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Incognita

Incognita

Titel: Incognita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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für den Erfolg der Expedition lastete. Enttäuschung und Verbitterung standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie waren voller Erwartungen aus Quito losgezogen, um Gold und Zimt zu entdecken, doch mittlerweile schien ihnen klar geworden zu sein, dass sie die Herausforderungen der Reise unterschätzt hatten.
    »Wir sind seit zwölf Wochen unterwegs!«, begann Pizarro mit seiner Ansprache. Er trug wie die anderen Spanier Helm und Brustharnisch. Nur seine eleganten Beinlinge und das aus edlem Stoff gefertigte Hemd mit den bunten Puffärmeln hoben ihn vom Rest der Truppe ab – beides war mittlerweile jedoch so verdreckt, dass der Unterschied kaum mehr ins Gewicht fiel. Sein schwarzer Vollbart und der finstere Blick verliehen ihm heute nicht nur seine übliche autoritäre Strenge, sondern etwas geradezu Bedrohliches. »Zwölf Wochen voller Mühen, Entbehrungen und Schicksalsschläge. Zuerst die Erdbeben in den Bergen. Dann der Abstieg mit seinen gefährlichen Steilhängen. Und schließlich dieser Nebelwald, der nicht nur Fieber und andere Krankheiten mit sich bringt, sondern auch voller wilder Tiere ist. Die traurige Zwischenbilanz bis zum heutigen Tag lautet: Wir haben bereits über 400 Tote zu beklagen. Um genau zu sein, 22 spanische Soldaten und 385 Träger.«
    John zuckte innerlich zusammen. Dass der Zug bereits derart dezimiert worden war, hatte er nicht gewusst. Wie auch? Er hatte nur Bruchstücke der Reise mitbekommen, und bislang hatte niemand mit ihm über die herben Verluste gesprochen. Über 400 Tote!
    »Unsere Essensvorräte schmelzen außerdem schneller dahin, als wir geplant hatten, weil die Lebensmittel bei diesem unsäglichen Klima rasch verderben«, fuhr Pizarro fort. »Und obwohl wir gut vorankommen, liegt vermutlich noch ein großes Wegstück vor uns, denn bislang ist weder Eldorado noch La Canela in Sicht.« Er spuckte die Worte beinahe aus, was deutlich machte, wie sehr ihn die bisherige Erfolglosigkeit der Expedition grämte. »Um Kräfte zu schonen, haben mein Cousin und ich beschlossen, uns zu trennen. Francisco wird mit dem Großteil des Trosses hierbleiben und ein paar Tage rasten. Ich selbst werde mit einem Stoßtrupp die Umgebung erkunden, um festzustellen, in welcher Richtung die größten Aussichten bestehen, endlich das gelobte Land zu entdecken. Freiwillige vor! Wer ist Manns genug, sich an meiner Seite weiter in den Schlund dieser grünen Hölle vorzuwagen?«
    »Ich, Herr!« Jorge La Roqua, der neben Pizarro stand, sprach mit stolzgeschwellter Brust. »Es wäre mir eine Ehre!«
    Es sah aus wie ein billiges Schauspiel und war garantiert abgesprochen, um den anderen ein Beispiel zu geben. Doch keiner meldete sich. Entweder schien den Soldaten die Aussicht auf eine mehrtägige Pause zu verlockend, oder sie scheuten das Risiko, sich in einer kleinen Gruppe durch den Dschungel zu schlagen.
    Auch John hielt sich zurück. Erstens wurde der Stoßtrupp von Gonzalo Pizarro und Jorge La Roqua angeführt, also von zweien seiner Widersacher – da war Francisco de Orellana gewiss das kleinere Übel. Und zweitens stand dem Stoßtrupp eine wahrhaftige Tragödie bevor, das hatte John vor Jahren in Gaspar de Carvajals Tagebuchaufzeichnungen gelesen. Aus irgendeinem Grund war er sicher, dass der Dominikaner sich in diesem Punkt an die Fakten gehalten hatte. Leider.
    Pizarros beharrliches Schweigen lastete schwer. Sein frostiger Blick wanderte durch die Reihen und schien jeden einzelnen unnachgiebig zu durchbohren. »Was seid ihr nur für Männer?«, bellte er schließlich. »Sagte ich Männer? Pah! Feiglinge! Memmen und Waschweiber seid ihr! Eine Schande für die spanische Krone!« Er wandte sich an Jorge La Roqua, sprach aber so laut weiter, dass jeder es hören konnte. »Sucht Euch dreißig Soldaten aus, Hauptmann. Außerdem einige Indios als Führer und Träger. Eine Handvoll Bluthunde nehmen wir ebenfalls mit. Und Bruder Carvajal. Ein Geistlicher kann bei unserer Mission nicht schaden. Trefft alle Vorbereitungen, sodass wir noch im Lauf des Nachmittags losziehen können. Ihr, Francisco«, – er drehte sich energisch zu Orellana – »sorgt dafür, dass hier ein Lager aufgeschlagen wird. Lasst es rund um die Uhr gut bewachen, ich will nicht, dass sich solche Vorfälle wie letzte Nacht wiederholen. In unserer Situation können wir uns keine unnötigen Verluste leisten, selbst wenn es sich nur um einen verweichlichten Haufen wie diesen handelt!«
    Die spanischen Soldaten schienen von Pizarros Worten

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