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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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wenn die Reise länger als einen Tag dauerte.
    Sobald die Zweige ein wenig heruntergebrannt waren, stellte Ishira den Topf ins Feuer. Während sie darauf wartete, dass das Wasser anfing zu kochen, schnitt sie Gemüse und rollte aus dem Asagi, der vom Vortag übrig war, faustgroße Bällchen, die sie später mit dem Gemüse füllen würde.
    »Ah, Aiyaki«, stellte Rondar, der ihr dabei zusah, zufrieden fest.
    Sie freute sich, dass er sich sogar den Namen des Gerichts gemerkt hatte. Und sie gestand sich ein, dass sie Aiyaki öfter zubereitete als andere Speisen, weil Rondar sie so gern mochte.
    »Köstlich«, lobte er nach dem Essen, während er sich gegen seinen Sattel zurücklehnte. »Der Mann, der dich einmal heiratet, kann sich glücklich schätzen«, fügte er scherzhaft hinzu.
    Hitze wallte in ihr auf – nicht wegen des Kompliments, sondern weil sie unwillkürlich an Kanhiro denken musste. Sie war diejenige, die sich glücklich schätzen durfte, von einem solchen Mann geliebt zu werden.
    Dem Bakouran war ihre Reaktion nicht entgangen. »Es gibt da also jemanden«, stellte er lächelnd fest.
    Ishira nickte unbestimmt. Sie wollte nicht über ihren Freund reden. Ihre Gefühle waren auch so genug in Aufruhr und sie hoffte, Rondar würde das Thema nicht weiter verfolgen. Er musterte sie wortlos. Unbehaglich senkte sie den Blick. Sein Schweigen dehnte sich aus, bis sie sich beklommen fragte, ob sie ihn durch ihre knappe Antwort verärgert hatte.
    »Du bist unglücklich, weil du von ihm getrennt bist, nicht wahr?« fragte er endlich leise. »Es fällt schwer, ohne die Menschen zu leben, die man liebt, das weiß ich nur zu gut.« In seiner Stimme lag echte Anteilnahme, aber auch eine unterschwellige Traurigkeit.
    Ishira zuckte schuldbewusst zusammen. Er musste glauben, sie hätte ihn so kurz abgefertigt, weil sie zornig war, dass sie ihren Freund so bald wieder hatte verlassen müssen. »Also vermisst auch Ihr jemanden, Deiro?«
    Jetzt war es an ihm, unbestimmt zu nicken. Ishira überlegte, ob sie ihn nach seiner Familie fragen sollte, aber etwas in seiner Miene hielt sie davon ab. Jeder hatte etwas, über das er nicht mit anderen sprechen wollte.
    Rondar griff hinter sich und holte aus seiner Satteltasche eine Lederhülle, der er ein zusammengefaltetes Blatt Pergament entnahm. »Ich habe hier etwas, dass dich auf andere Gedanken bringen wird«, sagte er geheimnisvoll.
    Gespannt sah sie zu, wie er das Papier auf seinem Schoß ausbreitete. Vor ihren Augen tat sich eine verwirrende Zeichnung aus verschiedenfarbigen Linien, Punkten und Symbolen auf. Was mochte es damit auf sich haben? Der Bakouran winkte ihr, neben ihn zu treten. Über seine Schulter spähte sie auf die merkwürdige Zeichnung.
    »Das ist eine Landkarte von Inagi«, erklärte er. »Mit solchen Karten orientieren wir uns im Gelände. Diese Karte hier verzeichnet alle Orte auf der Insel, alle Straßen und größeren Gewässer und zeigt, wo Berge und Wälder sind.«
    Ishiras Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. Sie hatte sich schon gefragt, wie Rondar sich so gut zurechtfand. Aber eine bildliche Darstellung Inagis? Begierig beugte sie sich vor. Wie konnte man mithilfe dieser Linien erkennen, wo man sich befand?
    Ihr Begleiter fuhr mit dem Finger über die Karte. »Die blauen gewundenen Linien stellen Flüsse dar. Die roten Linien markieren die Handelswege und Fernstraßen. Und siehst du die vielen Punkte? Das sind alles Ortschaften. Die schwarz umrandeten größeren Punkte kennzeichnen die Städte. Hier im südlichen Zipfel liegt Inuyara, der Sitz des Marenash. Wir befinden uns nordwestlich davon.« Er stieß den Finger auf eine bestimmte Stelle auf der Karte. »Etwa hier.«
    Ishira sah genau hin. Da war der Fluss, an dessen Ufer sie lagerten, und die feinen dreieckigen Gebilde mussten die Berge sein, an deren Fuße sie sich entlang bewegten. Fasziniert ließ sie ihren Finger über das raue, unregelmäßige Papier gleiten. Neben jedem Punkt, der eine Siedlung markierte, standen winzige Schriftzeichen – vermutlich die Namen der einzelnen Orte. Sie versuchte, die Punkte zu zählen, doch nach zwei Dutzend gab sie auf. Es waren einfach zu viele. Stattdessen studierte sie die umrandeten Orte. Außer Inuyara gab es noch zwei weitere Städte. Beide lagen an der Südküste.
    »Fantastisch«, flüsterte sie. Kanhiro würde alles dafür geben, eine solche Karte in die Hände zu bekommen. Aber wie sollte sie das anstellen? Es stand außer Frage, Rondars

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