Indigosommer
Billardraum. Doch die Blicke, mit denen mich Alec und die Mädchen empfingen, sagten mir, dass meine Hoffnung vergeblich gewesen war. Alte Hexe, verwünschte ich Brandee insgeheim und machte ein unschuldiges Gesicht. Schließlich hatte ich mit Conrad bloß ein paar Worte gewechselt und keine Drogen von ihm gekauft, wie Brandee von dem Typen auf dem Hinterhof.
»Wo warst du?«, fauchte Alec mich an.
»Auf der Toilette«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Ich sah Wut, aber auch Besorgnis in seinen blauen Augen. »Dir ist doch klar, dass du in deinem Alter um diese Zeit hier nichts zu suchen hast«, herrschte er mich mit verhaltener Stimme an. »Wenn sie deinen Ausweis sehen wollen, bin ich dran.«
Ja, Daddy, dachte ich. Langsam ging mir Alecs Gehabe auf die Nerven. Ich war schließlich kein Baby mehr und ich hasste es, wenn er mich so behandelte. Was, zum Teufel, hatte ich eigentlich falsch gemacht?
Brandee warf mir einen triumphierenden Blick zu. Mir fiel auf, dass Conrad recht hatte. Die meiste Zeit hatte ihr schönes Gesicht die maskenhaften Züge einer Schaufensterpuppe.
»Ich wollte gar nicht mitkommen«, sagte ich. »Schon vergessen?«
»Und dieser Typ, was hast du mit dem zu schaffen?«
»Ich war auf der Toilette«, sagte ich. »Und der Typ hat mich auf mein T-Shirt angesprochen.«
Alecs Blick wanderte nach unten auf den Text meines T-Shirts. Einen Moment lang schwieg Alec. Sein Mund zuckte verärgert. Dann sagte er: »Du solltest dir gut überlegen, mit wem du dich abgibst, Midget. Ich habe echt keinen Bock drauf, dass du mir später die Ohren vollheulst, weil dir einer von den Typen zu nahe getreten ist.« Ärgerlich schüttelte er den Kopf und legte den Arm um Brandees Schulter. »Gehen wir. Josh wartet draußen am Van.«
Alec schob Brandee in Richtung Ausgang und ich folgte ihnen. Die Männer an den Billardtischen pfiffen Brandee hinterher. Laura schnappte mich am Arm und fragte: »Mit wem hast du dich denn da getroffen? Alec ist ja richtig außer sich. So kenne ich ihn gar nicht.«
»Ich habe mich mit niemandem getroffen«, brummte ich.
»Brandee hat gesagt, der Indianer hätte dich angefasst.«
Ich verdrehte genervt die Augen. »Er wollte wissen, wo ich das T-Shirt herhabe«, sagte ich. »Das ist alles.«
Laura war anzusehen, dass sie mir nicht glaubte. Aber da waren wir auch schon raus aus dem Saloon. Ich blickte hinüber zum Van und das, was ich dort sah, ließ mich vor Schreck erstarren.
Josh taumelte gerade ein paar Schritte rückwärts und flog mit dem Rücken gegen das Auto.
»Was ziehst du hier für eine Scheiße ab, du überhebliches Arschloch«, hörte ich jemanden fauchen. Es war der Indianer mit dem Reptilienblick und der Punkfrisur. Milo, Conrads Freund.
»Ihr steckt doch alle unter einer Decke, ihr Wichser«, schrie Josh und richtete seinen Zeigefinger wie eine Waffe auf den Indianer. »Ich weiß genau, dass ihr unsere Autos demoliert habt.«
Milo lachte schallend. »Gar nichts weißt du. Warum verschwindet ihr nicht einfach in eure schöne weiße Welt? Dann passiert euch und euren Autos auch nichts!«
»Fick dich!«, zischte Josh und war drauf und dran, sich auf Milo zu stürzen. Doch da reagierte Mark, der etwas abseits stand. Mit ein paar Sätzen war er beim Van und stellte sich zwischen die beiden. Er war größer und kräftiger als sie. Mit der Rechten packte er Josh am T-Shirt und legte Milo ganz sacht die Fingerkuppen seiner Linken auf die Brust.
»Alles cool, Mann«, sagte er zu Milo und dann wandte er sich an Josh: »Das reicht, okay? Steig ein, wir fahren.« Er griff nach hinten, öffnete die Schiebetür des Vans und bedeutete uns, dass wir einsteigen sollten. In diesem Moment riss Josh sich von ihm los und warf sich mit einem wütenden Schnauben auf den Indianer. Milo parierte den Angriff mit einem Hieb in Joshs Magengrube und der ging in die Knie.
Warum mussten Jungs sich eigentlich immer prügeln?, fragte ich mich.
Alec stürzte auf Milo zu, aber Mark stellte sich ihm in den Weg und hielt ihn an den Schultern fest. »Lass gut sein, Alec. Steig in den Van.«
Alec stieß Marks Hand zur Seite und kniete sich neben Josh, um ihm aufzuhelfen. »Alles okay mit dir?«, fragte er seinen Freund. »Kannst du aufstehen?«
Josh rang nach Atem und hielt sich den Bauch, aber sonst schien ihm nichts zu fehlen. »Gar nichts ist okay«, ächzte er. »Wenn ich den Bastard kriege, dann...«
»Was dann?«, höhnte Milo und machte einen Schritt auf Alec und Josh zu. »Wenn du
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