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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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vergessen zu sein und das Thema Ureinwohner wurde von allen gemieden.
    Während wir Marshmallows über dem Feuer rösteten, erzählte die Clique von den Lehrern der verschiedenen Kurse am »Pacific Oaks«, einem privaten College, auf das sie gingen und auf dem im Herbst auch Janice zu studieren beginnen würde.
    Auf diese Weise (und nach ein paar neugierigen Fragen) erfuhr ich von ihren Zukunftsplänen: Dass Brandee Schauspielerin werden wollte, wusste ich ja schon. Sie hatte vor, Theaterwissenschaften zu studieren, um später eine solide Grundlage zu haben. Es schien, als hätte sie das Drehbuch ihres Lebens schon fertig im Kopf.
    Lauras Traum war, Kinderärztin zu werden. Auch Mark hatte vor, Medizin zu studieren. Er wollte Chirurg werden, später in Krisengebieten arbeiten und jedes Jahr drei Monate an Surfstränden auf Hawaii verbringen. Joshs und Alecs Ziel war ein Job als Bauingenieur. Josh sah sich Brücken konstruieren und Alec strebte eine Stelle bei Boeing an – wie sein Vater. Von Janice wusste ich, dass sie Lehramt studieren und später Lehrerin werden wollte.
    Ich betrachtete ihre Gesichter und dachte, dass sie ihre Ziele mit ziemlicher Sicherheit erreichen würden, auch wenn es mir im Augenblick schwerfiel, Mark als Chirurgen zu sehen, Brandee als Hollywoodstar oder Josh als ernst zu nehmenden Brückenkonstrukteur.
    Andererseits – mein eigener Traum, eine erfolgreiche Fotografin zu werden, war vielleicht genauso hochfliegend. Und doch glaubte ich daran. Mein Großvater Tormar hatte mir versichert, dass Träume wahr werden können, wenn man für sie kämpft. Und ich hatte Glück, denn meine Eltern unterstützten mich in meinen Plänen – in diesem Punkt unterschied ich mich nicht von den anderen an diesem Feuer.
    Ich aß ein verkohltes Marshmallow. Mark begann, auf seiner Mundharmonika zu spielen, und Janice himmelte ihn an. Brandee hatte sich an Alec geschmiegt und wenig später lag sie halb auf seinem Schoß. Nachdem sie uns ihre Zukunftspläne in den schillerndsten Farben geschildert hatte, war sie immer stiller geworden und nun schwieg sie. Sie sah klein und hilflos aus. Keine Ahnung, was auf einmal mit ihr los war, aber so gefiel sie mir weitaus besser.
    Laura flirtete mit Josh, doch der sah immer wieder zu mir herüber. Hieß das etwa, dass er mich der hübschen, vollbusigen Laura mit den sexy Sommersprossen und den langen Beinen vorzog? Mach dir nichts vor, Smilla, sagte ich mir, er hat bloß Spaß dran, dich zu verwirren. Dass Josh hinter jedem Rockzipfel her war, hatte ich längst begriffen.
    Später, als ich in meinem Schlafsack lag, hatte ich das Gefühl, den anderen an diesem Tag ein Stück nähergekommen zu sein. Vielleicht, weil ich ihr Wellenfieber jetzt besser verstehen konnte. Oder weil ich erfahren hatte, dass es für sie auch noch etwas anderes gab als Surfen.
    Noch eine ganze Weile lag ich wach, lauschte dem Rauschen der Brandung und Janice’ gleichmäßigen Atemzügen. Als ich die Augen schloss, war es, als wäre der Ozean zu mir ins Zelt gekommen. Das rastlose Auf und Ab der Wellen verfolgte mich in den Schlaf, sie warfen mich hin und her und ich schwamm auf ihnen, zusammen mit der schwarzäugigen Robbe.
    Ein wolkenverhangener Himmel und Nieselregen dämpften am nächsten Tag unseren Enthusiasmus. Abgesehen von Mark, der wie jeden Morgen seine Runde am Strand joggte, blieben alle in ihren Zelten und kamen nur heraus, wenn sie aufs Klo mussten oder sich etwas zu essen holen wollten. Dabei bekam ich mit, dass Josh inzwischen seine Matte, seinen Schlafsack und seine Sachen ins Vorratszelt gebracht hatte. Es hatte also keine drei Nächte gebraucht und Brandee war zu Alec gezogen.
    Niemand, nicht einmal Mark, hatte Lust, ein Feuer zu machen, und es gab auch kein gemeinsames Frühstück. Kaffeewasser wurde unter dem Unterstand auf einem kleinen Campingkocher heiß gemacht.
    Alec und Josh zogen ihre Regenjacken über und machten einen Kontrollgang zum Parkplatz, um sich zu vergewissern, dass niemand sich erneut an den Autos ausgelassen hatte. Zu unserer großen Erleichterung war alles in Ordnung.
    Ich lag auf meinem Schlafsack und studierte das Handbuch zu meiner Kamera. Janice las immer noch in »Twilight«, sie war jetzt fast durch.
    »Du hast es auch gelesen?«, fragte sie mich.
    »Ja, ist aber schon eine ganze Weile her.«
    »Also, wenn ich Bella wäre«, sagte Janice, »hätte ich mich für Jacob entschieden.«
    Ich lächelte. »Den Werwolf? Warum?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie.

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