gewagt hatte wie heute Nacht. Schlechtes Gewissen grub sich in seinen Magen. »Bitte setz meinetwegen nicht zu viel aufs Spiel, Shira«, bat er sie. »Ich habe sonst keine ruhige Minute mehr.« Seine Hand fand ihre, die auf der Stickerei lag, und drückte sie fest. »Du hast mir schon mehr geholfen, als ich mir hätte träumen lassen. Versprich mir, dass du in Zukunft keine solchen

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