Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
Vom Netzwerk:
etwas Dummes zu sagen und mich lächerlich zu machen. Ich wollte die Clique erst einmal kennenlernen, ehe ich mich an ihren Gesprächen beteiligte.
    Alec erzählte, dass er sich im Internet einen Gezeitenplan für die nächsten drei Wochen ausgedruckt hatte. »Morgen Nachmittag gegen fünf, wenn die Flut einläuft, soll es zwei Meter hohe Wellen geben«, sagte er und nahm einen kräftigen Schluck aus einer mitgebrachten Flasche Jim Beam, die er nun in die Runde gab. »Da könnt ihr zeigen, wie fit ihr seid.«
    »Ich weiß nicht«, bemerkte Brandee skeptisch, »so wie es aussieht, brechen die Wellen hier ziemlich unspektakulär.«
    »Ach, unk doch nicht rum«, sagte Josh, »du wirst schon deinen Auftritt haben. Von unspektakulär kann kaum die Rede sein. Nicht wahr, Mark?«
    Zustimmend brummelte Mark etwas. Er schien nicht der Gesprächigste zu sein, das war mir schon vorhin aufgefallen. Gedankenverloren ließ er seine Fingerknöchel knacken und Brandee verdrehte die Augen.
    »Es ist absolut geil, menschenleere Wellen zu reiten«, warf Alec ein. »Deshalb sind wir hier.«
    »Dafür laufen wir aber Gefahr, uns den Kältetod zu holen«, murrte Brandee. »Das Wasser ist arschkalt.«
    Am Nachmittag waren die Jungs kurz in der Brandung baden gewesen und ich hatte beobachtet, wie Brandee einen Fuß ins Wasser gehalten und das Gesicht verzogen hatte. Recht hatte sie trotzdem: Das Wasser war arschkalt.
    »Dafür hast du ja deinen dreihundert Dollar Hightech-Wetsuit«, entgegnete Alec.
    »Wie warm...ähm kalt, ist das Wasser überhaupt?«, fragte Laura und ihre Sommersprossen wanderten, als sie ihr Gesicht verzog.
    »So kalt.« Josh zeigte drei Zentimeter zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Alle lachten.
    »Fünfzehn Grad«, sagte Mark und gab den Jim Beam weiter, ohne getrunken zu haben. »Das ist ziemlich warm für den Pazifik hier.«
    »Warm?«, schepperte Brandee mit ihrer durchdringenden Stimme. »Du hast sie ja nicht alle!«
    »Hey, was ist eigentlich los mit dir, du Memme«, konterte Josh. »Du wirst schon nicht erfrieren. Die nächsten Tage soll es richtig heiß werden. Dann kommen die Haie.« Er machte ein Tiergeräusch und zeigte seine weißen Zähne.
    »Haie?«, fragte ich verwirrt. »Hier gibt es Haie?«
    Mark schüttelte den Kopf. »Schwachsinn. Irgend so ein Witzbold hat diesem Strand Haie angedichtet. Das war vermutlich ein Einheimischer, der auf diese Weise versucht, solche wie uns fernzuhalten. Für Haie ist das Wasser hier viel zu kalt.«
    »Keine Angst, Midget. Hier wird man eher vom Frost gebissen als von einem Hai«, bemerkte Alec grinsend und prostete mir zu.
    Wieder lachten alle. Die Whiskeyflasche war inzwischen bei mir angelangt und ich nahm einen Schluck. Der Alkohol brannte in meiner Kehle und trieb mir die Tränen in die Augen. Doch schon wenig später wärmte er mich angenehm von innen wie ein kleines Feuer.
    Der Salzgeruch des Meeres mischte sich mit dem Rauch des Holzfeuers. Das Rauschen der Brandung wurde von der Musik aus Joshs Gettoblaster übertönt. Das störte mich, aber ich wollte nicht diejenige sein, die darum bat, das Ding auszustellen. Die Sehnsucht dazuzugehören, war größer als mein Bedürfnis nach Stille.
    Brandee bestritt jetzt die Unterhaltung und erzählte von ihren Plänen, Schauspielerin zu werden. Ihre Augen blitzten auf und Leben kam in ihr maskenhaftes Gesicht, als sie von Theateraufführungen am Broadway in New York sprach, wo sie vor ein paar Monaten noch mit ihrem Vater gelebt hatte. Sie erzählte von Castings, bei denen sie mitgemacht hatte, und gab damit an, weitläufig mit Arthur Miller verwandt zu sein, dem bekannten Schriftsteller, der »Hexenjagd« geschrieben hatte.
    Die anderen sahen dabei verdächtig gelangweilt aus, so, als ob sie das alles nicht zum ersten Mal hören würden. Vielleicht gab Brandee diese Vorstellung allein für mich und ich sollte mich eigentlich geehrt fühlen. Aber in meinem Kopf vermischte sich ihre Stimme immer mehr mit den Schreien der Möwen, die in der Dämmerung unser Lager umflogen, weil sie auf Reste unseres Abendessens hofften.
    Conrad entfernt sich lautlos vom Camp und macht sich auf den Weg zurück in die Siedlung. Er biegt nach rechts in die Alder Street und geht an den ärmsten Häusern von La Push vorbei zu dem alten Trailer am Waldrand. Als er beim vorletzten Haus ist, kommt Rowdy angesprungen und zerrt an seiner Kette.
    »Schon gut, alter Junge«, sagt Conrad. Der Wolfshund tut ihm leid, aber er kann nichts für ihn tun. Rowdy

Weitere Kostenlose Bücher