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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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hatte er ihr eingeschärft. Jede Kleinigkeit kann irgendwann von entscheidender Bedeutung sein .
    Von nun an gab sie auf dem Weg zur jeweils nächsten Siedlung acht, wo sie zu den einzelnen Orten abbogen und wie lange sie dorthin unterwegs waren. Auch wenn sie zu Pferd schneller vorankamen als die Inagiri, die sich zu Fuß bewegen müssten, waren es immerhin Anhaltspunkte, mit deren Hilfe sich die Entfernung zwischen den Dörfern einschätzen ließ. In jedem Fort, in das sie kamen, ließ Ishira aufmerksam ihre Blicke schweifen. Sie studierte die Anordnung der Gebäude, die Befestigungsanlagen, musterte die Kireshi und ihre Waffen und prägte sich den Ablauf des Lagerlebens ein. Beim Essen im Gasthaus spitzte sie die Ohren und versuchte, die Gespräche der anderen Gäste zu belauschen. Doch sie merkte schon bald, dass sich ihre Aufgabe schwieriger gestaltete, als sie angenommen hatte. Solange sie sich nur in Rosho aufgehalten hatten, war die Anzahl der Orte überschaubar gewesen. In Korhan reihten sich dagegen am Fuße der Berge zahlreiche, zumeist kleinere Minensiedlungen aneinander: Yanoken, Iyama, Keshlen, Ittiyo. Es fiel Ishira zunehmend schwer, nur die Namen all der Siedlungen, in die ihr Weg sie führte, im Gedächtnis zu behalten, geschweige denn auch noch ihre Größe und Lage oder Besonderheiten der zugehörigen Forts. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, schreiben zu können.
    Während ihrer Gespräche am Lagerfeuer erfuhr sie von Rondar, dass es außer Rosho und Korhan noch drei weitere Hems gab: im Westen grenzte Lonak an ihre Heimat Rosho, östlich von Korhan lag Bukkor und daran schloss sich im Norden Batu an. Nach Aussage ihres Begleiters befanden sich die meisten Minen in den Bergen im Westen und Südwesten, während der Küstenstreifen und der Osten der Insel hauptsächlich als Farm- und Weideland genutzt wurden. Der nördliche Teil war dagegen nahezu unerforscht, da sich dort das Gebirge bis zur Küste erstreckte und offenbar das gesamte Gebiet von den Amanori beherrscht wurde.
    Abend für Abend saß Ishira da und rief sich ins Gedächtnis zurück, was sie tagsüber gesehen und gehört hatte. Doch sie wusste, dass es aller Anstrengungen zum Trotz ein aussichtsloses Unterfangen war, sich jede Einzelheit merken zu wollen.
    Durch die fächerförmigen Kronen der Bantans am Bachufer fielen die letzten Sonnenstrahlen auf ihr Gesicht und wärmten es. Vor zwei Tagen hatten sie Ittiyo verlassen und irgendwann morgen würden sie Sunaru erreichen. Das Murmeln des Wassers und das gleichförmige Trappeln der Hufe auf dem harten Boden der Straße machten Ishira schläfrig. Sie unterdrückte ein Gähnen. Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu und sie war müde und hungrig. Hoffentlich schlug Rondar bald das Lager für die Nacht auf.
    Als hätte der Bakouran ihre Gedanken gelesen, zügelte er seinen Braunen und hielt an. Er deutete schräg voraus auf eine Stelle, an der sich unter einem Bantan mit ausladenden Ästen ein dichter Grasteppich ausbreitete. Dahinter fiel das Gelände sanft zum sandigen Ufer ab. »Ich denke, dort drüben ist ein guter Platz zum Rasten«, sagte er über die Schulter. »Es gibt Wasser, die Pferde haben zu Fressen und die Stelle ist relativ geschützt.« Nach einem kurzen Blick zum Himmel, an dem sich nicht das kleinste Wölkchen zeigte, fügte er hinzu: »Obwohl es heute Nacht kaum regnen dürfte.«
    Er stieg von Bokans Rücken und sattelte ihn ab. Ishira folgte seinem Beispiel. Sobald die Pferde von ihrer Last befreit waren, trabten sie zum Ufer und tranken durstig. Ishira trug ihre Sachen zum Baum und ließ sie ins Gras fallen. Aus ihrer Satteltasche holte sie das Kochgeschirr und ging einige Schritte bachaufwärts, um den Topf mit frischem Wasser zu füllen. Inzwischen hatte Rondar trockene Zweige gesammelt und zu einem ordentlichen Haufen geschichtet. Ishira war froh, dass der Hemak auch diesmal wieder seinem Bakouran den Auftrag erteilt hatte, auf sie aufzupassen, und Rondar schien darüber ebenso froh zu sein wie sie selbst. Sie lächelte still, als sie sich daran erinnerte, wie sie am Anfang ihrer Bekanntschaft unterwegs nur Brot und Rauchfleisch gegessen hatten, bis Rondar sie irgendwann nach Mosuke gebeten hatte, einmal ein inagisches Gericht zu kochen. Sie war von dem Ansinnen überrascht gewesen und hatte nur zögernd eingewilligt. Was, wenn ihm das Essen nicht zugesagt hätte? Doch er war so angetan gewesen, dass sie seither mindestens an einem Abend kochen musste,

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