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Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln

Titel: Indiana Jones und das Geheimnis der Osterinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer Katastrophe enden konnte.
    Aber vielleicht würde sie ja gerade deshalb funktionieren.
    Sandstein erwartete ihn nicht in ihrer »Bibliothek«, sondern in dem barbarischen Thronsaal, in dem er ihr das erste Mal begegnet war. Eine Anzahl ihrer Krieger umringte sie, gewaltige, breitschultrige Gestalten, die die kleinwüchsige Lady fast um das Doppelte überragten, einige sogar, obwohl sie vor ihr knieten. Indiana konnte nicht genau erkennen, was sie taten, aber es schien sich um eine Art Zeremonie zu handeln, denn er hörte einen monotonen, an- und abschwellenden Singsang, dessen Rhythmus etwas ungemein Beunruhigendes und Düsteres hatte. Das flackernde rote Licht einer Fackel verlieh der Szenerie zusätzlich etwas gleichermaßen Unwirkliches wie Alptraumhaftes. Sandstein trug auch jetzt wieder einen prachtvollen Mantel aus Federn, der ihre Gestalt von Kopf bis Fuß verhüllte, aber er war nicht bunt, sondern von blutroter Farbe. Indianas Schritte wurden unwillkürlich langsamer, als er sich der Gruppe näherte. Hätten es seine Bewacher zugelassen, wäre er stehengeblieben.
    Als Sandstein seine Anwesenheit bemerkte, hielt sie in ihrem Singsang inne, und auch die Polynesier verstummten nach und nach. Etwas von der unheimlichen Atmosphäre der Szene schien zu verschwinden, als die düsteren Töne verstummten.
    Etwas, nicht alles.
    »Fräulein Adele!« sagte Indiana mit erzwungener Fröhlichkeit. »Schön, Sie –«
    Ein Blitzen in Sandsteins Augen hielt ihn ab, weiterzusprechen. Sandstein starrte ihn durchdringend an, und erst jetzt wurde Indiana klar, daß der Ursprung des flackernden roten Lichtes gar keine Fackel war.
    Es war der rote Kristall. Er lag in einer flachen, steinernen Schale, die Sandstein in beiden Händen hielt, und wieder fiel Indiana auf, wie sehr sein Flackern dem Schlagen eines Herzens ähnelte.
    Adele Sandsteins Herzens.
    An ihrem mageren, faltigen Hals pulsierte eine Ader. Und sie pochte im gleichen Rhythmus, in dem das rote Licht heller und dunkler wurde. War sie es, die diesem Stein seinen Takt aufzwang – oder waren es die dunklen, mystischen Mächte des Kristalls, die längst Gewalt über die Person erlangt hatten, die einmal Adele Sandstein gewesen war?
    Indiana fürchtete sich fast vor der Antwort auf diese Frage, aber dann blickte er noch einmal in ihre Augen, und er wußte im selben Moment, daß er nicht mehr Adele Sandstein gegenüberstand, sondern der Mi-Pao-Lo, der düsteren, unsterblichen Göttin der Vogelmenschen. In diesem Punkt hatte die Prophe-zeiung gelogen. Sie hatte nicht erst über das Meer kommen müssen. Sie war all die Jahrhunderte über hier gewesen. Alles, worauf sie gewartet hatte, war ein Körper, dessen sie sich bedienen konnte.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, senkte er das Haupt und sagte in demütigem Ton: »Sie haben mich rufen lassen, Mi-Pao-Lo.«
    Vielleicht hatte er ein wenig zu dick aufgetragen, denn als er wieder aufsah, wirkte Sandstein keineswegs zufrieden, sondern eher mißtrauisch. Sekundenlang starrte sie ihn schweigend an, dann scheuchte sie die vor ihr knienden Langohren mit einer unwilligen Geste davon und kam auf ihn zu. Sie starrte ihn weiter an, und obwohl Indiana sie weit überragte und sie den Kopf in den Nacken legen mußte, um ihm in die Augen sehen zu können, war er es, der sich nach Sekunden plötzlich klein und vollkommen hilflos fühlte. Er hatte das Gefühl, von einer körperlichen Last befreit zu werden, als sich ihr Anblick endlich wieder von ihm löste.
    »Sie hatten Zeit, über unser Gespräch nachzudenken«, sagte sie. »Können Sie die Aufgabe lösen?«
    Indiana überlegte sich seine Worte sehr gründlich. Sandstein war vielleicht verrückt, aber sie war deswegen nicht dumm.
    »Ich werde es versuchen«, sagte er. »Die Zeit ist nicht sehr lang, aber ich glaube, ich habe eine gute Chance.«
    »Das will ich hoffen, Jones«, sagte Sandstein (Sandstein? Nein: die Mi-Pao-Lo) ernst. »Um Ihret- und all der anderen Narren dort draußen willen.«
    Indiana fragte sich, wen sie damit wohl gemeint haben mochte – Jonas und die anderen Gefangenen oder den gesamten Rest der Welt –, aber Sandstein fuhr bereits fort: »Sie können gleich mit der Arbeit beginnen, Jones. Doch zuvor möchte ich, daß Sie etwas sehen.«
    Sie drehte sich mit einem Ruck um und ging zur anderen Seite des Raumes, und Indiana wurde von den Langohren hinter ihr hergestoßen, obgleich er ihr auch freiwillig gefolgt wäre. Er hatte schon lange aufgehört, sich

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