Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
Vom Netzwerk:
sieben … drei Junge. Ein ganzes Rudel. So hieß das doch, oder? »Sie können nicht echt sein«, murmelte sie.
    Hinter ihr seufzte Jared. »Doch, das sind sie.«
    Löwen. Lebendig, herumstolzierend. Einer brüllte, andere dösten auf einer Graslichtung. Einige Bäume. Ein See, in dem Wasservögel wateten.
    Claudia richtete sich auf, starrte das Mikroskop an, sah dann noch einmal hindurch. Eines der Jungen stupste ein anderes an.
Gemeinsam rollten sie herum und kämpften miteinander. Eine Löwin gähnte und legte sich mit ausgestreckten Pfoten flach auf den Boden.
    Claudia drehte sich herum. Im Lampenschein, in dem die Motten sich tummelten, suchte und fand sie Jareds Blick. Einen Moment lang gab es nichts mehr zu sagen. Es war nur noch Platz für Gedanken, die sie sich nicht zu denken traute, für Schlussfolgerungen, die zu entsetzlich waren, als dass Claudia sie zu ziehen wagte.
    Endlich brachte sie hervor: »Wie klein sind sie?«
    Â»Unvorstellbar winzig.« Jared knabberte an der Spitze einer seiner langen Haarsträhnen. »Sie sind auf ein Millionstel Nanometer verkleinert … Kleiner geht es fast nicht mehr.«
    Â»Sie können doch nicht … Wie bleiben sie denn …?«
    Â»Es ist eine Schwerkraftbox. Sie stellt sich selbst ein. Ich dachte, diese Technik wäre verloren gegangen. Auf diesem Metallsplitter scheint es einen ganzen Zoo zu geben. Da sind Elefanten, Zebras …« Er brach ab und schüttelte seinen Kopf. »Vielleicht war es ein Prototyp, und man hat die Technik erst mal bei Tieren ausprobiert. Wer weiß?«
    Â»Dann bedeutet das also…« Claudia hatte Mühe, die Worte auszusprechen, »dass Incarceron …«
    Â»Wir haben nach einem großen Gebäude gesucht oder nach einem unterirdischen Labyrinth. Einer Welt.« Jared starrte vor sich in die Dunkelheit. »Wie blind wir gewesen sind, Claudia! In der Bibliothek der Akademie gibt es Aufzeichnungen, die andeuten, dass solche Dinge  – transdimensionale Veränderungen  – einst möglich waren. Aber dieses gesamte Wissen ist im Krieg verloren gegangen. Das dachte man jedenfalls.«
    Claudia stand auf; sie konnte nicht länger still sitzen. Die Vorstellung von Löwen, die winziger als die Atome ihrer Haut waren, war zu unglaublich für sie. Und das Gras, auf dem die
Tiere lagen, war sogar noch kleiner, ebenso die winzigen Ameisen, die sie mit ihren Pfoten zertrampelten, und die Flöhe auf ihrer Haut. Und was Finn anging …
    Ohne es zu merken, trat sie auf Brennnesseln. Dann zwang sie sich zu den Worten:
    Â»Incarceron ist also klitzeklein?«
    Â»Ich fürchte, so ist es.«
    Â»Das Portal…«
    Â»Dort findet der Eintrittsprozess statt. Jedes Atom des Körpers bricht zusammen.« Er schaute sie an, und Claudia bemerkte, wie krank er aussah. »Verstehst du? Sie haben ein Gefängnis geschaffen, in das sie alles stecken konnten, was ihnen Angst machte, und sie haben es so weit verkleinert, dass der Hüter es auf seiner Handfläche tragen könnte. Was für eine Lösung für die Probleme eines überfüllten Systems! Und es erklärt so vieles. Die Raumanomalie. Und vielleicht gibt es auch eine winzige Zeitverschiebung.«
    Claudia ging zurück zum Mikroskop und beobachtete die Löwen, die sich räkelten und spielten. »Dann ist das also der Grund, warum niemand wieder rauskommt.« Sie sah auf. »Ist der Prozess unumkehrbar, Meister?«
    Â»Woher soll ich das wissen? Ohne dass ich weitere Untersuchungen …« Er brach mitten im Satz ab. »Ist dir klar, dass wir das Portal, das Tor des Übergangs, bereits gesehen haben? Im Arbeitszimmer deines Vaters gab es einen Stuhl.«
    Claudia lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch. »Das Licht. Die Spalten in der Decke.«
    Es war beängstigend. Claudia konnte es nicht aushalten stillzustehen, und sie begann, auf und ab zu laufen und nachzugrübeln. Dann sagte sie: »Es gibt da noch etwas, das ich dir erzählen muss. Er weiß es. Er weiß, dass wir den Schlüssel haben.«
    Claudia schaute Jared nicht an, als sie ihm vom Zorn ihres
Vaters und seinen Forderungen berichtete, denn sie wollte die Angst in den Augen ihres Lehrers nicht sehen. Als sie mit ihrem Bericht fertig war, hockte sie sich im Schein der Lampe neben ihn. Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Ich werde den

Weitere Kostenlose Bücher