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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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andere Welt. Er ist jetzt nicht mehr derselbe. Ich habe ihn verändert.«
    Claudia starrte hinauf in die Dunkelheit. »Nein.«
    Â»O doch. Dein Vater hatte recht. Um hier zu überleben, steigen die Menschen hinab in die tiefsten Tiefen ihres Seins. Sie werden zu Tieren, denen alles egal ist und die die Schmerzen der anderen nicht sehen. Finn hat gestohlen, vielleicht sogar getötet. Wie kann so ein Mann auf einen Thron zurückkehren und über andere herrschen? Wie soll ihm jemals wieder jemand vertrauen? Die Sapienti waren weise, aber sie haben ein System erschaffen, aus dem es kein Entkommen geben kann, Claudia. Und es gibt keine Vergebung in ihm.«
    Die Stimme Incarcerons jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie wollte nicht zuhören, und sie wollte sich nicht von den überzeugend klingenden Zweifeln beeinflussen lassen.
    Stattdessen aktivierte sie den Schlüssel, bog in den niedrigen Gang ein und begann zu rennen.
    Ihre Schuhe schlitterten auf dem Unrat, der den Boden überzog, auf Knochen und Stroh und einer toten Kreatur, die schon
so verwest war, dass sie vollends zerfiel, als Claudia versuchte, darüber hinwegzuspringen.
    Â»Claudia! Wo bist du?«
    Die Stimme war überall um sie herum, vor ihr und unter ihr.
    Â»Bleib stehen. Bitte. Oder ich muss dich aufhalten.«
    Sie antwortete nicht. Als sie sich unter einem gewölbten Durchgang hindurchduckte, stand sie plötzlich vor drei voneinander abzweigenden Gängen. Der Schlüssel war jetzt so heiß, dass er ihr beinahe die Hand versengte. Sie bog in den ganz linken Tunnel ein und rannte an Zellentüren vorbei, die offen standen.
    Das Gefängnis grollte. Durch den Boden liefen Schauer wie Wellen, und er hob sich unter ihr wie ein Teppich. Sie keuchte vor Schreck, als sie in die Luft geschleudert wurde, und schrie auf, als sie wieder landete. Eins ihrer Beine blutete, doch sie rappelte sich auf und rannte weiter, denn das Gefängnis konnte sich nicht sicher sein, wo sie war, nicht, solange sie den Schlüssel bei sich hatte.
    Die Welt schwankte. Sie neigte sich von einer Seite auf die andere. Dunkelheit schloss sich um Claudia, die Wände sonderten giftig riechende Dämpfe ab, und Fledermäuse umschwirrten sie in Schwärmen. Sie wollte nicht schreien. Sie krallte sich an das Wandgestein und zog sich selbst vorwärts, sogar dann noch, als sich der Gang hob und zu einem Hügel wurde, einem steilen, schlüpfrigen Hang. Und all das Geröll, das im Korridor herumlag, kam ihr entgegengerutscht.
    Und dann, als sie gerade loslassen und sich mitreißen lassen wollte, hörte sie Stimmen.
    Â 
    Keiro bewegte seine Finger. Sein Gesicht war feuerrot, und er wich Finns Blick aus. Es war Gildas, der die Stille brach. »Dann bin ich also die ganze Zeit mit einem Halbmenschen herumgereist.«

    Keiro ignorierte ihn und schaute Finn an, der ihn fragte: »Wie lange weißt du es schon?«
    Â»Mein ganzes Leben lang.« Die Stimme seines Eidbruders war kaum zu hören.
    Â»Aber ausgerechnet du. Von allen hast du sie doch am meisten gehasst, sie verachtet …«
    Keiro schüttelte aufgebracht seinen Kopf. »Ja. Natürlich. Ich hasse sie. Ich habe mehr Grund, sie zu hassen, als du. Siehst du denn nicht, dass ich mich zu Tode fürchte vor ihnen?« Er warf Attia einen Blick zu, dann schrie er dem Gefängnis entgegen: »Und du! Ich schwöre dir, wenn ich jemals dein Herz finde, dann reiße ich es in Stücke!«
    Finn wusste nicht mehr, was er denken und fühlen sollte. Keiro war so perfekt, und er war all das, was er selber je hatte sein wollen. Gut aussehend, kühn, ohne jeden Makel, lebendig und mit ebenjenem schwungvollen Selbstvertrauen gesegnet, um das er ihn immer so beneidet hatte. Er hatte sich niemals vor irgendetwas zu Tode gefürchtet.
    Â»Alle meine Söhne denken so«, sagte Incarceron höhnisch.
    Keiro ließ sich gegen die Wand sinken. In ihm schien ein Feuer erloschen zu sein. Er erklärte: »Es macht mir Angst, weil ich nicht weiß, wie viel von mir natürlich ist.« Er hob die Hand und krümmte einen Finger. »Er sieht echt aus, oder? Niemand kann einen Unterschied erkennen. Und woher soll ich wissen, ob nicht noch mehr von mir, tief in mir drin, so gemacht ist? Meine Organe, mein Herz? Woher soll ich es wissen?« Es lag eine solch tiefe Qual in dieser Frage, als hätte Keiro sie sich im Stillen schon Millionen Male

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