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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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anderen sein müssen. Finn würde niemals gerettet werden. Damit musste sie sich abfinden.
    Claudia stand auf, schluckte einen Anflug von Panik hinunter und ging zu ihrem Toilettentisch.
    Er war mit Blumen, kleinen Sträußchen aus Kräutern und Blüten, umwickelt mit Moos und Bändern, anderen Gebinden und üppigen Buketts beladen. Den ganzen Morgen schon trafen immer neue Blumen ein, sodass ihr Zimmer überwältigend und beinahe erstickend duftete. Hinter ihr auf dem Bett lag ihr weißes Kleid in seiner ganzen Pracht ausgebreitet. Claudia betrachtete sich selbst im Spiegel.
    In Ordnung. Sie würde Caspar heiraten und Königin werden. Wenn es ein Komplott gäbe, würde sie sich daran beteiligen. Wenn es dabei zu Blutvergießen käme, würde sie unter den Überlebenden sein. Sie würde herrschen. Niemand würde ihr jemals wieder sagen, was sie zu tun hätte.
    Claudia öffnete eine Schublade ihres Schminktischchens und nahm den Schlüssel heraus. Er funkelte, denn seine Kristallfacetten fingen das Sonnenlicht ein, und der Adler sah beeindruckend aus.
    Zuallererst würde sie Finn mitteilen müssen, dass eine Flucht unmöglich war. Dass ihre Verlobung gelöst war.
    Sie streckte die Hand aus, doch gerade als sie den Schlüssel berühren wollte, klopfte es an der Tür. Eilig, aber mit ruhiger Hand schob sie den Kristall in die Schublade zurück und griff nach einer Bürste. »Komm herein, Alys.«
    Die Tür öffnete sich. »Ich bin nicht Alys«, sagte ihr Vater.
    Er blieb im vergoldeten Türrahmen stehen, dunkel und elegant.

    Â»Darf ich hereinkommen?«
    Â»Ja«, sagte Claudia.
    Sein tiefschwarzer Samtmantel war neu. Im Knopfloch steckte eine weiße Rose, und seine Kniebundhose war aus Satin. Außerdem trug er Schuhe mit dezenten Schnallen, und sein Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, der von einem schwarzen Band zusammengehalten wurde.
    Mit geschmeidiger Bewegung warf der Hüter seine Rockschöße hoch und nahm Platz. »All dieser Putz ist so ungeheuer lästig. Aber man muss eben makellos aussehen an einem solchen Tag.« Er musterte Claudias schlichtes Kleid, zog seine Uhr heraus und öffnete sie, woraufhin sich das Sonnenlicht auf dem Silberwürfel brach, der an seiner Kette baumelte. »Dir bleiben nur noch zwei Stunden, Claudia. Du solltest dich jetzt besser umziehen.«
    Sie stützte ihren Ellbogen auf den Tisch. »Bist du gekommen, um mir das zu sagen?«
    Â»Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie stolz ich bin.« Seine grauen Augen suchten ihren Blick und blitzten intensiv und voller Eifer. »Heute ist der Tag, den ich schon seit Jahrzehnten geplant und vorbereitet habe. Damit habe ich schon lange, bevor du geboren wurdest, begonnen. Heute stoßen die Arlexi ins Herz der Macht vor. Nichts darf jetzt noch schiefgehen.« Er stand auf und ging zum Fenster, als ob seine Anspannung ihn am Stillsitzen hinderte. Dann lächelte er. »Ich gestehe, dass ich beim Gedanken daran keinen Schlaf gefunden habe.«
    Â»Da bist du nicht der Einzige.«
    Er musterte sie eindringlich. »Du brauchst keine Angst zu haben, Claudia. Alles ist arrangiert. Alles ist bereit.«
    Irgendetwas in seinem Ton ließ sie aufblicken. Einen Moment lang konnte sie hinter seine Maske sehen, und sie entdeckte einen Mann, der so von seinem Machthunger getrieben war, dass
er alles opfern würde, um ihn zu befriedigen. Und mit einem kalten Schaudern begriff sie, dass er nicht würde teilen wollen, weder mit der Königin noch mit Caspar. »Was heißt das: alles ?«
    Â»Nur, dass sich die Dinge zu deinen Gunsten entwickeln werden. Caspar ist nichts als ein Steigbügel.«
    Sie erhob sich. »Du weißt es, nicht wahr? Du hast von dem Mordplan erfahren … Von den Stahlwölfen. Bist du einer von ihnen?«
    Der Hüter durchquerte den Raum und packte seine Tochter so fest am Arm, dass sie keuchte. »Halt den Mund«, fuhr er sie an. Glaubst du vielleicht, dass es hier keine Abhörgeräte gibt?«
    Er führte sie zum Fenster und öffnete es. Lauten- und Trommelklänge wehten herein und mischten sich in die Rufe eines Befehlshabers der Wachen, welcher seinen Männern Anweisungen gab. Im Schutz des Lärms war John Arlex’ Stimme leise und rau. »Spiel einfach deine Rolle, Claudia. Das ist alles.«
    Â»Und die anderen werden getötet.« Sie riss sich los.
    Â»Was

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