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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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neben Finn stand, zitterte. »Wie denn das?«, flüsterte sie.
    Der Sapient deutete auf eine der Kugeln: eine schwarze, leere Hülle. »Dort. Ich habe Jahre für dieses Experiment gebraucht, aber ich war entschlossen. Meine Sensoren durchdringen Metall und Haut, Knochen und Draht. Meile für Meile habe ich mir meinen Weg durch Incarceron gebahnt, durch die Hallen und Korridore, Seen und Flüsse. Wie Ihr, so habe auch ich geglaubt .« Er lachte heiser und biss auf die abgekauten Nägel seiner rechten Hand. »Und ja, in gewisser Weise habe ich ein Außerhalb gefunden.« Er drehte sich um, berührte ein Kontrollfeld, und eine der Kugeln leuchtete auf.
    Â»Dies hier habe ich gefunden.«
    Sie sahen ein Bild in der Dunkelheit. Eine Kugel innerhalb der Kugel, bestehend aus blauem Metall. Sie hing in der ewig währenden Finsternis des Raumes, einsam und schweigend.
    Â»Dies ist Incarceron.« Blaize deutete mit dem Finger darauf. »Und wir leben darin. Eine Welt. Künstlich geschaffen oder gewachsen  – wer weiß das schon? Aber sie ist ganz für sich in einer unendlichen Weite, in einem Vakuum. In nichts. Außerhalb gibt es nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Es tut mir leid. Ich will nicht die Träume Eures Lebens zerstören. Aber von hier geht es nirgends mehr weiter hinaus.«

    Â 
    Finn konnte nicht atmen. Es war, als ob ihm die trostlosen Worte das Leben ausgesaugt hätten. Er blickte wie gebannt auf die Kugel und merkte, dass Keiro nahe hinter ihn trat. Finn konnte die Wärme und Energie spüren, die von seinem Eidbruder ausging, und sie spendete ihm Trost. Aber es war Gildas, der sie alle überraschte.
    Er lachte. Ein schroffes, kehliges Lachen voller Verachtung. Mit gestrafften Schultern drehte er sich zu Blaize um und funkelte ihn an. »Und Ihr nennt Euch selbst einen Weisen! Ihr lasst Euch von der Boshaftigkeit des Gefängnisses zum Narren halten. Incarceron zeigt Euch Lügen, und Ihr glaubt sie, und Ihr lebt hier oben über den Menschen und verspottet sie. Ihr seid noch schlimmer als nur ein Tor.« Mit raschem Schritt war er bei dem größeren Mann; Finn lief ihm eilig hinterher, denn er kannte das Temperament des alten Mannes.
    Doch Gildas fuchtelte mit einem seiner knochigen Finger in der Luft herum, und seine Stimme war leise und hatte einen harten Unterton. »Wie könnt Ihr es wagen, dort zu stehen und mir meine Hoffnungen und den anderen ihre Lebenschancen zu nehmen? Wie könnt Ihr es wagen, mir zu sagen, Sapphique sei nur ein Traum und es gebe nichts als dieses Gefängnis?«
    Â»Weil es der Wahrheit entspricht«, sagte Blaize unbeeindruckt.
    Gildas schüttelte Finns Griff ab. »Lügner! Ihr seid gar kein Sapient. Und Ihr vergesst: Wir haben die Menschen außerhalb gesehen.«
    Â»Ja«, bekräftigte Attia. »Und wir haben mit ihnen gesprochen.«
    Blaize zögerte eine ganze Weile, dann fragte er: »Mit ihnen gesprochen?«
    Für einen Moment hatte es den Anschein, als sei seine Gewissheit erschüttert worden. Seine Stimme klang angespannt, als er fragte: »Mit wem habt Ihr gesprochen? Wer sind diese Menschen?«

    Alle Blicke wanderten zu Finn, und dieser berichtete: »Mit einem Mädchen namens Claudia. Und einem Mann. Sie nennt ihn Jared.«
    Eine Sekunde lang herrschte Stille. Dann tönte Keiro: »Und nun erklärt uns das!«
    Blaize drehte ihm den Rücken zu. Doch beinahe sofort wirbelte er wieder herum, und sein Gesicht sah ernst aus. »Mir ist nicht daran gelegen, Euch unglücklich zu machen. Aber Ihr habt ein Mädchen und einen Mann gesehen. Woher wollt Ihr wissen, wo sich die beiden befinden?«
    Finn antwortete: »Sie sind jedenfalls nicht hier drin.«
    Â»Ach, nein?« Blaize warf ihm einen kurzen Blick zu und neigte sein von Narben übersätes Gesicht. »Woher wollt Ihr das wissen? Habt Ihr noch nie daran gedacht, dass sie vielleicht ebenfalls in Incarceron sein könnten? In einem anderen Flügel vielleicht, auf einer weiteren Ebene, wo das Leben anders abläuft, ja, wo sie nicht einmal wissen, dass sie eingekerkert sind? Denkt doch mal nach, mein Junge. Dieses Streben nach Flucht wird zu einer Besessenheit, die Euer ganzes Leben verzehren wird. Ihr werdet Jahre mit hoffnungslosem Umherirren verbringen. Ihr werdet suchen, aber nie etwas finden. Ihr solltet stattdessen nach einem Ort Ausschau halten, an dem Ihr leben wollt, und

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