Indigo - Das Erwachen
hätte sie eine Flamme berührt. âIch ⦠Ich k-kann es spüren. Daran, wie wir verbunden waren. Das lag an dir.â
Lucas seufzte und zuckte vor Schmerzen zusammen. Sie half ihm, zu trinken, immer nur kleine Schlucke auf einmal. Als seine Lider schwer wurden, erkannte sie, dass er Schlaf brauchte, aber sie wusste auch, dass er Antworten suchte.
âWirst du mir beibringen ⦠was du kannst?â, fragte er. âWie eine Lehrerin?â
Kendra nahm seine Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Immer, wenn sie seine Haut berührte, drang ein Energieschub durch ihren Arm und weiter durch ihren Körper. Auch das lag an ihm, nicht an ihr.
âSpürst du das?â, fragte sie ihn. Als er nur den Kopf schüttelte, drückte Kendra seine Hand und sagte: âAber das wirst du. Dein Körper ist jetzt schwach, aber du wirst noch sehen, wie groà deine Fähigkeiten sind.â
âMein ganzes Leben lang haben sich die Lehrer und Ãrzte so verhalten, als ob ⦠etwas nicht stimmt mit mir. Als wäre ich fehlerhaft und selbst daran schuldâ, erklärte er ihr. âWenn ich dich in meinem Kopf höre, habe ich endlich das Gefühl, frei atmen zu können. Ich weià einfach nicht, wie ich das erklären soll.â
âGenau darum geht es. Hier musst du nichts erklären. Du gehörst ⦠zu uns, Lucas.â
Eine Sekunde lang zuckte ein Lächeln über seine Lippen, dann schloss er die Augen. Sie wusste, wie gut es tat, mit Menschen ihrer Art zusammen zu sein. Und wenn es ihm besser ging, würde auch er diese Erfahrung machen. Als sie zum ersten Mal Verbindung zu den Seelen der anderen aufgenommen hatte, hatte sie ein mächtiges und tief greifendes spirituelles Erwachen durchlebt, das ihrem Leben einen Inhalt geschenkt hatte. Kendra hatte es zu ihrer Berufung gemacht, diese Erfahrung zu teilen und das Leben derer zu erhalten, die so waren wie sie. Es fiel ihr schwer, die Intimität dieses Miteinanders zu beschreiben, selbst gegenüber Menschen, die so waren wie sie. Jede Indigoseele musste diese Verbindung selbst erleben.
Vom ersten Moment an, in dem sie Kontakt zu Lucasâ innerstem Wesen aufgebaut und die schiere GröÃe seiner Lebenskraft erlebt hatte, wusste sie, dass er anders war. Etwas wie ihn hatte sie noch nie zuvor gespürt. Kendra hatte recht damit gehabt, alles für ihn zu riskieren.
Er war ihrer aller Zukunft.
Sie blies die Kerze aus und lieà ihn ausruhen. Als sie an seiner veränderten Atmung erkannte, dass er schlief, bettete sie ihren Kopf auf seine Brust, schloss die Augen und lauschte dem sanften Pulsieren seines Herzens.
Kendra lieà seine Hand nicht los. Sie brauchte die Verbindung mehr als er.
Burbank
Der nächste Tag
âWo zum Teufel seid ihr gewesen? Ihr solltet euch den Jungen doch gestern schon schnappen!â
OâDell sah Boelens zum ersten Mal, seit er ihn auf den Darby-Jungen angesetzt hatte, und sein Mann sah total fertig aus. Selbst an guten Tagen hatte Boelens den starren Blick einer Echse. Er zwinkerte nie. Nie . Jetzt waren seine Haare zerzaust und seine Kleider zerknittert, und sein Starren wirkte irrsinnig. Er sah aus wie ein wandelndes Fahndungsfoto.
âIch weià nicht, was da passiert ist.â Boelens hatte endlich wieder angefangen zu blinzeln â und seine Lippen zuckten auf nervtötende Weise. âHast du etwas zu essen? Ich verhungere gleich.â
âEssen kannst du in deiner Freizeitâ, sagte OâDell, aber Boelens ignorierte ihn.
Als er es allen Ernstes wagte, OâDells private Schreibtischschublade zu durchwühlen, spannte dieser seine Schlangentattoos an und boxte Boelens in den Arm. Der Mann schnappte nach Luft und zwinkerte wie ein Wahnsinniger.
âWas ist verdammt noch mal los mit dir?â
Anstatt zu antworten, raste Boelens zu dem kleinen Kühlschrank, in dem OâDell seine Powerdrinks und anderes Zeug aufbewahrte. Darin fand er OâDells Privatvorrat an Take-away-Gerichten vom Chinesen. Die Styroporbehälter waren mit Datum versehen und in chronologischer Reihenfolge geordnet.
OâDell war süchtig nach chinesischem Essen. Er wusste, dass das nicht gesund war, aber das war ihm völlig egal. Als Boelens versuchte, sich über sein Hühnchen süÃsauer herzumachen, war es an der Zeit, ihm Grenzen zu setzen. Er zerrte Boelens vom Kühlschrank weg, stieà ihn gegen eine Wand und
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