INAGI - Kristalladern
zu empfangen – möglicherweise auch die der Amanori.«
Yaren bemühte sich, seine Aufregung nicht zu sehr durchscheinen zu lassen. »Und wie können wir das überprüfen?«
»Nur, indem Ishira noch einmal in einen Drachenangriff gerät«, erwiderte Mebilor. »Was ich ihr wirklich nicht wünsche, egal wie gern ich meine Theorie bestätigt finden würde.«
»Darf… darf ich Euch etwas fragen, Deiro?« kam es schüchtern von der Sklavin.
Der Heiler nickte lächelnd. »Sicher. Was möchtest du wissen?«
»Was treibt die Amanori aus den Bergen? Warum greifen sie die Menschen an?«
Ihr Gastgeber seufzte. »Wenn wir das wüssten, wären wir einen großen Schritt weiter.«
Über die Miene des Mädchens huschte eine Mischung aus Erstaunen und Enttäuschung. »Also kennt niemand den Grund für die Angriffe? Ich dachte… «
»…dass die Gohari etwas damit zu tun haben?« Mebilor schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass viele Inagiri uns die Schuld dafür geben, dass die Drachen so aggressiv geworden sind, aber ich versichere dir, dass dem nicht so ist.«
Die Sklavin schwieg – unsicher, ob sie seinen Worten Glauben schenken sollte. Wenn sie klug war, konnte sie sich denken, dass kein Gohari ihr die Wahrheit sagen würde, selbst wenn sein Volk für die Angriffe verantwortlich gewesen wäre, dachte Yaren im Stillen.
Rondar, der eine geraume Weile geschwiegen hatte, räusperte sich. »Ich verstehe deine Zweifel, Ishira«, sagte er sanft. »Aber was die Amanori angeht, tappen wir ebenso im Dunkeln wie die Inagiri. Im Grunde wissen wir über sie nicht das Geringste.«
Das Mädchen sah ihn forschend an und nickte schließlich. Yaren verzog geringschätzig den Mund. Sie musste ziemlich naiv sein, wenn sie sich so leicht überzeugen ließ, auch wenn Rondars Worte bedauerlicherweise den Tatsachen entsprachen. Selbst er, der gegen so viele dieser Ungeheuer gekämpft hatte, wusste gerade genug, um gegen sie zu bestehen.
Der Blick des Heilers ruhte noch immer auf dem Gesicht der Sklavin, doch er machte einen abwesenden Eindruck, als würde er über etwas nachdenken. Sein rechter Ringfinger malte kleine Kreise auf die Tischplatte. »Mich beschäftigt da noch eine andere Sache«, sagte er nach einer Weile. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, ob es noch weitere Inagiri mit einer ähnlichen Empfänglichkeit für die Energie gibt wie Rondars Schützling, von denen wir bisher nichts wissen, weil sie der Kristallader noch nie nahe genug gekommen sind.« Sein Finger verharrte, als hätte er einen Entschluss gefasst. »Ich werde an den Marenash schreiben und ihm vorschlagen, alle Bergleute testen zu lassen«, verkündete er einen Augenblick später. »Vielleicht finden sich auch in den anderen Hems Inagiri, die die Hauer vor einem Energieanstieg warnen können.«
Die Sklavin sah ihn überrascht an. In ihren Augen glomm etwas wie Dankbarkeit auf. Selbst Yaren musste Mebilors Hingabe anerkennen. Der alte Mann war wirklich Heiler durch und durch, dass er sich darum Gedanken machte, wie man das Leben der Sklaven besser schützen konnte und sich deswegen sogar an den Statthalter wenden wollte.
Ihr Gastgeber griff nach einem winzigen, mit süßen Pflaumen gefüllten Dampfkloß. »Aber genug der ernsten Reden«, wechselte er das Thema. »Eigentlich hatte ich für den Abend noch ein wenig Musik geplant, doch das einzige Mädchen im Fort, das Sihar spielt, hat sich unglücklicherweise den Finger gebrochen.«
»Diesem Mangel kann Abhilfe geschaffen werden«, meinte Rondar schmunzelnd. »Ishira spielt vorzüglich Rehime. Ein Saiteninstrument, das der Sihar ähnelt«, setzte er erläuternd hinzu.
»Tatsächlich?« Mebilor beugte sich erwartungsvoll vor. »Also, das trifft sich doch ausgezeichnet! Würdest du ein wenig für uns spielen, Kind?«
Die Sklavin erstarrte. »Wenn Ihr es wünscht, Deiro.«
Statt einer Antwort klatschte der Heiler in die Hände. Als sein Diener erschien, bat er ihn, das Mädchen zu ihrem Zimmer zu führen, damit sie ihr Musikinstrument holen konnte. Sobald die Beiden den Raum verlassen hatten, blickte er prüfend Yaren an. »Du solltest vielleicht besser zu Bett gehen, Yaren. Du siehst müde aus.«
Yaren überlegte, ob er den Rat seines Gastgebers befolgen sollte. Der Abend hatte ihn tatsächlich mehr angestrengt, als er zugeben wollte. Außerdem war ihm nicht nach Musik zumute. Larika hatte Sihar gespielt. Auf diese Weise mit der Vergangenheit konfrontiert zu werden, schmerzte zu sehr. Es wunderte ihn, dass
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