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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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war, Justin bei seinem Namen zu rufen. Weil er wollte, dass sein Bruder zu ihm zurückkommt. Ein Geist-Bruder ist immer noch besser als gar kein Bruder, hat er gedacht.
    Aber er hat es nie getan. Weil diejenigen, die aus dem Reich der Toten zurückkehren, nicht mehr die sind, die sie mal waren. Sein Großvater Akil hatte ihm erzählt, dass man die Zurückgekehrten daran erkennt, dass sie in Tang gehüllt sind und runde orangefarbene Augen haben.
    Conrad glaubt nicht daran und trotzdem hat er Angst. Als er Smilla von Justin erzählt hat, ist es ihm so vorgekommen, als ob ein Geist im Raum gewesen wäre. Deshalb hütet er sich davor, Justins Namen auszusprechen, auch wenn Smilla ihn jetzt für einen abergläubischen Eingeborenen hält.
    Das Surfen und das Reden über Justin haben Conrad erschöpft. Der Wein macht ihn müde. Er steht auf und legt sich auf das große Bett.
    »Was machst du da?«, fragt Smilla entgeistert.
    »Schlafen«, antwortet er und fühlt auf einmal eine überwältigende Müdigkeit, die ihn überschwemmt wie eine unsichtbare Flut. Er will nur noch schlafen.
    Smilla kniet neben ihm auf dem Bett und beugt sich über ihn. »Aber du kannst doch jetzt nicht schlafen. Nicht hier!«
    »Wieso denn nicht?«, murmelt er. »Dazu sind wir doch hergekommen.«
    Conrad schließt die Augen und lässt den Schlaf kommen. Er weiß, dass er diesmal keinen Albtraum haben wird. Smilla, der kleine Rabe, wird über seinen Schlaf wachen.

17. Kapitel
    G egen zwei Uhr am Nachmittag tummelte sich die Clique wieder mit ihren Surfbrettern auf dem Wasser. Ich war dabei – diesmal wollte ich unbedingt versuchen, einen Fuß auf mein Brett zu setzen.
    Ich war immer noch wütend auf Conrad. Er hatte sich einfach davongemacht, während ich schlief. Als ich im Strandhaus aufwachte, war es schon acht gewesen. Ich hatte himmlisch geschlafen in dem großen Bett mit der weichen Matratze. Aber das Erwachen war ein Schock. Ich war allein und musste zusehen, wie ich unbemerkt aus dem Strandhaus herauskam. Wenn man mich erwischte, würde Alec mich nie wieder aus den Augen lassen.
    Auf der untersten Stufe hatte eine Serviette mit den Worten WIR SEHEN UNS SPÄTER, CONRAD gelegen. Zuerst hatte ich überlegt, sie dort liegen zu lassen, dann hätte er mit Sicherheit Schwierigkeiten bekommen. Aber schließlich hatte ich die Serviette doch eingesteckt, weil sie das Einzige war, was ich von ihm besaß. Eine Serviette mit diesem einfachen Satz und Conrads Namen. Was auch immer kommen würde, diese Serviette war der Beweis, dass ich nicht nur geträumt hatte.
    Schließlich hatte ich mich über die Veranda aus dem Strand-haus geschlichen. Zum Glück schliefen im Camp alle noch. Als ich vorsichtig in mein Zelt spähte, blickte mich Janice mit großen Augen erleichtert an. »Smilla«, sagte sie, »Gott sei Dank.« Von Josh keine Spur.
    Ich krabbelte zu ihr ins Zelt und setzte mich auf meinen Schlafsack.
    »Ich musste ihn rausschmeißen«, sagte sie. »Das ganze Zelt stank nach Bierkneipe.« Und dann wollte sie wissen, wo ich gewesen war.
    »Ich habe am Strand gesessen und das Meeresleuchten beobachtet«, sagte ich. Immerhin war das die halbe Wahrheit, doch sie genügte Janice nicht.
    »Die ganze Nacht?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Du warst nicht allein, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wow.« Janice zog die Mundwinkel nach unten. »Das hätte ich dir echt nicht zugetraut.« Sie musterte mich. »Hat er dich geküsst?«
    »Nein, wir haben...«
    ». . . das Meeresleuchten bewundert, schon klar.« Janice verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf.
    Und da wusste ich auf einmal, was mich die ganze Zeit am meisten verletzt hatte: dass Conrad einfach so neben mir eingeschlafen war.
    Als ich das Zelt wieder verlassen wollte, um meine Zähne zu putzen, hielt Janice mich am Arm fest. »Ich gönne dir das, Smilla, wirklich«, sagte sie. »Aber sei vorsichtig.«
    »Ja klar«, erwiderte ich. »Und übrigens: Danke dafür, dass du abends immer erst mit in unser Zelt gekommen bist. Nun weiß ich auch, warum.«
    Beim Frühstück sah Josh ein paarmal zu mir herüber und machte ein zerknirschtes Gesicht. Er würde nichts sagen. Ich sah ihm an, dass er sich für seine nächtliche Aktion schämte.
    Als er mich später allein erwischte, entschuldigte er sich. »Ich glaube, ich hatte zu viel getrunken, Smilla. Es tut mir leid.«
    »Schon vergessen«, sagte ich.
    »Habe ich...ich meine, war ich...?«
    Da begriff ich, dass er gar nicht wusste, dass er die Nacht

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