Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
Vom Netzwerk:
Schlüssel nicht zurückgeben. Ich muss Finn befreien.«
    Jared erwiderte nichts. Der Kragen seines Umhangs war aufgestellt. »Das wird nicht möglich sein«, antwortete er tonlos.
    Â»Es muss einen Weg geben …«
    Â»Ach, Claudia.« Die Stimme ihres Lehrers war leise und verbittert. »Wie sollte das gehen?«
    Stimmen. Draußen lachte irgendjemand laut.
    Sofort sprang Claudia auf und blies die Lampen aus. Jared schien viel zu niedergeschlagen, um sich um irgendetwas zu kümmern. In der Dunkelheit warteten sie ab und lauschten den betrunkenen Rufen der Nachtschwärmer. Die schrägen Klänge einer laut und falsch geschmetterten Ballade wehten durch den Obstgarten. Claudia spürte, wie ihr Herz in der Stille so laut hämmerte, dass es beinahe schmerzte. Schwach waren die Elf-Uhr-Schläge der Glocken im Uhrenturm und in den Stallungen des Palastes zu hören. In nur einer Stunde würde Claudias Hochzeitstag anbrechen. Sie würde nicht aufgeben. Noch nicht.
    Â»Jetzt, wo wir über das Portal Bescheid wissen und auch darüber, was dort geschieht … könntest du es bedienen?«
    Â»Möglicherweise. Aber es gibt dann vielleicht keinen Weg zurück.«
    Â»Ich könnte es probieren«, sagte sie rasch. »Ich gehe hinein und suche nach Finn. Was hält mich denn noch hier? Ein Leben mit Caspar …«
    Â»Nein.« Jared setzte sich auf und sah ihr entschlossen ins Gesicht. »Du kannst dir nicht im Entferntesten vorstellen, was das da für ein Leben ist. Eine Hölle der Gewalt und der Brutalität. Und hier … Wenn die Hochzeit nicht stattfindet, werden die
Stahlwölfe sofort zuschlagen. Es wird ein entsetzliches Blutbad geben.« Jared griff nach Claudias Händen. »Ich hoffe, ich habe dir beigebracht, stets den Tatsachen ins Auge zu sehen.«
    Â»Meister…«
    Â»Du wirst heiraten müssen. Das ist alles, was jetzt noch bleibt. Es gibt keinen Weg zurück für Giles .«
    Sie wollte sich losreißen, aber er hinderte sie daran. Sie hatte nicht gewusst, dass er so kräftig war. »Giles ist für uns verloren. Sogar dann, wenn er noch am Leben ist.«
    Claudia ließ die Arme sinken und drückte niedergeschlagen Jareds Hände.
    Â»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, flüsterte sie.
    Â»Natürlich. Du bist tapfer.«
    Â»Und ich werde ganz alleine sein. Sie schicken dich weg.«
    Seine Finger waren ganz kalt. »Ich habe es dir doch schon gesagt. Du musst noch so viel lernen.« In der Dunkelheit lächelte er sein seltenes Lächeln.
    Â»Ich werde nirgendwohin gehen, Claudia.«
    Â 
    Sie schafften es nicht. Das Schiff ließ sich einfach nicht auf Kurs halten, obwohl sie alle mit vereinten Kräften am Steuerrad zerrten. Die Segel hingen in Fetzen herunter, die Takelage war zerstört, die Reling zerschmettert. Das Schiff gierte und schlingerte, der Anker schwang hin und her, und der Bug hielt mal auf das Quadrat zu, dann drehte er wieder ab, stieg zu hoch oder senkte sich zu weit ab.
    Â»Es ist unmöglich«, knurrte Keiro.
    Â»Nein.« Gildas wirkte beinahe aufgedreht. »Wir können es schaffen. Nicht nachlassen.« Er packte das Rad und starrte weiter nach vorne.
    Plötzlich sackte das Schiff ab. Die Scheinwerfer fielen auf die quadratische Öffnung. Als sie näher kamen, sah Finn, dass
das Metall ringsum mit einer seltsamen Schleimschicht bedeckt war, die an die Oberfläche einer Seifenblase erinnerte. Durchscheinende Regenbögen schimmerten darauf.
    Â»Riesenschnecken«, murmelte Keiro. Selbst jetzt noch konnte er Scherze machen, dachte Finn.
    Näher, noch näher. Nun war das Schiff so weit herangekommen, dass sie sein Spiegelbild im größer gewordenen und verzerrten Licht der reflektierten Scheinwerfer sehen konnten. So unmittelbar vor der Öffnung waren sie, dass der Bugspriet den Schleimfilm berührte, eindrückte und ihn schließlich durchstieß. Plötzlich platzte die Schicht und verschwand mit einem schwachen Puffen, das einen Schwall süßlicher Luft zu ihnen trieb.
    Langsam, langsam, immer im Kampf gegen den Aufwind, schob sich das Schiff in den dunklen Würfel hinein. Das Schaukeln ließ nach. Riesige Schatten überlagerten die Lichter der Scheinwerfer.
    Finn starrte in das schwarze Quadrat hinein. Als es ihn verschluckte, spürte er, wie winzig er war. Er war eine Ameise, die in eine Stoffspalte gekrabbelt

Weitere Kostenlose Bücher