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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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gestellt, als ob sich hinter der vorgespielten Tapferkeit und der Arroganz eine namenlose Angst versteckte, die er niemals jemandem gezeigt hatte.
    Finn schaute sich um: »Das Gefängnis könnte es dir sagen.«
    Â»Nein. Ich will es nicht wissen.«

    Â»Für mich spielt es keine Rolle.« Finn ignorierte Gildas’ Schnauben und schaute zu Attia.
    Leise sagte diese: »Dann haben wir also alle unsere Makel. Selbst du. Das tut mir leid.«
    Â»Besten Dank.« Keiro klang verächtlich. »Das Mitleid eines Hunde-Mädchens und eines Sternensehers. Da fühle ich mich ja gleich viel besser.«
    Â»Wir wollen doch nur …«
    Â»Spar dir dein Mitgefühl. Ich brauche es nicht.« Er wischte Finns ausgestreckte Hand beiseite und richtete sich auf. »Und glaub ja nicht, dass mich das verändert. Ich bin immer noch ich selber.«
    Gildas humpelte vorbei. »Nun, von mir brauchst du kein Mitleid zu erwarten. Lasst uns weitergehen.«
    Keiro starrte auf seinen Rücken, und sein Blick war so aufgebracht, dass Finn sich schon einmischen wollte. Doch gerade, als sein Eidbruder das Schwert vom Boden aufhob und einen Schritt hinter dem Sapienten her machte, erzitterte und bebte das Gefängnis.
    Finn suchte an der Wand Halt.
    Als die Welt schließlich wieder stillstand, war alles voller Staub, der wie dichter Nebel im Gang hing, und in Finns Ohren fiepte es laut. Gildas stöhnte voller Schmerzen. Attia kletterte zu Finn; durch die Schwaden hindurch deutete sie auf etwas: »Was ist das, Finn?«
    Â 
    Einen Moment lang hatte er keine Ahnung. Dann erkannte er, dass dort ein Gesicht war. Ein Gesicht, das seltsam sauber schien, mit leuchtenden, klugen Augen, umgeben von einem Gewirr aus eilig zusammengebundenen Haaren. Dieses Antlitz starrte ihn aus den Nebeln der Vergangenheit heraus an, über die winzigen Flammen an den Kerzen auf einem Kuchen hinweg, während
er sich vorbeugte, um sie alle mit einem einzigen, mächtigen Pusten zu löschen.
    Â»Bist du das?«, flüsterte das Mädchen.
    Er nickte schweigend und wusste, dass er Claudia wiedergetroffen hatte.

32
    Man wird uns dafür danken. Energie wird nicht für überflüssige
Maschinen verschwendet. Wir werden lernen, einfach zu leben,
unbehelligt von Eifersüchteleien und Wünschen. Unsere Seelen
werden so friedlich sein wie ein Meer, das keine Gezeiten kennt.
    DAS DEKRET VON KÖNIG ENDOR
    Â 
    Â 
    N ach zwei Stunden kamen die Soldaten.
    Jared hatte sie erwartet; er hatte in dem totenstillen Raum auf seinem harten Bett gelegen und dem Lärm im Palast gelauscht, der durch das kleine, geöffnete Fenster zu ihm hereingeweht wurde. Er hatte die galoppierenden Pferde dort unten gehört, die Kutschen, eilige Schritte und Rufe. Es war, als hätte Claudia einen Stock in einen Ameisenhaufen gesteckt, und nun waren alle in aufgescheuchter Panik: Ihre Königin war verletzt, der Friede dahin.
    Die Königin. Als Jared sich mit steifen Gliedern aufsetzte und den Männern erwartungsvoll entgegenblickte, hoffte er, dass er sich nicht dem Zorn der Königin würde aussetzen müssen.
    Â»Meister.« Der Dienstbote in seiner Livree schien verlegen. »Würdet Ihr uns bitte begleiten, Sir?«
    Immer wieder das Protokoll. Es schützte sie alle davor, sich der Wahrheit stellen zu müssen. Als man Jared die Treppe hinunterführte, schlossen sich die Wachen ihnen unauffällig an. Ihre
Hellebarden hielten sie aufrecht wie Zepter. Jared hatte bereits alle denkbaren Gefühlsregungen durchlaufen. Angst, Tobsucht und Verzweiflung. Nun war nur noch eine Art dumpfer Resignation übrig. Was auch immer der Hüter ihm antun würde, er würde es über sich ergehen lassen. Claudia brauchte Zeit.
    Zu seiner Überraschung führte man ihn an den Staatsräumen vorbei, wo sich besorgte Abgesandte stritten und Boten hinein- und wieder herausstürmten. Stattdessen brachte man ihn in einen kleinen Raum im Ostflügel. Als man ihm mit einem Wink bedeutete einzutreten, sah er, dass es sich um eines der privaten Wohnzimmer der Königin handelte. Das Zimmer war vollgestopft mit zierlichen, goldenen Möbelstücken; auf dem Kaminsims stand eine Uhr, die mit Engeln und einfältig lächelnden Schäferinnen üppig verziert war.
    Nur der Hüter war anwesend.
    Er saß nicht an einem Schreibtisch, sondern stand mit dem Gesicht zur Tür und erwartete Jared bereits. Zwei Sessel

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