Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
Vom Netzwerk:
Höhe.
    Im gleichen Augenblick schrie Attia auf und warf sich zur Seite; Gildas fluchte. Ein Netz löste sich wie das Gewebe einer Spinne. Alle Enden waren mit Gewichten beschwert. Es krachte auf Finn herunter und drückte ihn durch die Wucht des freien Falls flach auf den Boden. Staub wirbelte auf, und Fledermäuse stiegen kreischend in die Höhe. Einen Augenblick lang verschlug es Finn den Atem, dann merkte er, dass Gildas neben ihm kämpfte und sich immer weiter verstrickte und dass sie beide sich heillos in schweren Seilen verfangen hatten, die mit klebrigem Harz bestrichen worden zu sein schienen.
    Â»Finn!« Attia kniete neben ihm nieder und riss am Netz; doch ihre Hand drohte festzukleben, und hastig zog sie sie wieder weg.
    Keiro hatte sein Schwert gezückt; er stieß Attia zur Seite und hieb auf die Seile ein, aber sie waren mit Tauen aus Metall verflochten, und seine Klinge rutschte immer wieder ab, ohne Schaden angerichtet zu haben. Zur gleichen Zeit heulte in der Ruine ein schriller Alarm los; der Ton war hoch und klang winselnd.
    Â»Verschwende nicht deine Zeit!«, murmelte Gildas. Dann fauchte er: »Verschwinde von hier.«
    Keiro starrte Finn an und antwortete dem Sapienten: »Ich werde meinen Bruder nicht zurücklassen.«
    Finn kämpfte und versuchte, sich aufzurappeln, aber er schaffte es nicht. Für einen kurzen Moment kehrte das albtraumhafte Gefühl zurück, angekettet vor dem Wagen der Civitates zu liegen; dann stieß er keuchend aus: »Tu, was er sagt.«
    Â»Wir müssen dich doch irgendwie aus diesem Ding befreien
können.« Keiro blickte sich ziellos nach allen Seiten um. »Wir bräuchten irgendeine Art Hebel.«
    Attia griff sich kurzerhand eine metallene Querstrebe von der Ruinenwand, doch sie zerfiel in ihren Händen in rostige Einzelteile, die das Mädchen mit einem frustrierten Aufschrei wieder zur Seite warf.
    Keiro riss unentwegt an dem Netz. Die dunkle Schmiere schwärzte seine Hände und seinen Mantel; er fluchte, aber er zog weiter, und Finn drückte von unten. Doch schon nach wenigen Sekunden ließen ihre Kräfte nach, und so kapitulierten sie vor dem Gewicht des Netzes.
    Keiro hockte sich daneben hin. »Ich werde nach dir suchen und dich retten, Finn. Gib mir den Schlüssel.«
    Â»Was?«
    Â»Gib ihn mir. Oder sie werden ihn bei dir entdecken und ihn dir wegnehmen.«
    Finns Finger schlossen sich um den warmen Kristall. Gildas warf ihm einen alarmierten Blick durch das Netz hindurch zu und sagte beschwörend: »Finn, nicht. Wir werden ihn nie wiedersehen.«
    Â»Halt den Mund, alter Mann.« Wutentbrannt wirbelte Keiro herum.
    Â»Gib ihn mir, Finn. Jetzt gleich.«
    Draußen waren Stimmen zu hören. Näher kommende Hunde bellten.
    Finn nestelte mühsam an seinem Hemd, um den Schlüssel hervorzuziehen, dann zwängte er den Kristall durch die Maschen hindurch. Keiro griff danach und nahm ihn an sich, wobei seine Finger Öl auf den vollkommenen Adler schmierten. Er schob ihn unter seinen Mantel, dann riss er sich einen von Jormanrics Ringen vom Finger und steckte ihn Finn an. »Einen für dich. Zwei für mich.«

    Der Alarm stoppte.
    Keiro wich zurück und sah sich um, doch Attia war bereits verschwunden. »Ich werde dich finden, ich verspreche es dir.«
    Finn bewegte sich nicht. Aber als Keiro mit der dunklen Nacht des Gefängnisses verschmolz, grub Finn die Finger in die Maschen des Netzes und flüsterte ihm verzweifelt hinterher: »Es klappt nur bei mir. Sapphique spricht nur mit mir.«
    Ob Keiro ihn noch gehört hatte, sollte er nicht erfahren. Denn in diesem Augenblick wurden die Türen aufgestoßen, Lichter brannten in seinen Augen, und Hundemäuler mit riesigen Zähnen knurrten und schnappten nach ihm.
    Â 
    Entsetzt sah Jared Claudia an. »Claudia, das ist Wahnsinn …«
    Â»Aber das könnte er sein. Es könnte Giles sein. Sicher, er sieht anders aus. Dünner. Ausgezehrter. Älter. Aber er könnte es auf jeden Fall sein. Das richtige Alter, die richtige Statur. Die richtigen Haare.« Sie lächelte. »Und die Augen stimmen auch.«
    Ruhelos lief sie durch den Raum. Sie wollte nicht sagen, wie sehr sie der Zustand des Jungen abgestoßen hatte, denn sie wusste, dass das Misslingen des Incarceron-Experiments ein schlimmer Schlag für die Sapienti wäre, der ihnen allen schwer zu schaffen machen würde.

Weitere Kostenlose Bücher