Indigo - Das Erwachen
drückte ihm mit dem Unterarm die Luft ab.
âSprich mit mir. Erzähl mir, was passiert istâ, befahl OâDell. âLos, ich will das nicht zweimal sagen müssen.â
Der plötzliche Gewaltausbruch lieà Boelens losheulen wie ein Mädchen. Er sabberte sogar. Der Typ war ein totales Wrack. SchlieÃlich erzählte er OâDell, was in irgendeinem verlassenen Parkhaus in West Hollywood geschehen war.
âWo sind deine Männer? Die, die du dabeihattest?â
âKeine Ahnung. Sie sind weggerannt. Hab sie nicht mehr gesehen.â Das Gesicht von Boelens lief blau an.
âUnd die MS-13-Crew? Die sollten doch der anderen Schwester folgen. Was ist mit denen?â
âWeià ich auch nicht. Ich hab ihnen Nachrichten aufs Band gesprochen.â
âVerdammt, warum hast du das nicht gleich gesagt, Mann? Du hast ihnen also aufs Band gesprochen. Super, dann sind ja all unsere Probleme gelöst.â OâDell lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Boelensâ Kehle und lieà seine Schlangen zucken. âWürdest du das Mädchen, das dir in die Quere gekommen ist, wiedererkennen?â
âJa, klar.â Boelensâ Augen quollen hervor wie die von einem Mops auf Meth.
âHat sie dir das angetan?â
âMir was angetan?â
OâDell verdrehte die Augen und drückte seinen Ellenbogen fester in die Luftröhre von Boelens.
âIch weià nicht, w-was passiert ist. Ich ⦠ich schwöreâ, blubberte der Mann. âSie hatte ⦠m-mehr Kinder dabei. Die reinste Psychofreak-Armee.â
Boelens war einfach nur erbärmlich. OâDell verringerte den Druck und lieà ihn Luft holen. Er hatte alles aus ihm herausgepresst. Es war klar, dass der Typ unter dem Einfluss von irgendetwas stand. Wenn diese Kinder dazu in der Lage waren, so ein Chaos im Hirn eines erwachsenen Mannes zu stiften, waren sie vielleicht so wie der Darby-Junge. Vielleicht würde OâDells Arbeitgeber es zu schätzen wissen, wenn er die Initiative ergriff und ein paar mehr Kinder lieferte, als man ihm aufgetragen hatte.
Dass die Kleine ihre eigene AuÃenseiter-Menagerie zusammengetrommelt hatte, stellte OâDell vor die Frage, wie sie Verbindung zu den anderen aufgenommen hatte. Vielleicht konnte diese Bekloppte ihn zu mehr Freaks wie ihr selbst führen. OâDell traf eine Entscheidung. Sein Ruf in der Organisation stand auf dem Spiel, wenn er den Darby-Jungen nicht bald aufspürte. Er würde all seine Leute von ihren Aufgaben abziehen und sich einzig auf die Operation Darby konzentrieren. Wie lange konnte es schon dauern, einen dürren Fünfzehnjährigen zu schnappen? Und als kleine Zugabe würde er dieses neue Mädchen und ihr Nest voller Knallköpfe auseinandernehmen.
âWenn du wieder klar denken kannst, durchsuchst du die Datenbank nach dem Gesicht von diesem Mädchen ⦠und allen anderen, die du bei ihr gesehen hast. Ab jetzt arbeitenwir in eigenem Auftrag. Es kann nicht sein, dass mir diese kleinen Kakerlaken im Weg stehen.â
Als Boelens, der mittlerweile dunkelblau angelaufen war, nickte, lieà OâDell ihn los. Er hätte erwartet, dass der Mann auf seinen Verstand hören und sein verletztes Ego nach Hause schaffen würde, bis er ausgenüchtert war. Doch das tat er nicht. Stattdessen lief Boelens schnurstracks zurück zu OâDells Kühlschrank und ging davor in die Knie. Er riss die Schachteln auf und stopfte sich das Essen mit bloÃen Händen in den Mund, ohne auf das Datum auf den Kartons zu achten.
âHerrgott, achte doch wenigstens auf die Reihenfolge.â OâDell winkte kopfschüttelnd ab.
Boelens hatte den Verstand verloren â und OâDell sein Mittagessen.
Griffith Park
Mitternacht
Um Punkt Mitternacht zog sich Gabriel die Kapuze über und schnappte sich seinen Rucksack mit den Zeichensachen und dem Skizzenblock. Er verlieà die sichere Zone des Geräteschuppens und machte sich auf in die Nacht. Im Dunkeln wanderte er bis zum höchsten Hügel im Griffith Park â ein ihm vertrauter Pfad â, um auf die goldenen Lichter der Stadt hinabzusehen.
Seit Rayne aufgebrochen war, konnte er nicht aufhören, an sie zu denken. Ihre Augen verfolgten ihn mit anklagendem Blick. Sie hatte allen Grund der Welt, ihn dafür zu hassen, dass er ihr nicht bei der Suche nach Lucas helfen wollte. Er hatte ihr nicht gesagt, warum er das nicht
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