Indische Naechte
Worte abrang, klang es, als hätte sie diese aus den Tiefen ihrer Seele hervorreißen müssen. »Verzeih mir, Ian, aber es darf nicht noch einmal geschehen.«
Draußen prasselte der Regen immer noch auf das flache Dach. Das Brüllen eines Ochsen drang aus dem Hof zu ihnen herein. Wie konnte die Welt so normal klingen, wenn Ians Leben gerade erneut zusammengebrochen war? Traurig und voller Reue hielt er seine Frau an sich gepreßt und hatte Angst, er dürfte es niemals wieder tun. Selbst in diesem emotionalen Zusammenbruch, in diesem Desaster von Gefühlen, spürte er die Begierde noch immer. Wie sollte er sich selbst vertrauen können?
Trotz Lauras großzügigen Versuchs, ihn freizusprechen, setzte sich die Schuld wie ein unverdaubarer, giftiger Klumpen in seinem Inneren fest. Vielleicht hatte sie nicht verstanden, was vor sich gegangen war, er jedoch zweifellos. Doch in den Klauen seiner Leidenschaft hatte er nicht einmal versucht, mit ihr zu reden, um sicherzugehen, daß sie wußte, was geschah, obwohl er doch wußte, daß sie körperliche Liebe fürchtete. In seiner männlichen Arroganz hatte er geglaubt, daß sein unwiderstehlicher Charme alle Ängste in ihr in ein Nichts auflösen mußte. Nun mußte er die Konsequenzen seines Irrtums tragen. Sein Mund verzog sich vor Bitterkeit. Auch wenn er vielleicht verdiente, was er bekam — warum mußte sich diese Sühne auch auf Laura erstrecken?
Er konnte es nicht abstreiten: Er hatte sein Wort gebrochen und die Frau verraten, die er zu beschützen geschworen hatte. Und was er für den Anfang gehalten hatte, war in Wirklichkeit das Ende, denn wie im Namen Gottes sollten sie nun weitermachen?
Kapitel 22
Lady Falkirk nahm den Topi aus Meeras Hand und starrte dann blicklos darauf, als könnte sie sich nicht erinnern, was man damit tat. Schließlich setzte sie ihn auf, lächelte das Mädchen unsicher, aber freundlich an und ging zu ihrem Pferd, mit dem Zafir schon wartete. Meera runzelte die Stirn, als sie ihrer Herrin nachsah, schnalzte dann mit der Zunge und ging zu ihrem eigenen Pony.
Zafir kam, um auch ihr auf das Pferd zu helfen, aber statt aus seinen Händen eine Stufe zu formen, wie eres bei Lady Falkirk getan hatte, packte er Meera um die Taille und hob sie direkt auf den breiten Rücken des Ponys. Seine Augen funkelten, als Meera ihn finster anblickte, aber sobald sie ihren Blick von ihm abwandte, lag ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Obwohl er ein eingebildeter Pathane war, der sich seiner Attraktivität nur allzu sehr bewußt war, mußte sie zugeben, daß sie seine spielerischen Aufmerksamkeiten genoß. Nicht, daß sie ihr Leben wegen eines solchen Mannes ruinieren würde, aber seine Neckerei war angenehm nach der unverhohlenen Feindseligkeit von Mohans Söhnen.
Meeras gute Laune schwand, als sie sich in Bewegung setzten. Lord Falkirk ritt neben seiner Frau, aber sie sprachen kein Wort, sie blickten sich nicht einmal an, und doch pulsierten die Emotionen zwischen ihnen mit solcher Heftigkeit, daß sie fast greifbar waren.
Der Sahib und die Memsahib gingen seit eineinhalb Tagen so miteinander um — seit sie Habiburs Haus verlassen hatten. Beide waren ausgesucht höflich und blickten den anderen in sehnsuchtsvoller Qual an, wann immer es ungesehen geschehen konnte. Meera seufzte und schüttelte mißbilligend den Kopf. Dies hatte nichts von der Wut oder dem Schmollen an sich, die ein normaler Streit zwischen Eheleuten mit sich bringen konnten.
Als sie am Abend das Lager aufgeschlagen hatten, äußerte sie Zafir gegenüber ihre Befürchtung. Es war noch hell, und die Memsahib hatte beschlossen, einen Spaziergang zu einem nahen Hügel zu machen, um sich die Ruinen einer ehemaligen Festung anzusehen. Ihr Mann hatte gesagt, er würde sie begleiten, da diese Gegend nicht besonders sicher und Zafir als Eskorte gerade nicht verfügbar war.
Ein paar Minuten, nachdem sie fort waren, kam Zafir zurück, der die Pferde getränkt hatte. Da er seine Aufgaben erledigt hatte, setzte er sich ans Feuer und lehnte sich gemütlich an seinen Sattel, während er Meera beim Zubereiten des Essens zusah. Meera hackte gerade eine Zwiebel für den Eintopf und deutete nun mit einer Hand in die Richtung, in der ihre Herrschaft verschwunden war. »Es läuft nicht gut zwischen den beiden.«
»Ja«, stimmte Zafir zu. »Frauen bringen Männer immer in Schwierigkeiten.«
Nachdem sie eine Handvoll Zwiebelschnitze in seine Richtung geworfen hatte, blickte sie ihn finster an. »Wenn Frauen
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