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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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dann enden wir beide als die Letzten in der hübschen Sammlung seiner kleinen Ringe. Und ich habe nicht vor zu sterben, Finn. Außerdem schuldest du mir was. Ich habe dich in diesen Kriegerbund gebracht, als dein Kopf leer war und du verrückt vor Angst warst.« Er zuckte mit den Schultern. »Manchmal frage ich mich, warum ich mir die Mühe gemacht habe.«
    Finn schluckte. »Du hast dir die Mühe gemacht, weil niemand sonst mit deinem Stolz, deiner Arroganz und deiner Durchtriebenheit zurechtkommen würde. Du hast dir die Mühe gemacht, weil du gesehen hast, dass ich ebenso verwegen bin wie du. Und wenn du dich auf einen Kampf mit Jormanric einlässt, dann wirst du mich in deinem Rücken brauchen.«
    Keiro hob unheilvoll eine Augenbraue: »Was bringt dich auf den Gedanken…«
    Â»Eines Tages wirst du es tun. Vielleicht schon bald. Also hilf du mir in dieser Sache, Bruder, und ich werde dich unterstützen.« Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Bitte. Es bedeutet mir viel.«
    Â»Du bist besessen von der törichten Idee, dass du von außerhalb kommst.«

    Â»Ich glaube nicht, dass die Idee töricht ist.«
    Â»Du und dieser Sapient. Da haben sich zwei Narren gefunden.« Als er keine Antwort bekam, lachte Keiro heiser. »Du wurdest in Incarceron geboren, Finn. Finde dich damit ab. Niemand kommt von außen herein. Niemand kann fliehen. Wir sind alle hier geboren, und wir werden alle hier sterben. Deine Mutter hat dich verlassen, und du kannst dich nicht mehr an sie erinnern. Diese Vogeltätowierung ist nur ein Stammeszeichen. Vergiss es.«
    Das würde er nicht. Das konnte er nicht. Störrisch sagte er: »Ich bin nicht hier geboren worden. Ich kann mich nicht darin erinnern, Kind gewesen zu sein, aber einst war ich es. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie ich hierhergekommen bin, aber ich wuchs nicht in einer künstlichen Gebärmutter mit Drähten und Chemie heran. Und dies…«, er streckte sein Handgelenk aus, »wird es beweisen.«
    Keiro zuckte mit den Schultern. »Manchmal glaube ich, du bist immer noch verrückt.«
    Â 
    Finn runzelte die Stirn. Dann stieg er die Treppe hinauf.
    Als er oben angekommen war, musste er einen Schritt über etwas hinweg machen, das dort in der Dunkelheit zusammengekauert lag. Es sah aus wie Jormanrics Hundesklave, der sich gegen das Ende seiner Kette stemmte, um an eine Schüssel mit Wasser zu gelangen, die irgendein Scherzbold so weit fort hingestellt hatte, dass er sie eben nicht mehr erreichen konnte. Mit dem Fuß schob Finn die Schüssel näher und setzte seinen Weg fort.
    Die Kette des Sklaven klirrte.
    Durch das Gewirr seiner Haare hindurch beobachteten seine kleinen Augen, wie Finn davonging.

6
    Es war von Anfang an entschieden worden, dass das Wissen
darum, wo sich Incarceron befindet, nur dem Hüter alleine
zustehen sollte. Alle Verbrecher, Unerwünschte, politische
Extremisten, Verkommene und Geisteskranke wurden dort
hingeschafft. Das Tor wurde vor dem Beginn des Experimentes
versiegelt. Alles entscheidend war, dass nichts die feine Balance
des Programms von Incarceron stören sollte. Das Gefängnis
selbst würde für alles Sorge tragen: Ausbildung, ausgewogene
Kost, körperliche Ertüchtigung, seelisches Wohlergehen und
sinnvolle Arbeit. Ein Paradies wurde erschaffen.
    Â 
    Hundertfünfzig Jahre sind seitdem vergangen. Der Hüter berichtet, dass die Fortschritte, die erzielt werden, hervorragend seien.
    DIE ARCHIVE DES HOFES 4302/6
    Â 
    Â 
    D as war wirklich köstlich!« Lord Evian wischte sich mit einer weißen Serviette über die wulstigen Lippen. »Ihr müsst mir unbedingt dieses Rezept zukommen lassen, meine Liebe.«
    Claudia hörte auf, mit den Fingernägeln aufs Tischtuch zu trommeln, und lächelte strahlend. »Ich werde dafür sorgen, dass jemand eine Kopie für Euch anfertigt.«
    Ihr Vater beobachtete sie vom Kopfende des Tisches aus. Die Krümel seines kargen Frühstücks, bestehend aus zwei trockenen
Brötchen, waren fein säuberlich am Rand seines Tellers zu einem kleinen Haufen zusammengeschoben. Wie Claudia hatte auch er sein Mahl bereits vor einer halben Stunde beendet, doch seine Ungeduld war hinter einer Maske eiserner Selbstkontrolle verborgen  – falls er denn überhaupt ungeduldig war. Nicht einmal dies wusste Claudia mit Bestimmtheit.
    Schließlich sagte er: »Seine

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