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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Psychologin bist du einfach nicht mehr hingegangen. Du redest nicht mit mir. Du vergräbst dich in Selbstmitleid, Conrad. In dir steckt so viel, ich kann nicht mit ansehen, wie du dein Talent, dein Leben vergeudest.«
    Selbstmitleid? Verdammt, er will das nicht hören. Wut kriecht in ihm hoch, Wut auf seinen Vater, der immer einfach weitergemacht hat, egal, was passiert ist. Ob es die Frau, der Vater oder der Sohn war – Paul Howe steht jeden Morgen auf und fährt auf die Polizeiwache, tut seinen Dienst.
    Er hat eine neue Frau und einen neuen Sohn gefunden und ist glücklich mit ihnen. Was Conrad fühlt, ist Neid und Hass zugleich. Er kann das nicht. Er kann nicht einmal mehr schreiben, etwas, das ihm früher so wichtig gewesen ist. Es ist, als hätte Justins Tod alles ausgelöscht. Auch den Sinn all dessen, was noch kommen würde.
    »Ich werde aufs College gehen«, sagt Conrad. Das ist die einfachste Antwort. Die, die sein Vater hören will.
    »Es freut mich, dass du dich entschieden hast«, sagt Paul.
    Er mustert Conrad noch einmal, dann wirft er den Motor an und sie umrunden die Felseninsel, um in den Hafen einzufahren.
    Als sie mit den Lachsen im Eimer nach Hause laufen, sagt Paul: »Die Autos der Surfer sind letzte Nacht beschädigt worden. Eine kaputte Heckscheibe und Farbschmierereien. Wenn du was hörst, dann...«
    »Ich verpfeif niemanden, Dad«, unterbricht Conrad ihn. Er wappnet sich gegen das, was noch kommt, doch statt weiter in ihn zu dringen, legt Paul seinem Sohn den Arm um die Schulter und schweigt.

9. Kapitel
    A m nächsten Morgen war ich zeitig auf den Beinen und beschloss, mich um das Frühstück für alle zu kümmern, um ein paar Pluspunkte auf der Beliebtheitsskala zu sammeln. Kaffeewasser im rußverschmierten Kessel, Toastbrote in der gusseisernen Pfanne, Schinkenspeck in der anderen, Orangenmarmelade und Erdnussbutter.
    Als die anderen den gebratenen Speck rochen, kamen sie verschlafen aus ihren Zelten gekrochen. Sie lobten das Frühstück, nur Brandee beschwerte sich über die zu schwarz geratenen Toastscheiben – das war ja klar.
    Da es laut Marks Prognosen vor dem Abend keine brauchbaren Wellen geben würde, war ein weiterer Ausflug nach Forks geplant, um für das Wochenende einzukaufen. Wir hatten zwar Eisbeutel in den Kühlboxen, aber nach zwei Tagen war das Eis geschmolzen, sodass wir verderbliche Lebensmittel nicht lange aufbewahren konnten. Außerdem brauchten wir neues Trinkwasser.
    Alec und Brandee hatten herausgefunden, dass es in Forks einen nagelneuen Surfladen gab, deshalb wollte Mark diesmal unbedingt mitfahren. Nach der letzten Surfsession fehlte an seinem Brett eine Finne.
    Ich erbot mich, im Camp zu bleiben, und da Laura Kopfschmerzen hatte, wollte sie auch nicht mitfahren.
    Gegen Mittag zogen die anderen ab und ich hoffte, sie würden nicht so schnell wiederkommen. Endlich schwieg Joshs Gettoblaster und ich genoss die Ruhe. Laura lag auf ihrer Matte, die sie halb aus dem Zelt gezogen hatte, und las in »Twilight«, das ihr Janice überlassen hatte. Aber die Kopfschmerzen machten ihr anscheinend zu schaffen, denn nach einer Weile legte sie das Buch zur Seite und schloss die Augen.
    Ich saß auf den sonnenwarmen, glatt geschliffenen Steinen an einen Treibholzstamm gelehnt und blickte auf das offene Meer hinaus. Das Wetter war großartig. Es herrschte Ebbe, das Meer war ein gleißender glatter Spiegel, als hielte es den Atem an.
    Komm, Smilla, schien es zu flüstern.
    Und plötzlich hatte ich diese aberwitzige Idee: Ich wollte da draußen sein, das Meer einmal für mich ganz alleine haben – oder es nur mit einer Robbe teilen.
    Ich stand auf und sah mich um. Der Strand war menschenleer, nur weiter vorne, wo die Strandhäuser und das Motel standen, sah ich zwei Urlauber auf ihren Handtüchern in der Sonne liegen.
    »Macht es dir was aus, wenn ich auf Fotosafari gehe?«, fragte ich Laura.
    »Geh nur«, sagte sie schläfrig. »Ich glaube, ich penne ein bisschen.«
    Ich vergewisserte mich, dass Laura die Augen auch wirklich geschlossen hatte. Dann holte ich meinen Neoprenanzug und das Boogieboard und schlich mich davon. An einer geschützten Stelle zwischen Treibholzstämmen zog ich mich bis auf die Bikinihose aus und stieg in den Anzug, bekam aber den Reißverschluss auf dem Rücken nicht alleine zu. Ich war schon kurz davor, mein Vorhaben aufzugeben, als mir der Einfall kam, den Wetsuit einfach mit dem Reißverschluss nach vorne anzuziehen. Es funktionierte, auch wenn das

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