INAGI - Kristalladern
Stuhl schräg neben ihm fallen und winkte dem Mädchen. Ishiras Begleiter wartete, bis sie die Bestellung gebracht hatte, bevor er sein Anliegen vortrug. Der Anreshir hörte ihm höflich zu, aber ihm war anzumerken, dass er größeres Interesse an seinem alkoholischen Getränk hatte als an den Ausführungen des Bakouran. Ishira schenkte er lediglich einen beiläufigen Blick. Auch er schien ihrer Fähigkeit keine große Bedeutung beizumessen. Schließlich nickte er und versuchte dabei, ein Gähnen zu unterdrücken. Er vereinbarte mit dem Kiresh, sich früh vor dem Haus des Lagerkommandanten zu treffen und gemeinsam zum Vorplatz zu gehen, auf dem die Lotterie stattfinden würde. Ishira war erstaunt, dass der Hauer bereits am folgenden Tag ausgelost werden sollte. Offenbar waren sie gerade rechtzeitig angekommen.
Zurück in ihrem Zimmer ließ sie sich erlöst auf ihre Schlafstatt sinken, die aus einem gezimmerten Gestell und einer dicken, strohgefüllten Auflage bestand. Auch solche Betten kannte sie aus dem Haus des Heilens, doch sie hatte noch nie selbst in einem gelegen. Die Matratze erwies sich nach den kargen Nächten unter freiem Himmel als einladend bequem.
Obwohl es draußen bereits dunkel war, tauchte die seitlich über dem Bett angebrachte Kristalllaterne das Zimmer in gemütliches Licht. Nur in den Ecken hielten sich die Schatten. Auf der Straße lachte jemand. Als Ishira den Kopf wandte, glaubte sie für einen Moment, der Mond sei aufgegangen, bis sie erkannte, dass sich die Lampe in den Fensterscheiben spiegelte. Als sie das Fenster vorhin kurz geöffnet hatte, war sie mit den Fingern über die glatte, harte Oberfläche gefahren. Es hatte sich genauso angefühlt wie der Kristall. Nur die Struktur war anders, durchsichtiger.
Auf dem Weg zurück zum Bett streifte Ishira ihr Mihiri ab. Nachdem sie sich die Decke über die Beine gezogen hatte, streckte sie die Hand nach der Laterne aus und schloss das hölzerne Türchen. Als wäre mit dem Licht zugleich ihre Zuversicht erloschen, fürchtete sie sich auf einmal vor dem kommenden Tag. Mit offenen Augen starrte sie in die Dunkelheit. Was, wenn sie die Energie hier in Oshue trotz aller Beteuerungen Kanhiros und seines Vaters doch nicht spüren konnte? Oder wenn sich Shigen diesmal nicht so auffällig ankündigte? Oder zu spät? Wäre es nicht grausam, den Bergleuten Hoffnung zu machen und dem in sie gesetzten Vertrauen dann nicht gerecht zu werden? Und was würde man mit ihr machen? Würden die Gohari sie bestrafen, wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllte? Und die Inagiri? Es waren dieselben Fragen, die sie sich in den letzten Tagen schon hundertmal gestellt hatte. Und zum hundertsten Mal hatte sie keine Antwort darauf. Erschöpft rollte sie sich auf die Seite und schloss die Augen. Sie wollte über das alles nicht mehr nachdenken.
* * *
Kanhiro hatte seinen Vater zu einer Partie Ujibo überredet, nachdem Kenjin sie verlassen hatte. Seit Ishiras Aufbruch aß ihr Bruder nach der Arbeit gemeinsam mit ihnen zu Abend und ging anschließend zu sich nach Hause.
Es war für sie alle drei gar nicht so einfach gewesen, plötzlich auf sich selbst gestellt zu sein. Keiner von ihnen besaß besonderes Talent fürs Kochen und mehr als einmal war das Essen im Topf angebrannt. Aber Kanhiro war zuversichtlich, dass es mit einiger Übung schon werden würde. Dennoch sehnte er sich schon jetzt nach Ishiras Kochkünsten. Doch das war bei weitem nicht der einzige Grund, aus dem er seine Freundin vermisste.
Angestrengt starrte er auf das Spielbrett. Sein Vater hatte ihn ganz schön in die Enge getrieben. Er überlegte eine Weile und beschloss dann schweren Herzens, einen seiner verbliebenen Steine zu opfern, um sich aus der Klemme zu manövrieren.
Togawa lächelte anerkennend. »Du hast wirklich viel gelernt, mein Junge. Es wird immer schwieriger, dich zu schlagen.«
Kanhiro grinste. »Du warst eben ein guter Lehrer.«
Zudem hatte er in letzter Zeit öfter mit Tasuke gespielt, der ebenfalls einige raffinierte Taktiken auf Lager hatte. Kenjin und Seiichi hatten sich dagegen bisher nicht für Ujibo begeistern können und auch Ishira hatte kein großes Vergnügen daran gehabt. Einige Male hatte er versucht, ihr das Spiel beizubringen, aber obwohl sie sich Mühe gegeben hatte, hatte er gemerkt, dass sie es nur ihm zum Gefallen spielte, und so hatte er sie nicht weiter damit gequält.
Während sein Vater sich seinen nächsten Zug überlegte, wanderten Kanhiros Gedanken
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