Indigosommer
Schlafsack und dachte an Josh. Er mag dich wirklich, hatte Janice gesagt. Noch vor ein paar Tagen hätte mir das geschmeichelt. Doch inzwischen löste der Gedanke, dass Joshua Kline etwas von mir wollen könnte, Unbehagen in mir aus.
Sie sitzen zu viert in Milos Pickup. Milo hat den Fuß auf dem Gas und brettert mit achtzig Meilen pro Stunde die Straße nach La Push entlang. Sassy kreischt und Tamra, die halb auf Conrads Schoß sitzt, klammert sich an seinen Hals.
»Fahr langsamer, du Idiot«, mahnt Conrad. »Mein Vater sitzt manchmal nachts hier im Wald, um Raser zu schnappen.«
Milo lacht. Wieder eine Kurve. Die Schwerkraft drückt Tamras Körper gegen Conrad, er spürt ihre weichen Brüste an seiner Brust, riecht ihren Duft, aber auch den Zigarettenrauch in ihren Kleidern.
»Du hättest dich beherrschen müssen«, sagt er zu Milo. »Du hattest Glück, dass sie nicht die Polizei geholt haben.«
Milo stößt verächtlich Luft durch die Zähne. »Die Polizei? Dass ich nicht lache. Mit Gras in den Taschen holt man nicht die Polizei. Außerdem hat der Wichser angefangen.«
Conrad schluckt. »Du warst das, der ihr das Gras verkauft hat?«
»Ja, verdammt, warum auch nicht? Die Bohnenstange hat mich angebettelt, vermutlich kann sie ihre Freunde nicht ertragen, ohne sich ab und zu auf die Umlaufbahn zu schicken. Und ich brauchte die Kohle, Mann.« Milo hebt kurz beide Hände vom Lenkrad. »Verdammt noch mal, was ist eigentlich los mit dir? Hast du die Hosen voll? Neulich im »River’s Edge« warst du es, der beinahe auf sie losgegangen wäre. Und das nur einen Katzensprung vom Polizeirevier entfernt.«
Conrad wendet den Blick zum Fenster. Er weiß nicht, was er sagen soll. Milo hat recht. Noch vor zwei Tagen hatte er so viel Wut im Bauch, dass er sich am liebsten auf Josh gestürzt hätte, um ihm die Knochen zu brechen, damit er auf keinem Surfbrett mehr stehen kann. Die Folgen wären ihm egal gewesen. Jetzt war alles anders. Was ist bloß los mit ihm?
»Du weißt, dass mein Vater mit seinem Deputy manchmal Razzien am Strand macht«, sagt er schließlich. »Wenn er das Zeug bei ihnen findet, nimmt er sie so lange in die Mangel, bis er weiß, wo es herkommt. Und dieses Mädchen sieht nicht so aus, als ob es sonderlich standhaft wäre. Mit der stimmt was nicht, das merkt man doch gleich. So einer verkauft man kein Gras, nicht mal, wenn man Kohle braucht.«
Sie erreichen La Push und Milo geht vom Gas. »Ach komm, reg dich ab, Kumpel. Was mit der Tusse ist, geht mir am Arsch vorbei. Es wird schon nichts passieren. Und wenn, dann trifft es allemal die Richtige, oder?«
»Die Mädchen haben mit der ganzen Sache nichts zu tun«, sagt Conrad und wundert sich über seine eigenen Worte. »Ich glaube, sie wissen nicht mal, was passiert ist.«
Milo biegt nach rechts und wendet am Ende der Straße. Er hält vor Tamras altem Trailer. »Diese reichen weißen Zicken sind nicht besser als die Typen, mit denen sie vögeln. Entspann dich, okay. Und sei nett zu meiner Schwester.« Milo grinst.
Tamra und Conrad steigen aus.
»Wir sehen uns morgen, Kumpel«, sagt Milo. Conrad schlägt die Beifahrertür zu. Milo lässt den Motor aufheulen und braust davon. Ein Haus weiter beginnt ein Hund zu bellen. Es ist ein wütendes Bellen, das nach einer Weile in ein lang gezogenes klagendes Heulen übergeht. Es ist Rowdy, der an seiner Kette zerrt.
Bald darauf kommt aus weiter Ferne die Antwort von seinem Bruder Boone. Zwei aus einem Wurf. Beide mit dem Wissen geboren, frei zu sein. Doch nun war der eine gefangen und das war Conrads Schuld.
Die Tür des Trailers öffnet sich und Valerie erscheint. »Da seid ihr ja endlich«, empfängt sie die beiden, halb ärgerlich, halb erleichtert. »Kayad ist gerade eingeschlafen. Er hat den ganzen Abend gebrüllt.«
Tamra zieht Conrad zur Tür. Aber er löst seine Hand sanft aus ihrer.
»Ich gehe nach Hause«, sagt er. »Wir sehen uns morgen.«
12. Kapitel
B evor es richtig hell wurde, kam Janice wieder zurück in unser Zelt gekrochen und schlief noch eine Runde. Ich stand zeitig auf und machte meinen morgendlichen Strandspaziergang. Der Himmel war von grauen Wolken bedeckt, und als wir später beim Frühstück zusammensaßen, war die Stimmung gedämpft. Josh redete nicht mit mir, stattdessen bedachte er mich hin und wieder mit vorwurfsvollen Blicken, als ob sein Zusammenstoß mit Milo meine Schuld wäre. Ich hätte offen sagen können, dass er sich dämlich benommen hatte, aber ich hielt lieber
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