Indigo - Das Erwachen
Tür hörte, glaubte er, sein Onkel wäre gekommen, um nach ihm zu sehen. Er atmete tief durch und öffnete.
DrauÃen stand Rayne. Sie trug ein Seidennachthemd mit passendem Morgenmantel. In ihren Augen glitzerten Tränen, und als sie den Mund öffnete, flüsterte sie etwas, das er nicht verstand, weil er im gleichen Augenblick ihr Gesicht berührte. Er nahm nur das Knistern des Feuers hinter sich und seinen eigenen Herzschlag wahr. Gabe legte seine Hände auf ihre Wangen, zog sie sanft in sein Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen. Dann nahm der Rayne in seine Arme und küsste sie. Als ihre Hände unter sein T-Shirt glitten und sie seinen nackten Bauch berührte, tanzten Glühwürmchenflügel über seine Haut.
Er wollte sich für immer an diesen Augenblick erinnern â und zwar aus gutem Grund. Er hatte sich in Rayne Darby verliebt, auch wenn er ihr das niemals sagen konnte. Denn er konnte nicht von ihr erwarten, dass sie mit ihm durch all das ging, was er durchstehen musste. Es war selbstsüchtig, sie an seiner Seite haben zu wollen. Er hatte zu viele Geheimnisse, die er sein Leben lang vor anderen würden verbergen müssen.
Rayne hatte etwas Besseres verdient. Sie verdiente ein Stückchen Normalität.
15. KAPITEL
Bristol Mountains
Nach Mitternacht
Das Kaminfeuer beleuchtete Gabriel von hinten, als er ihr die Tür öffnete. Sofort kam Rayne sich vor wie die letzte Idiotin, weil sie überhaupt hier war. Sie hatte diesem wunderbaren Jungen nichts zu bieten auÃer ihrem Verständnis und ihrem Mitgefühl. Ihr Leben mit Lucas spiegelte nur einen Bruchteil des Schmerzes wider, den Gabriel durchlebte. Nachdem sie ihn im Griffith Park Zoo kennengelernt hatte, war sein sowieso schon kompliziertes Leben auf den Kopf gestellt worden. Ihretwegen hatte er sein Versteck verloren. Und trotzdem wollte er ihr helfen.
âEs ⦠es tut mir leid. Ich sollte gar nicht hier seinâ, flüsterte sie, ohne den Blick von ihm lösen zu können.
Sie hätte gehen sollen, aber sie konnte sich nicht bewegen â besonders nicht, nachdem er ihre Wange berührt hatte. In dem kurzen Moment, in dem sie unsicher in seiner Tür stand und kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, schien die Zeit stillzustehen. Gabriel sagte nichts. Das musste er auch gar nicht. Als er ihr Gesicht mit seinen Händen umschloss, sie an sich zog und seine süÃen Lippen auf ihre drückte, sog sie den Duft seiner Haut ein. Der entfernte Duft von Rauch â und Junge â stieg ihr in die Nase. Sie schlang die Arme um ihn, und ihre Finger berührten seine nackte Haut.
Sie schloss die Augen, um alles in sich aufzunehmen â den Geschmack seiner Lippen, das Gewicht seines Körpers an ihrem, das wunderbare Gefühl, das er ihr schenkte. Rayne wollte für immer bei ihm bleiben. Als seine Hände über ihre Haut glitten, stieg ihr die Röte ins Gesicht. Dann küsste er ihren Hals, und ihr stockte der Atem, bis â¦
Ganz plötzlich zog er sich zurück, legte seine Stirn gegen Raynes und hielt sie fest.
âTut mir leidâ, keuchte er.
âMir nicht.â Sie küsste seine Wange und berührte sein Gesicht. âIch konnte nicht aufhören, an heute Nachmittag zu denken. Ich musste einfach nachsehen, ob es dir gut geht.â
âEs freut mich, dass du es getan hast.â
Gabriel nahm sie bei der Hand und führte sie zu dem prasselnden Feuer. Er lieà sie gerade so lange los, dass er zwei Kissen von seinem Bett holen und sie vor den Kamin werfen konnte. Dann half er ihr, sich zu setzen, und kam neben sie. Die Stille der Nacht und die flackernden Schatten umzingelten sie.
âIch konnte nicht schlafenâ, sagte sie.
âIch weiÃ.â Er sah ihr in die Augen und verbarg die unterschwellige Traurigkeit nicht, die ihn begleitete, seit Rayne ihn kennengelernt hatte. Sein Onkel hatte die Trauer an die Oberfläche geholt, um Gabe zu zwingen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Gabe senkte den Blick und verschränkte seine Finger mit ihren.
âSchlaf wird total überbewertet.â Sie zuckte mit den Achseln.
Gabriel blickte auf und lächelte. Seine bernsteinfarbenen Augen reflektierten das Kaminfeuer, das seine Haut mit einem Schimmer überzog, als käme das Licht aus seinem Inneren. Rayne starrte ihn an, wollte niemals vergessen, wie er in diesem Augenblick aussah. Das Gefühl, dass
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