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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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Schuppen besetzten Ratten, die sich wie überall rasend schnell vermehrten, und verschwanden in Spalten und Eingängen.
    An jeder Straßenecke, über Torbögen und Fenstern, entdeckte Finn Bilder von Sapphique: ein Sapphique, der seine rechte Hand ausstreckte und zeigte, dass ihm ein Finger fehlte. In der linken Hand hielt er etwas, das Finn als einen silbernen Kristallschlüssel erkannte, und es versetzte ihm einen Stich.

    Â»Siehst du das?«
    Â»Ja.« Gildas ließ sich atemlos auf eine Stufe sinken, während einer ihrer Bewacher in der Menge verschwand. »Man bereitet offenbar eine Art Fest vor. Vielleicht zu Ehren von Sapphique.«
    Â»Diese Richterinnen …«
    Â»Ãœberlass das Reden mir.« Gildas straffte die Schultern und versuchte, seinen Umhang zu richten. »Sag kein Wort. Sobald sie wissen, wer ich bin, werden wir entlassen werden, und dann ist dieser ganze Spuk vorbei. Auf einen Sapienten wird man hören.«
    Finns Miene war düster. »Das will ich hoffen.«
    Â»Was hast du in der Ruine noch gesehen? Was hat Sapphique sonst noch gesagt?«
    Â»Nichts.« Finn fielen keine Ausreden mehr ein. Seine Arme schmerzten von den Fesseln. Die Furcht stahl sich wie ein steter, eisiger Tropfen in seine Gedanken.
    Â»Nicht, dass wir den Schlüssel je wiedersehen werden«, sagte Gildas bitter. »Oder diesen Lügner Keiro.«
    Â»Ich vertraue ihm«, stieß Finn zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Â»Dann bist du ein noch größerer Dummkopf, als ich befürchtet hatte.«
    Â 
    Die Männer kehrten zurück. Sie schleiften die Gefangenen zu einer Seite, stießen sie vor sich her durch einen Durchgang in der Mauer und eine breite, schlecht erleuchtete Treppe empor, die nach links abbog. Oben machten sie vor einer großen Holztür halt. Im Licht der beiden Laternen rechts und links davon sah Finn ein riesiges Auge, das tief in das schwarze Holz geschnitzt worden war; das Auge starrte ihn an, und einen kurzen Moment lang glaubte er, dass es ihn betrachtete und dass es das Auge von Incarceron war, das ihn schon sein ganzes Leben lang neugierig beobachtet hatte.

    Einer der Kranich-Männer donnerte mit den Fäusten gegen die Tür, die daraufhin geöffnet wurde. Man führte Finn und Gildas hinein, zu beiden Seiten von je einem Mann flankiert.
    Der Raum, falls es denn ein Raum war, war stockfinster.
    Finn blieb wie angewurzelt stehen. Er atmete schwer und hörte Echos und ein seltsames Rascheln. Seine Sinne warnten ihn vor einer großen Leere, die sich vor seinen Füßen oder vielleicht auch seitlich davon auftat. Der bloße Gedanke daran, einen weiteren Schritt zu tun, machte ihm entsetzliche Angst, und er fürchtete, jeden Augenblick in eine unbekannte Tiefe zu stürzen. Eine schwache Erinnerung stieg in ihm auf, eine Ahnung von einem lichtlosen Ort, an dem es nicht genügend Luft gegeben hatte. Er straffte die Schultern und wusste, er würde wachsam sein müssen.
    Plötzlich hörte er aus nicht allzu großer Entfernung eine Stimme.
    Â»Wir alle hier sind Straftäter, nicht wahr?«
    Es war eine tiefe, ruhige, deutlich artikulierte Frage, und er hatte keine Ahnung, ob der Sprecher männlich oder weiblich war.
    Gildas antwortete sofort: »Das stimmt nicht. Ich bin kein Straftäter, genauso wenig wie meine Vorfahren. Ich bin Gildas Sapiens, Sohn von Amos, Sohn von Gildas, der Incarceron am Tag der Schließung betreten hat.«
    Schweigen. Dann: »Ich hatte geglaubt, keiner von Euch sei mehr übrig.«
    Dieselbe Stimme. Oder doch nicht? Sie schien von etwas weiter links gekommen zu sein. Finn starrte in diese Richtung, sah jedoch nichts.
    Â»Weder ich noch der Junge haben Euch bestohlen«, sagte Gildas erbost. »Ein anderer unserer Begleiter hat das Tier getötet. Es war ein Fehler, aber …«

    Â»Schweigt.«
    Finn sog rasch die Luft zwischen den Zähnen ein. Die dritte Stimme, die sich nicht von den ersten beiden unterschieden hatte, war von rechts gekommen. Sie mussten zu dritt sein.
    Auch Gildas holte verärgert Luft. In seinem Schweigen schwang sein ganzer Zorn mit.
    Die Stimme in der Mitte wiederholte bedächtig: »Wir alle hier sind Straftäter. Wir alle sind schuldig. Selbst Sapphique, dem die Flucht gelang, musste Incarceron gegenüber seine Schuld begleichen. Und auch Ihr werdet mit Eurem Fleisch bezahlen. Ihr beide werdet das.«
    Vielleicht

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