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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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er atmet, als hätte er Glassplitter in den Lungen.
    Als Conrad nach Hause kommt, sitzt sein Vater schlafend im Sessel. Der Fernseher läuft leise, ein Orchester spielt Klassik.
    Paul Howe öffnet die Augen, als sein Sohn das Wohnzimmer betritt, und stellt das Gerät ab. Das bedeutet, er will reden.
    Conrad hat keine Lust zu reden, doch er weiß, dass sein Vater nicht lockerlassen wird. Er setzt sich auf die Armlehne der Couch. »Hallo Dad. Wie war dein Tag?«
    Paul reibt sich die Augen. »Ich habe wieder Marihuana-Pflanzen im Reservatsgebiet gefunden. Ein ganzes Feld. Du weißt nicht zufällig etwas davon?«
    »Nein, Dad. Ich habe mit Drogen nichts am Hut und das weißt du auch.« Es ist nicht das erste Mal, dass er seinen Vater belügt. Manchmal muss er das Risiko in Kauf nehmen, sonst wird alles noch komplizierter.
    Paul mustert seinen Sohn eindringlich und nickt. »Auch nichts munkeln gehört?«
    Conrad schüttelt den Kopf.
    »Hast du schon was gegessen?«
    »Ich bin nicht hungrig.«
    »Es ist spät. Wo kommst du jetzt her?«
    Das geht dich nichts an, denkt Conrad. Ich bin neunzehn und kann tun und lassen, was ich will. Trotzdem antwortet er. »Ich war bei Tamra. Kayad bekommt Zähne.«
    Paul lächelt traurig. Conrad weiß, dass sein Vater seinen Enkel liebt und es ihm leidtut, dass er den Kleinen so selten sieht. Für seine eigenen Söhne hatte er auch nie viel Zeit. Conrad ist es immer so vorgekommen, als wären die Verbrecher seinem Vater wichtiger gewesen als seine Frau und seine Söhne.
    »Kommen die beiden zurecht?«, fragt Paul.
    »Ja.«
    Paul schweigt und die Stille beginnt, sich wie eine unsichtbare Schlinge um Conrads Hals zu ziehen. Dieses Haus war einmal voller Lachen gewesen. Damals, als sie noch eine richtige Familie waren: Vater und Mutter. Großvater Akil, Justin und Con rad. Nach Justins Tod hat das Lachen das Haus endgültig verlassen und ist nicht zurückgekommen.
    Conrad rappelt sich hoch. »Ich bin müde, Dad. Ich gehe schlafen.«
    »Es ist wieder ein Trupp Surfer da«, sagt Paul unvermittelt, ohne seinen Sohn aus den Augen zu lassen. Conrads Vater ist Polizist, Sheriff für den Stamm der Quileute, und seinem Blick entgeht nichts. Paul schaut seinem Gegenüber einfach nur in die Augen, wenn er eine Frage stellt. Wenn jemand lügt, sieht er es. Aber Conrad kann seinen Blick verschließen wie eine Auster ihre Schale.
    Er windet sich ein wenig. »Ja, ich weiß. Ich habe sie im Supermarkt gesehen.«
    »Sind es dieselben...ich meine, kennst du sie?«
    Kurz nur zögert Conrad, dann schüttelt er den Kopf. »Nein, ich hab sie noch nie hier gesehen. Aber sie benehmen sich wie ausgemachte Arschlöcher.«
    »Hey Con«, sagt sein Vater. »Das sind bloß reiche weiße Kids mit bunten Surfbrettern, die froh sind, endlich mal ohne Eltern zu sein. In ein paar Tagen sind sie weg.«
    »Schon möglich. Aber sie kommen wieder. Jedes Jahr kommen sie wieder und es werden immer mehr. Bald gehört uns unser Strand nicht mehr, Dad. Die besten Plätze haben sie uns schon genommen.«
    Conrad stiert vor sich hin und seine Gedanken wandern zurück.
    Vor zehn Jahren, er war noch ein Kind, tauchten die ersten Surfer mit ihren schwarzen Neoprenanzügen und den leuchtenden Surfbrettern am First Beach auf. Sie campten in Zelten direkt am Strand. Genau dort, wo die jungen Leute aus La Push in den Sommermonaten gerne am Feuer saßen. Es hatte Ärger gegeben, einige Quileute wollten die Fremden mit den bunten Surfbrettern nicht dahaben. Aber es war der Stamm, der das »Ocean Park Resort« und den »Lonesome Creek Store« betrieb und die Surfer waren eine willkommene Einnahmequelle. Sie blieben für sich, kamen fast nie in den Ort und so wurden sie mehrheitlich geduldet.
    »Sie können uns nichts wegnehmen«, erwidert Paul besänftigend, »und das weißt du auch.«
    Conrad sagt nichts. Er kennt die Meinung seines Vaters, dass die Quileute dem Land gehören und nicht umgekehrt.
    »Wie geht es dir, Con?«, fragt Paul voller Wärme.
    Conrad zuckt zusammen. Diese Frage hat sein Vater ihm lange nicht mehr gestellt.
    »Gut.« Er bemüht sich, dass es nicht wie eine Lüge klingt. Sein Vater darf nicht merken, wie es in ihm aussieht. Sonst schickt er ihn wieder zu dieser Seelenklempnerin in Forks, die ihm Herz und Seele aus der Nase ziehen will.
    »Mir fehlt er auch«, sagt Paul.
    Conrad wendet sich ab, damit sein Vater nicht merkt, wie ihm die Tränen in die Augen schießen. Er weiß, dass es seinem Vater wehtut zu sehen, wie sehr er

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