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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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sie an, und sein Lächeln war schief und unbeholfen. »Das ist in der Tat wahr. Ich dachte, ich sollte mich lieber persönlich hinunterbegeben.«
    Â»Warum?« Keiros Stimme war kalt.
    Der Sapient drehte sich um. »Ich verstehe nicht ganz…«
    Â»Warum habt Ihr Euch die Mühe gemacht? Um uns zu retten? Haben wir etwas, das Ihr haben wollt?«

    Gildas’ Miene verfinsterte sich. »Dies ist Keiro, Meister. Der, der keine Manieren hat.«
    Keiro schnaubte. »Erzähl mir nicht, er wüsste nichts von dem Schlüssel.« Er biss in seinen Apfel, und das Geräusch erschien unnatürlich laut in der Stille.
    Blaize wandte sich an Finn. »Und Ihr müsst der Sternenseher sein.«
    Der Blick, mit dem er ihn eindringlich musterte, machte Finn ganz nervös. »Mein Gelehrtenbruder hat mir berichtet, dass Sapphique Euch diesen Schlüssel geschickt hat und dass er Euch die Flucht ermöglichen wird. Er sagte auch, dass Ihr glaubt, Ihr kämet von außerhalb .«
    Â»In der Tat.«
    Â»Erinnert Ihr Euch daran?«
    Â»Nein. Ich … glaube es lediglich.«
    Einen Augenblick lang betrachtete der Mann ihn und kratzte dabei gedankenverloren an einer wunden Stelle auf seiner Wange. Dann sagte er: »Bedauerlicherweise muss ich Euch sagen, dass Ihr Euch irrt.«
    Gildas drehte sich erstaunt zu ihm um. Attia starrte ihn mit offenem Mund an.
    Aufgebracht fragte Finn: »Was soll das heißen?«
    Â»Das soll heißen, dass Ihr nicht von außerhalb kommt. Niemand ist je von draußen gekommen. Denn ihr müsst wissen: Es gibt gar kein Außerhalb .«
    Für kurze Zeit herrschte entsetztes Schweigen, von Ungläubigkeit erfüllt. Dann lachte Keiro leise und warf seinen abgeknabberten Apfelrest achtlos auf die Steinfliesen des Fußbodens. Er kam näher, holte den Schlüssel heraus und knallte ihn unter eine der Glaskugeln auf einen Tisch. »In Ordnung, weiser Mann. Wenn es kein Außerhalb gibt, wofür ist der dann gut?«
    Blaize streckte die Hand aus, griff nach dem Kristall und
betrachtete ihn ruhig und unbekümmert von allen Seiten. »Aaahh, ja, ich habe von solchen Gerätschaften gehört. Vielleicht haben die ersten Sapienti sie erfunden. Es gibt eine Legende, die besagt, dass Lord Calliston im Geheimen an einem solchen Gegenstand gearbeitet hat, aber er starb, ehe er ihn ausprobieren konnte. Dieses Ding macht den Benutzer unsichtbar für die Augen Incarcerons, und zweifellos hat es auch noch andere Fähigkeiten. Aber es kann Euch nicht nach außerhalb bringen.«
    Vorsichtig legte er den Kristall wieder auf den Tisch. Gildas blickte ihn durchdringend an. »Bruder, treibt keine Scherze mit uns! Wir wissen doch alle, dass Sapphique selbst …«
    Â»Wir wissen nichts von Sapphique, abgesehen von einem Haufen Sagen und Legenden. Diese Narren in der Stadt, deren Treiben ich mir nur zur Zerstreuung anschaue, erfinden jedes Jahr neue Geschichten über Sapphique.« Er verschränkte die Arme, und seine grauen Augen waren unbarmherzig. »Die Menschen lieben es, Geschichten zu ersinnen, Bruder. Sie lieben es zu träumen. Sie träumen, dass sich die Welt tief im Untergrund befindet und dass wir einen Weg hinaus entdecken können, wenn wir uns nur auf die Reise nach oben machen. Sie meinen, es gäbe eine Falltür, die hinaus in ein Land führt, wo der Himmel blau ist, der Boden Getreide und Honig gibt und wo man keinen Schmerz kennt. Oder dass es neun Kreise des Gefängnisses rings um das Zentrum gäbe und dass wir, wenn wir nur tief genug hinabsteigen würden, das Herz von Incarceron finden könnten, dem lebendigen Wesen, das dort haust, und dass wir dadurch in eine andere Welt gelangen würden.« Er schüttelte den Kopf. »Legenden. Sonst nichts.«
    Finn war schockiert. Er starrte Gildas an; der alte Mann schien erschüttert, dann platzte der Zorn aus ihm heraus. »Wie könnt Ihr so etwas sagen?«, fauchte er. »Ihr, ein Sapient? Als ich
sah, was Ihr seid, dachte ich, dass unser Kampf nun leichter werden würde, dass Ihr verstehen würdet …«
    Â»Das tue ich, glaubt mir.«
    Â»Wie könnt Ihr dann sagen, dass es kein Außerhalb gibt?«
    Â»Weil ich es mit eigenen Augen gesehen habe.«
    Seine Stimme war so düster und so schwer vor Verzweiflung, dass selbst Keiro aufhörte, auf und ab zu marschieren, und ihn stattdessen wortlos anstarrte. Attia, die

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