Indien Basics
jeweiligen Kaste und Religion. In achtzehn Hauptsprachen und über tausend verschiedenen Dialekten beten sie zu ihren jeweiligen Göttern, von denen allein der hinduistische Olymp mehrere hundert kennt. In über fünftausend Jahren kamen türkische Sultane, Mongolenfürsten, Araber, Portugiesen und Engländer. Ganze Reiche zerfielen, aber gleichzeitig überdauerte vieles: Uralte Weisheiten, wie Yoga und Ayurveda, und ein gelebter Glaube gehören genauso selbstverständlich ins heutige Leben wie die neuesten Hits aus Bollywoods Traumfabriken. Hightech und die rasant wachsende Wirtschaft lassen glitzernde Bürobauten gleich neben Slumhütten entstehen. Altes bleibt, Neues kommt dazu. Und gerade dieses Nebeneinander des scheinbar Unvereinbaren macht die verrückte Mischung Indien aus. Sie verwirrt, lässt es einem manchmal ein bisschen mulmig werden, aber sie erzählt auch jeden Moment von der ungeheuren Vitalität der indischen Kultur.
Wie Indien kocht
Ähnlich ist es mit der indischen Küche. Jede Region, jede Religionsgemeinschaft und fast jede Familie kennt ihre eigenen Rezepte. Eigentlich toll, weil dadurch eine unendliche Vielfalt an Gerichten geboten ist. Aber auch ganz schön undurchsichtig, allein, wenn man sich die vielen Essensregeln anschaut: Den Hindus sind ihre Kühe heilig, und für Moslems gelten Schweine als unrein. Die elitäre Priesterkaste, die Brahmanen, essen eigentlich kein Fleisch, dafür aber ab und zu Fisch und in manchen Gebieten dann doch hin und wieder ein Hühnercurry. Wer blickt da noch durch? Und dann die Sache mit den Gewürzen. Wie kriegt man das nur selber hin? Ein moderner Küchenguru sollte das entspannt sehen. Der Weg ins Küchennirwana ist einfacher, als man denkt. Wenn man ein paar Regeln befolgt und sich von einigen Vorstellungen befreit.
Kochen ist Würzen
Erst mal weg mit dem Currypulver. Weil Indien keine Universalwürze kennt, sondern tausend verschiedene, aufregende Masalas. Gewürzmischungen, die nicht fertig im Schrank stehen, um irgendwann ins oder übers Essen gestreut zu werden. Sie sind die Seele indischer Gerichte und bestimmen ihren Geschmack, ihre Farbe, ihren Duft. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes die Grundlage eines Gerichts. Nämlich als komplexe Kombinationen unterschiedlicher Aromen, in der einzelne Gewürze dann zusätzliche Akzente setzen können, wie in einem guten Parfum. Koriander, Kreuzkümmel, Nelken und vieles mehr werden geröstet, gebraten und in immer wieder neuer Reihenfolge mit den übrigen Zutaten gemischt. Nicht das Kochen selbst kostet Zeit in der indischen Küche, sondern die Vor- und Zubereitung der Gewürze.
Die richtige Mischung
Würzen ist keine Alchemie. Schmeckt ein Gewürz eher scharf, süß, sauer, bitter oder herb? Wer diese fünf Geschmacksrichtungen unterscheiden kann und auch die sechste, die salzige, nicht vergisst, der verfügt bereits über das Rüstzeug zum Küchenguru. Und ist damit auch dem Geheimnis des perfekten Würzens nicht mehr allzu fern. Das Ayurveda, die jahrtausendealte »Lehre vom langen Leben« sucht stets nach der rundum gesunden Mischung. Auch beim Kochen. Die sechs Grundgeschmacksrichtungen sollen zum harmonischen Ausgleich gebracht werden, auf dass alle Elemente zwar wahrzunehmen sind, aber keines von ihnen sich ungebührlich in den Vordergrund spielt. Wenn ich also in einer Sauce jede Menge Chili habe, sollten auch etwas süßliche Kokosmilch, milder Koriander oder eine Prise Zucker nicht fehlen. Alles sollte am besten so komponiert werden, dass sich die Aromen vor lauter Harmoniesucht nicht ganz aufheben und zum reinen Geschmacksbrei werden, sondern sich gegenseitig stützen und in Spannung halten.
Ob dieses Prinzip der bestmöglichen Balance tatsächlich lebensverlängernd wirkt? Auf jeden Fall zaubert es gut angewandt tolles Aroma. Und dazu muss man dann auch nicht gleich indische Küchenphilosophie studieren. Sondern einfach neugierig sein und ausprobieren: Wie riecht Kurkuma? Was passiert, wenn ich Kardamom röste, mahle oder anbrate? Wie schmeckt Zimt in unterschiedlichen Kombinationen? Das sorgt für Spannung und Harmonie im Kochtopf, tut Leib und Seele gut und ist auch fürs Karma prima!
Einfach loslegen
Mit indischen Gewürzen kochen will gelernt werden – mit Spaß und Experimentierfreude. Und das Schöne dabei: Mehr braucht es dann eigentlich kaum für richtig gutes, indisches Essen. Keine extravaganten Zutaten wie in anderen asiatischen Küchen, keine Misopaste und keine Fisch- oder
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