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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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alles anzubieten, was er begehrte. Finn hatte das schon zu oft gesehen, und es widerte ihn an.
    Â»Sie sollen den Kristall mit dem Lösegeld bringen.«
    Â»Ich will nicht, dass sie das tun müssen. Ich will, dass du mich wieder dorthin zurückbringst, wo du mich heute vor dem Einschluss gefunden hast. Sobald wir dort sind…«
    Â»Das kann ich nicht.« Hinter ihm scheuchte das Schrillen der Signalglocke einen Schwarm der staubigen Tauben auf, die in dem Unterschlupf hausten, und sie flatterten hinaus ins Dunkel. »Sie würden mir bei lebendigem Leib die Haut abziehen.«
    Â»Dein Problem!« Sie lächelte bitter. »Ich bin mir sicher, du kannst dir eine Geschichte einfallen lassen. Darin bist du gut.«
    Â»Alles, was ich dir erzählt habe, ist wahr.« Plötzlich war ihm nichts in der Welt wichtiger, als dass sie ihm Glauben schenkte.
    Sie kam mit ihrem Gesicht ganz nahe an seines heran, und ihre Augen blickten zornig. »Wie das Märchen vom schlimmen Schicksal, das du mir während des Hinterhalts aufgetischt hast?«
    Finn starrte zurück. Dann schlug er den Blick nieder. »Ich kann dich nicht einfach befreien. Aber ich schwöre, wenn du mir diesen Kristall bringst, dann werde ich dafür sorgen, dass du wohlbehalten heimkehren kannst.«
    Â 
    Einen Moment lang herrschte eisiges Schweigen. Die Maestra drehte ihm den Rücken zu und schlang die Arme um den Körper. Er wusste, dass sie kurz davor war, ihm von dem Kristall zu berichten. Als sie anfing, war ihre Stimme grimmig.
    Â»Also gut. Vor einer Weile brachen meine Leute in einen verlassenen Gang ein. Er war von innen zugemauert worden, vielleicht schon vor Jahrhunderten. Die Luft war abgestanden. Als wir uns durch die Öffnung hineinzwängten, fanden wir Kleidungsreste vor, zum größten Teil bereits zu Staub zerfallen, einigen Schmuck und das Skelett eines Mannes.«

    Â»Und weiter?« Finn wartete gespannt darauf, dass sie fortfuhr.
    Sie sah ihn von der Seite an. »In seiner Hand hielt das Skelett ein kleines, zylindrisches Artefakt aus Kristall oder vielleicht auch aus schwerem Glas. Im Innern befand sich das Hologramm eines Adlers mit geöffneten Schwingen. In einer Klaue hielt er eine Kugel. Und in seinem Nacken saß eine Krone wie bei deinem Mal.«
    Einen Augenblick lang brachte Finn kein Wort heraus. Ehe er Luft holen konnte, fügte sie hinzu: »Du musst mir schwören, dass du für meine Sicherheit sorgen wirst.«
    Er wollte nach ihrer Hand greifen und auf der Stelle mit ihr davonlaufen, zurück zum Schacht, hinaufklettern und sie zum Transitweg bringen. Doch stattdessen antwortete er: »Sie müssen das Lösegeld zahlen. Im Augenblick kann ich nichts tun. Wenn wir zu fliehen versuchten, dann würden wir beide getötet werden. Und Keiro ebenfalls.«
    Die Maestra nickte müde. »Mein Gewicht in Schätzen aufzuwiegen wird uns alles kosten, was wir besitzen.«
    Er schluckte. »Dann schwöre ich dir  – bei meinem Leben und dem von Keiro  –, dass dir kein Leid geschehen wird, wenn dein Lösegeld bezahlt wird. Ich werde dafür sorgen, dass der Austausch ehrbar verläuft. Das ist alles, was ich tun kann.«
    Die Maestra richtete sich mühsam auf: »Auch wenn du einst ein Zellgeborener warst«, zischte sie, »so bist du doch rasch zum Abschaum geworden. Und du bist ebenso sehr ein Gefangener hier wie ich.«
    Ohne auf seine Antwort zu warten, drehte sie sich um und rauschte zurück in den Unterschlupf. Langsam fuhr sich Finn mit der Hand über den Nacken und fühlte den kalten Schweiß. Er spürte, dass sein ganzer Körper angespannt war, und zwang sich zum Ausatmen. Dann erstarrte er.

    Â 
    Eine schwarze Gestalt saß zehn Stufen weiter unten auf der dunklen Treppe gegen das Geländer gelehnt.
    Finn runzelte die Stirn. »Vertraust du mir nicht?«
    Â»Du bist ein Kind, Finn. Ein Unschuldiger.« Nachdenklich drehte Keiro eine goldene Münze zwischen den Fingern. Dann sagte er: »Schwöre niemals wieder auf mein Leben.«
    Â»Ich wollte nicht …«
    Â»Du wolltest nicht?« Mit einer raschen Bewegung war sein Eidbruder aufgesprungen, hastete die Treppe hinauf, blieb kurz vor Finn stehen und sah ihm geradewegs ins Gesicht. »Nun gut. Aber denk immer daran. Du und ich sind durch den Schwur verbunden. Wenn Jormanric herausfindet, dass du ihn in irgendeiner Weise hintergehst,

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