Indigo - Das Erwachen
Dunkeln vor seinen Augen auf. Benny musste etwas Schreckliches erlebt haben, und all das war nur Rafes Schuld.
âWas ist passiert? Du kannst es mir sagen.â
Er hielt den Jungen fest und versteckte sein eigenes Elend hinter Bennys lautem Schluchzen.
âIch hab in meine neue Hose gemachtâ, stieà der Junge hervor. âIch hab mich nicht von der Stelle gerührt. Ich wollte nicht, dass sie mich finden. Auch nicht, als ich pinkeln musste.â
Als Rafe das hörte, schloss er fest die Augen und blinzelte seine Tränen weg. Er hatte sich solche Sorgen gemacht, dass er den Urin gar nicht gerochen hatte. Jetzt stieg ihm der durchdringende Gestank in die Nase.
âDu warst wahnsinnig tapfer, Benny. Du hast uns alle beschützt. Ich bin sehr stolz auf dich.â Er versuchte, ganz ruhig zu klingen, aber innerlich war er in Aufruhr.
âAber meine Hose stinkt, und alle werden wissen, was ich getan habe.â
âNiemand erfährt was davon. Das bleibt unser Geheimnisâ, versprach er Benny. âUnd Hosen kann man waschen. Ich erledige das für dich. Danach ist die Hose so gut wie neu, wirst schon sehen.â
Damit schien Benny zufrieden zu sein. Rafe wartete, bis der Kleine nicht mehr weinte. Dann wischte er ihm das Gesicht ab und schickte Kendra eine Nachricht.
Hab ihn gefunden. Es geht ihm gut .
Gott sei Dank , antwortete sie. Wo bist du?
Bei der alten Lok, alles ist in Ordnung. Wir kommen gleich zu euch in den Gemeinschaftsbereich, aber vorher müssen wir noch was erledigen. Sag allen Bescheid, ja? Und danke â¦
Obwohl Benny Angst hatte, dass der Uringeruch abfärben würde, trug Rafe ihn den ganzen Weg lang. Der Junge war ganz still und schlang die Arme um seinen Hals. Rafehatte nie einen kleinen Bruder gehabt, aber wenn er sich einen hätte aussuchen können, wäre es Benny gewesen. Hundertprozentig .
Er brachte den Jungen in seine Kammer und suchte ihm frische Anziehsachen aus seinem eigenen Stapel heraus. Dann gab er ihm etwas zu essen und legte ihn zum Schlafen auf seine Matratze. Kendra stieà zu ihm, als er gerade die Hose wusch.
âIch hab euch zwei im Gemeinschaftsbereich vermisst. Geht es Benny gut?â
âJa, aber er war total verängstigt.â Er hörte auf, die Hose zu schrubben. âEr meinte, dass er von ein paar Männern verfolgt worden sei. Es klang aber nicht so, als wären es Believers gewesen. Er hat sich versteckt, der tapfere kleine Kerl.â
Er errichtete eine innere Barrikade, damit sie nicht sehen konnte, was wirklich geschehen war. Sie bemerkte zwar, dass er ihr etwas verheimlichte, doch das war ihm egal. Manchmal mussten Männer ihre Geheimnisse haben. Er angelte das Geld aus seiner Hosentasche.
âHier, die Kohle. Benny hat gut drauf aufgepasst. Er hat nichts Falsches getan.â
âDas weià ich doch, Raphaelâ, erwiderte sie. Als er wieder anfing, die Hose zu waschen, berührte sie seine Schulter und zwang ihn, sie anzuschauen.
âBenny ist einer von uns. Wenn er in Schwierigkeiten steckt, geht das uns alle anâ, sagte sie. âUnd du hast auch nichts Falsches getan, Raphael. Du hast jemanden beschützt, der zu dir gehört. Benny scheint dasselbe getan zu haben. Ich bin stolz auf dich. Auf euch beide.â
Obwohl seine Hände nass und voller Schaum waren, umarmte sie ihn. Sie musste seine Gedanken nicht lesen, um zu wissen, dass er die Umarmung nötig hatte. Während sie ihn festhielt, traf ihn die Wahrheit über das Geschehene zum ersten Mal in ihrem ganzen AusmaÃ. Fast hätte er Benny verloren. Fast hätte er alles verloren.
Jetzt, wo er mit Kendra alleine war, hätte er ihr von Lucas erzählen können. Aber Bennys Verschwinden war genug Drama für eine Nacht. Er küsste Kendra auf die Wange und lieà sie los. Er hatte eine Hose zu waschen und musste sich um Benny kümmern.
West Hollywood
Fiona lebte im âVogelviertelâ von West Hollywood, einer exklusiven Wohngegend, in der die Reichen und Berühmten zu Hause waren. Die A-Prominenz Hollywoods. Da ihr Einkommen von der Church of Spiritual Freedom aufgestockt wurde, konnte sie das Leben führen, das sie verdient hatte. Nach einem langen Tag in Haven Hills saà sie nun alleine an ihrem Esstisch und genoss den prachtvollen Ausblick, den ihr die verglaste Wohnzimmerfront auf die Stadt bot. Sie hatte ihr Lieblingsprojekt mit nach Hause genommen. Bei einem Glas Rotwein
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