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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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allein im Zelt verbracht hatte.
    »Nein, du hast ganz friedlich geschlafen. Du hast geschnarcht, deshalb bin ich früh aufgestanden.«
    »Oh, tut mir leid. Kommt nicht wieder vor.«
    Na, das will ich doch schwer hoffen, dachte ich.
    Die Clique dümpelte weiter draußen auf ihren Brettern, um ein paar größere Wellen zu erwischen. Ich war gerade dabei, zum ersten Mal einen Fuß auf mein Brett zu setzen, als ich Conrad am Strand stehen sah. Er trug seinen Surfanzug und hielt sein großes Brett aufrecht. Boone tobte am Ufersaum entlang und jagte Möwen.
    Conrad beobachtete mich und ich konnte mich auf einmal nicht mehr richtig konzentrieren. Schon fast am Strand, holte mich eine Welle vom Brett und ich wurde über den harten Sandboden geschleudert.
    Conrad half mir auf die Beine und zog mein Brett aus dem Wasser. Ich riss es ihm aus den Händen und stieg durch den aufgewirbelten grauen Sand ans Ufer.
    »Hey«, sagte er und kam mir nach. »Was ist denn los mit dir?«
    »Was machst du hier?« Ich ließ mich in den warmen Sand fallen und er setzte sich neben mich. Ich hatte Salzwasser geschluckt und musste husten.
    »Wonach sieht es denn aus?«, fragte er und klopfte mir auf den Rücken. »Abgesehen davon: Ich bin hier zu Hause, schon vergessen?«
    Ich schnaubte unwillig.
    Conrad lächelte. »Du machst Fortschritte, kleiner Rabe.«
    Wollte er mich auf den Arm nehmen? »Und du bist einfach abgehauen.«
    »Ich hatte was zu erledigen.«
    »Mitten in der Nacht?« Ich schniefte.
    »Ich bin erst kurz vor sieben gegangen.«
    »Warum hast du mich nicht geweckt? Wolltest du, dass mich das Zimmermädchen schlafend im Bett findet und mich für alles verantwortlich macht?«
    »Das Strandhaus wird nicht vermietet. Der Geschirrspüler ist kaputt.«
    Verdammt, musste er immer auf alles eine Antwort haben. »Wo musstest du denn so eilig hin?«
    Mist, jetzt war es raus. Diese Frage war kindisch, meine Stimme klang patzig. In Wahrheit ging es mich nichts an, was Conrad Howe am frühen Morgen für wichtige Termine hatte.
    »Ich musste Kayad hüten«, sagte er schlicht. »Tamra und Valerie hatten Frühschicht im Restaurant.«
    Touchè. Ich presste die Lippen aufeinander. Conrad erhob sich, nahm sein Surfbrett auf und lief ins Wasser. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass keiner außer Mark auf seinem Brett stand. Die anderen schaukelten draußen auf den Wellen und starrten zu uns herüber.
    Auf seinem schweren Brett paddelte Conrad durch die Brandung, den größeren Wellen entgegen. Ich sah, wie die anderen ihm Platz machten. In schnellen, langen Zügen war er auf einer großen Welle. Sie war zu ihm gekommen, nicht er zu ihr. Sekunden später stand er auf dem Brett, beide Arme elegant vom Körper abgespreizt, als wolle er fliegen. Alles sah unheimlich leicht aus. Für Conrad war Surfen so einfach wie Atmen. Er spielte mit den Wellen, war eins mit dem Element. Lässig stand er auf seinem stabilen Brett und seine Füße glitten auf der gesamten Länge hin und her. Er kämpfte nicht gegen die Bran dung, er floss mit ihr. Conrad wollte nichts beweisen, sich selbst nicht und den anderen auch nicht. Es war faszinierend, ihm zuzusehen.
    Die Clique überließ Conrad die Wellen der Nachmittagsflut. Er war ein Local und eine Surferregel lautete, den Einheimischen immer den Vortritt zu lassen. An diesem Nachmittag war Conrad der Herr der Wellen an seinem Strand und er ritt sie mit konkurrenzloser Eleganz.
    Nach ein paar Ritten kam er aus dem Wasser und die anderen setzten ihre Jagd auf die Wellen fort. Ich hoffte, dass er mir mein kindisches Benehmen verziehen hatte und jetzt nicht einfach wortlos verschwinden würde. Das tat er nicht. Stattdessen winkte er mich zu sich an die Wasserlinie.
    »Na los«, rief er, »komm mit rein, Smilla. Du willst es doch lernen.«
    Erschrocken schüttelte ich den Kopf und wich vor ihm zurück. Aber er streckte die freie Hand nach mir aus und lächelte. »Vertrau mir. Ich werde dir sagen, was du zu tun hast. Es kann nichts passieren.«
    Ich konnte nicht anders, ich musste mit ihm gehen.
    Conrads Brett war so viel größer als ich. Fast wie ein Boot lag es schwer und ruhig auf dem Wasser. Ich saß rittlings darauf, hielt mich mit den Händen fest und verhakte meine Knöchel unter dem Brett. Conrad brachte es erstaunlich schnell durch die Brandung.
    Das Meer bewegte sich unter uns in einem langsamen Rhythmus, wie das Schlagen eines Herzens. Auch mein Herz schlug wild. Conrad lag halb auf dem Brett und paddelte mit mir auf den

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