Indische Naechte
und wich zurück, als er ihr durchweichtes, blutbeflecktes Nachthemd abstreifte, kämpfte aber nicht gegen ihn an.
Ian rieb sie kräftig trocken, während das Gefühl der Schuld in ihm brannte wie ein giftiges Feuer. Anschließend legte er ihr ein trockenes Tuch über den Kopf, zog ihr wollene Socken aus seinem Gepäck an und streifte ihr dann sein Gewand über.
Nachdem er sie unter die Decke gepackt hatte, holte er eine kleine Flasche Brandy aus seiner Tasche. Wieder wich Laura zurück, als er sich auf die Bettkante setzte. Seine Lippen preßten sich zu einem schmalen, blutleeren Strich zusammen. Er sehnte sich danach, sie festzuhalten, sie mit seinem Körper vor allem Bösen zu beschützen, und es war ja eben dieser verfluchte Körper gewesen, der ihr das angetan hatte.
Er stützte sie mit einem Arm und hielt ihr die Flasche an die Lippen. »Trink einen Schluck«, befahl er. »Langsam.«
Sie gehorchte, hustete, aber es schien zu helfen, ihre Lebensgeister zu erwecken. Als sie genug hatte, drückte sie die Flasche weg, und er selbst nahm einen tiefen Schluck. Der Brandy brannte sich seinen Weg durch die Kehle, und erst jetzt erkannte er, wie durchgefroren er war. Er erlaubte sich einen weiteren Schluck. »Kannst du mir sagen, was los ist?« fragte er ruhig.
Sie hob den Kopf und warf ihm einen kurzen gequälten Blick zu. Dann senkte sie die Augen wieder auf ihre geballten Fäuste und schüttelte den Kopf.
»Wenn du es nicht tust, dann muß ich es wohl«, sagte er. Seine Stimme war voller Selbstverachtung. »Ich habe mein Wort gebrochen. In meiner egoistischen Lust habe ich mißverstanden, was du wolltest, und dich vergewaltigt. Sowohl körperlich als auch seelisch.«
Ganz sanft drückte er sie auf die Pritsche zurück, dann drehte er sich um, ballte die Hand zur Faust und rammte seine Linke mit aller Kraft gegen die Wand. Der rauhe Putz zersplitterte unter seinen Knöcheln, und der Schmerz explodierte in seiner Hand, doch erstaunlicherweise brach kein Knochen. In einem Moment halb wahnsinniger Klarsicht musterte er das Blut, das herabtropfte.
Er holte gerade erneut aus, als Laura aufschrie. »Ian! Hör auf!«
Vor wenigen Stunden waren ihre Worte »Hör nicht auf« gewesen, und sie hallten noch in seinem Kopf nach. Er hielt atemlos inne, gefangen zwischen dem kurzen Glück und dem jetzigen Schmerz.
Er hörte, wie Laura aus dem Bett kroch, dann packte sie schon seinen Arm, und er drehte sich zu ihr um. In seinem voluminösen Gewand wirkte sie wie ein verlorenes Kind, doch ihr Blick verriet Entschlossenheit. »Was geschehen ist, war nicht deine Schuld, Ian, es war meine«, sagte sie eindringlich. »Es stimmt, ich habe nicht bemerkt, daß du geheilt bist, und ich begriff nicht wirklich, was geschah. Aber du hast nichts getan, was ich nicht wollte.«
Er starrte auf sie hinab und versuchte, in den verängstigten Tiefen ihrer bernsteinfarbenen Augen zu lesen. Mit einer Stimme, die eher feststellte als fragte, bemerkte er: »Du schienst zu genießen, was wir taten.«
»Das habe ich, obwohl ich wußte, daß es falsch war.« Sie schloß die Augen, und ihre Miene drückte unendliches Elend aus. »In der absoluten Dunkelheit konnte ich mir leicht einreden, daß ich nur träume — daß ich in Sicherheit war, weil wir dies nicht wirklich taten.«
»Aber es war wirklich«, erwiderte er. »Und wir können es nicht ungeschehen machen.« Dann stellte er die zwingende Frage: »War es denn wirklich so abscheulich, wie du es immer geglaubt hast?«
Sie schauderte und antwortete dann zögernd: »Das war nie das Problem. Du hast vermutet, daß ich vor körperlicher Liebe Angst habe, und ich habe dir nie etwas anderes gesagt.« Sie lachte bitter auf. »Was ich wirklich fürchtete, war nicht, daß ich es hassen würde..., sondern, daß es mir zu sehr gefiele.«
Hilflos schüttelte er den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
Sie versuchte, noch etwas zu sagen, bekam aber keinen Ton heraus. Da zog er sie fest an seine Brust, und dieses Mal wich sie nicht zurück. Ihr Kopf fiel müde an seine Schulter, und sie duftete nach Jasmin und Schmerz.
»Für mich bedeutet Leidenschaft Wahnsinn«, sagte sie, und ihre Stimme klang wie die eines verzweifelten Kindes. »Wenn ich ihr nachgebe, bringe ich über uns beide nur Unglück.«
Er verstand noch immer nicht. »Glaubst du wirklich, daß die Freude beim Liebesspiel ernsthaftere Probleme erzeugt, als wir jetzt schon haben?«
Wieder begann sie zu schluchzen. Als sie sich die geflüsterten
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