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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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mich noch einmal anfasst, mach ich dich kalt, hörst du?«
    »Was läuft denn hier für eine Nummer?«, ertönte auf einmal Conrads Stimme hinter uns.
    Unsere Köpfe fuhren herum. Da stand er und neben ihm Tamra mit dem anderen Mädchen aus dem »River’s Edge«. Das mit dem Mondgesicht.
    »Dein Freund hat eine lockere Faust«, sagte Mark zu Conrad.
    »Der blöde Strandabhänger ist auf mich losgegangen«, sagte Milo. »Er hat behauptet, wir hätten sein Auto demoliert. Er ist besoffen.« Milo grinste.
    Janice und Laura waren inzwischen in den Van gestiegen. Mark und Alec griffen Josh unter die Arme und halfen ihm auf den Rücksitz. Bevor er im Dunkel des Autos verschwand, streckte er Milo den Mittelfinger entgegen. Ich sah, wie Brandees Blick noch einmal kurz zu Milo wanderte, bevor sie rasch zu den anderen in den Van stieg. War er es gewesen, von dem sie ihr Gras gekauft hatte?
    Conrads und meine Blicke trafen sich. Erst dachte ich, dass er mich jetzt hassen würde, aber dann nickte er mir kaum merklich zu. Das Mädchen mit dem Mondgesicht legte ihren Arm um Milos Hüfte und er beugte sich über sie, um ihr einen Kuss zu geben.
    Ich kletterte in den Van und Mark schob mit einem Ruck die Tür zu. Sein Gesicht sah angespannt aus. Durch sein besonnenes Handeln hatte er eine schlimmere Prügelei verhindert. Mark setzte sich hinter das Steuer, er hatte keinen Alkohol getrunken.
    Neben mir stöhnte Josh und hielt seinen Bauch, doch ich achtete nicht auf ihn, sondern drehte mich um. Als Mark den Van vom Parkplatz neben dem »Timber Saloon« lenkte, sah ich durchs Rückfenster, wie Conrad mit den Händen in den Vordertaschen seiner Jeans dastand und uns nachsah.
    Auf der Rückfahrt kümmerte sich Laura um Josh. Er lag halb auf ihrem Schoß und schien ihre Fürsorge sichtlich zu genießen. Niemand sprach, als ob sich alle verabredet hätten, keinen Kommentar zu diesem Zwischenfall abzugeben. Sogar Brandee hielt den Mund – was äußerst ungewohnt war.
    Im Camp angekommen, gingen wir schlafen. Als ich den anderen eine gute Nacht wünschte, bekam ich von Alec und Josh keine Erwiderung. Jedenfalls hörte ich sie nicht.
    Im Zelt sagte Janice leise: »Josh war echt sauer, als er hörte, dass du mit diesem Typen gesprochen hast. Wahrscheinlich ist er deshalb so ausgeflippt.«
    »Jetzt ist also alles meine Schuld«, flüsterte ich ärgerlich zurück.
    »Nein, natürlich nicht. Josh ist ein Hitzkopf und flippt schnell mal aus, wenn er betrunken ist. Aber was die Indianer angeht, da hast du keine Ahnung, wie die sind, Smilla. Du denkst, sie sind immer noch arme Unterdrückte, und vermutlich findest du die Typen exotisch. Aber die ticken völlig anders als wir.«
    »Wie denn?«, wollte ich wissen.
    »Na, sie hassen alle Weißen. Das zeigen sie natürlich nicht, weil sie nicht als Rassisten dastehen wollen, denn Rassismus ist der schwarze Peter, den sie gerne uns Weißen zuschieben.«
    »Das ist doch Schwachsinn«, sagte ich. »Wir leben im 21. Jahrhundert.«
    »Du glaubst mir nicht?« Janice war gekränkt. »In meiner Klasse ist ein Mädchen, die hatte sich mit einem Indianer eingelassen. Er stammte hier irgendwo aus der Gegend, lebte aber mit seinen Eltern schon seit einigen Jahren in Seattle. Er war voll integriert, spielte im Schultheater und hat sie nach allen Regeln der Kunst umgarnt. Er hat ihr sogar Gedichte geschrieben und Blumen geschenkt. Aber nachdem er das erste Mal mit ihr geschlafen hatte, ließ er sie fallen. Er hätte nur mal wissen wollen, wie es ist, ein weißes Mädchen zu vögeln. Sie war am Boden zerstört. Es war ihr erstes Mal.«
    »Und was willst du mir damit sagen?«, fragte ich und verdrehte im Dunkeln die Augen.
    »Kümmere dich ein bisschen um Josh«, sagte Janice. »Ich glaube, er hat dich wirklich gern.« Sie kroch zum Eingang, öffnete den Reißverschluss und lauschte in die Nacht. »Bis morgen, Smilla. Denk einfach mal darüber nach.«
    Janice’ gönnerhafter Ton ärgerte mich, aber ich konnte gar nicht anders, als darüber nachzudenken. Immer wieder ließ ich den Abend im »Timber Saloon« Revue passieren. Brandee auf dem Hinterhof, wie sie sich von jemandem Marihuana besorgte. Conrad auf dem Gang. Sein Lächeln, seine warme Hand an meinem Arm, seine Haare in meinem Gesicht. Was hatte er damit gemeint, als er sagte: »Du hast anscheinend von einer Menge Dinge keine Ahnung«? Wollte er damit sagen, dass ich naiv war? Oder hatte er auf etwas Konkretes angespielt?
    Ich wälzte mich in meinem

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